In der zentralanatolischen Stadt Sivas kamen 1993 bei einem Brandanschlag 37 Personen, fast alle Aleviten, ums Leben. Eine aufgehetzte Menge hatte sich vor einem Hotel, in dem sich alevitische Kulturschaffende aufhielten, protestierend versammelt und dabei auch Brandsätze geworfen. Polizei und Militär griffen nicht bzw. sogar zugunsten der Meute ein; die Hotelinsassen verbrannten hilflos in dem aus Holz gebauten Hotel.
Porträts der 33 im Massaker getöteten KünstlerInnen (©Bernd Schwabe in Hannover, CC BY-SA 3.0)
Jährlich, am 2. Juli, findet deshalb eine Gedenkfeier für die Opfer des Brandanschlages statt — am 2. Als Berivan Aslan über Twitter zu diesem Gedenken aufrief, postete der Angeklagte: „Das ist der Reiz des Glücks, wenn ich sehe, wie die Brut drinnen verbrennt.2 (TT, 17.10.2015)
Die widerliche Hetze sollte treffen, und sie traf auch. Nicht nur Berivan Aslan war tief betroffen, auch die alevitische Community, die zahlreich zum Prozess erschien. Der Angeklagte versuchte dort abzuschwächen: Er habe nicht alle Aleviten, sondern nur die Abgeordnete beleidigen wollen, weil sie ihn nicht bei der Wohnungssuche unterstützt habe. Aslan hingegen war überzeugt, dass der Angeklagte seine rechtsextreme Gesinnung zum Ausdruck bringen wollte.
Die Richterin entschied sich für eine nicht ganz verständliche Position. Es handle sich nicht um Verhetzung (§ 283 StGB), sondern um das Vergehen der Gutheißung einer mit Strafe bedrohten Handlung (§ 282 StGB). Soweit ist das Urteil ja noch verständlich. Weil der Angeklagte aber vor kurzem zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden ist, verzichtete die Richterin auf eine Zusatzstrafe: „… da brauche es keine symbolische Strafe mehr dazu.“ (TT) Da sind wir anderer Meinung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.