FPÖ: Gegen Mindestsicherung – aus „anderen“ Gründen, und: Gegen höhere Mindestsicherung für Kinder
Die FPÖ war 2010 auf Bundesebene gegen die Einführung der Mindestsicherung, mit der das alte System der Sozialhilfe durch einheitliche Mindeststandards ersetzt werden sollte. Als 2011 Rot-Grün in Wien deutlich höhere Leistungen für Kinder bei der Mindestsicherung (damals 203 statt 134 Euro) einführte, war die FPÖ in Wien auch wieder dagegen, obwohl natürlich gerade die höheren Sätze für Kinder die von Strache angesprochene Armutsgefährdung senken. Die Aussage von Strache, wonach die FPÖ für die Erhöhung der Förderungen für Familien sei, stimmt jedenfalls nicht bei armen Familien (Mindestsicherung für Kinder).
Wie die Vorschläge des freiheitlichen Attersee-Kreises zeigen, gibt es in der FPÖ aber sogar ernsthaft Überlegungen zum längerfristigen Einfrieren der Familienbeihilfe.
Das Strache-Interview auf Ö1 (Ausschnitte):
Edgar Weinzettl (ORF): Sie schreiben ganz aktuell in Ihrer Wahlkampfbroschüre, dass es in Wien 100 000 armutsgefährdete Kinder gibt. Gleichzeitig haben Sie aber schon 2011 gegen die Erhöhung der Mindestsicherung für Kinder und Jugendliche gestimmt. Soziale Heimatpartei, aber nicht für Kinder?
Strache: Na selbstverständlich für Kinder! Wenn ich erlebe, wie in Wien heute 150 000 Mindestsicherungsbezieher der Fall sind, die Menschen immer stärker an die Armutsgrenze runterfallen und dass die Ärmsten der Armen, nämlich die pflegebedürftigen Menschen.
Edgar Weinzettl (ORF): Aber warum haben Sie dann dagegen gestimmt?
Strache: Das hat andere Gründe. Weil wir heute bei der Mindestsicherung eins feststellen, also zum einen 53 Prozent der Mindestsicherungsbezieher haben Migrationshintergrund, interessant, dass …
Edgar Weinzettl (ORF): Aber wir reden jetzt von der Mindestsicherung für Kinder
Strache: Na ja, die Mindestsicherung von Kindern …
Edgar Weinzettl (ORF): Das sind ja zwei Paar Schuhe. Sie reden von der allgemeinen Mindestsicherung, auch die haben Sie abgelehnt mit den Argumenten, die Sie gerade gesagt haben. Aber dann gibt es die Mindestsicherung für Kinder, wo die Sätze erhöht wurden und auch dagegen haben Sie gestimmt.
Strache: Wir sind dafür, dass letztlich die Förderungen für die Familien erhöht und sichergestellt werden, nicht immer gespart wird, wie das der Fall ist.
FPÖ: Gegen Gratis-Kindergarten – aus „anderen“ Gründen
2009 wurde in den Bundesländern das Gratis-Kindergartenjahr – teilweise nur mit erheblichen Einschränkungen (halbtags) — eingeführt. Nur Wien hat damals den Gratis-Kindergarten für alle Altersgruppen und ganztags kostenlos beschlossen – gegen die Stimmen der FPÖ. Die FPÖ war zwar für ein Gratis-Kindergartenjahr, aber nur für „österreichische“ Kinder.
Strache „irrt“ gleich mehrfach. 2009 gab es in Wien noch kein Rot-Grün. Der Gratis-Kindergarten in Wien wurde 2009 von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen. Da die FPÖ dagegen war, hat sie ihn klarerweise auch nicht durchgesetzt.
Edgar Weinzettl (ORF): Das ist ja nicht die einzige sozialen Maßnahmen, gegen die Sie gestimmt haben. Ich habe mir ein paar herausgeschrieben: gegen das Gratis-Kindergartenjahr, schon im Juni 2009, gegen die Erhöhung des Pflegegeldes, gegen den Ausbau des Pflegefonds und gegen jeden Deutschkurs.
Strache: Das hat ja andere Hintergründe. Wir haben den Gratis-Kindergarten vor über zehn Jahren gefordert und verlangt und der wurde jahrelang von Rot-Grün abgelehnt, bis wir ihn dann durchgesetzt haben.
Edgar Weinzettl (ORF): Aber im Juni 2009 haben Sie dagegen gestimmt.
Strache: Weil das andere Hintergründe hat.
Edgar Weinzettl (ORF): Nämlich?
Strache: Weil wir erleben, dass heute Mütter mit ihren Kindern, und vor allen Dingen alleinerziehende Mütter, im Stich gelassen werden, oftmals gar keine Kindergarten-Anmeldung erhalten wegen Überfüllung. Weil wir erleben, dass das, was notwendig wäre, nämlich Deutsch als Vorschule sicherzustellen für jene Kinder, die kaum der deutschen Sprache mächtig sind, das sicherzustellen und nicht die Kinderbetreuung, die dem Kind — den Kindern nichts bringt und hilft.
FPÖ: Gegen Deutschkurse – aus „einfachen“ Gründen
Die FPÖ tritt massiv dafür ein, den Zugang zu Sozialleistungen, sogar zum Dach über den Kopf an Kenntnisse der deutschen Sprache zu knüpfen. Zuletzt wurde in Oberösterreich kampagnisiert „Ohne Deutsch keine Sozialleistungen“ und „Ohne Deutsch keine Wohnung“. Der Lambacher FPÖ-Spitzenkandidat Johann Gibitz wollte den zynischen Rassismus seiner Partei bis zur letzten Konsequenz ausreizen und bestrafte eine Lehrerin, die kostenlos und freiwillig Deutschunterricht für Flüchtlinge anbot, mit dem Boykott der Produkte der Firma ihres Mannes.
Ein „Einzelfall“, eine „Privatmeinung“, wie die FPÖ glauben machen wollte? Sicher nicht, denn Strache bestätigte höchstpersönlich unter viel Gebrabbel, dass die FPÖ in Wien auch gegen Deutschkurse gestimmt hat, weil sie „einfach falsch organisiert“ seien..
Edgar Weinzettl (ORF): Aber auch gegen die Deutschkurse haben Sie gestimmt.
Strache: Weil diese Deutschkurse einfach falsch organisiert sind. Wir erleben ja in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Wien unglaubliche Subventionshöhen in Richtung von Vereinen, in Richtung von angeblicher Integration, ja über 100 Millionen und mehr für Erdogan-Vereine, die ausgegeben werden und dann finden Parallel- und Gegengesellschaften statt und die Deutschkurse sind nicht von Erfolg gekrönt.