OÖ : FPÖ-Kandidat für Kaufboykott bei Flüchtlingsfreunden

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Groß war die Ver­wun­de­rung von Dag­mar H., einer Leh­re­rin in Wels, die auch als Deutsch­leh­re­rin im Flücht­lings­wohn­heim in Schwa­nen­stadt tätig ist, als sie ein E‑Mail von Johann Gibitz, dem Spit­zen­kan­di­da­ten der FPÖ Lam­bach erhielt. In dem erklär­te Gibitz zynisch, dass er um die Pro­duk­te der Fir­ma H. in Zukunft‚ einen gro­ßen Bogen machen wer­de, damit Frau H. noch mehr Zeit für ihre Betreu­ungs­tä­tig­keit habe.

Die Ober­ös­ter­rei­chi­schen Nach­rich­ten zitie­ren aus dem Gibitz-Mail :

„Wie ich der Heim­sei­te des ‚Netz­werk Zuver­sicht‘ ent­neh­me, sind Sie inten­siv in der Betreu­ung von Flücht­lin­gen invol­viert. Damit Sie noch mehr Zeit für die­se Auf­ga­be zur Ver­fü­gung haben, wer­de ich in Zukunft um sämt­li­che Pro­duk­te der Fir­ma H. einen gro­ßen Bogen machen.”

Eini­ges an die­ser dür­ren Bot­schaft ist auffällig.

  • Den FPÖ-Mann Gibitz stört offen­sicht­lich der Deutsch­un­ter­richt, den Dag­mar H. Geflüch­te­ten erteilt, mäch­tig. Das passt eigent­lich so gar nicht zu den Bot­schaf­ten der FPÖ Ober­ös­ter­reich, die sich um Deutsch­kennt­nis­se sorgt („Ohne Deutsch kei­ne Wohnung“).
  • Für den FPÖ-Mann gilt anschei­nend die Sip­pen­haf­tung. Den Deutsch­un­ter­richt erteilt Dag­mar H.. Ihr Ehe­mann ist Geschäfts­füh­rer eines ober­ös­ter­rei­chi­schen Lebens­mit­tel­her­stel­lers, den Gibitz jetzt boy­kot­tie­ren will, weil Frau H. Flücht­lin­gen die deut­sche Spra­che bei­bringt. Die Ein­stel­lung des Lam­ba­cher Blau­en illus­triert auch der Umstand, dass er sein Mail nicht nur an Frau H., son­dern auch an ihren Mann oder sei­ne Fir­ma adres­siert hat: „Das Mail erhielt sie auch über die Sekre­tä­rin ihres Man­nes.“ (OÖN)
  • Gibitz ver­wen­det den Begriff „Heim­sei­te“. Muss man nicht über­be­wer­ten, schließ­lich ist der Rest sei­ner Bot­schaft wich­ti­ger und sehr ein­deu­tig, aber die „Heim­sei­te“ gehört so wie das „Welt­netz“ oder der „Par­ti­kel­licht­strahl­dru­cker“ (Laser­prin­ter) zu den wenig attrak­ti­ven Sprach­schöp­fun­gen von Deutsch­tüm­lern und Rechtsextremen.
  • Der Kauf­boy­kott als poli­ti­sches Instru­ment ist bei uns untrenn­bar mit dem Boy­kott jüdi­scher Geschäf­te durch die Nazis ver­bun­den („Kauft nicht bei Juden“). Ziel die­ses Boy­kotts war nicht eine Ver­hal­tens­än­de­rung eines Unter­neh­mens, son­dern des­sen exis­ten­ti­el­le Bedro­hung. Die­ses Ziel scheint auch bei Gibitz in Ver­bin­dung mit dem Sip­pen­haf­tungs­aspekt gege­ben: „Damit Sie noch mehr Zeit für die­se Auf­ga­be zur Ver­fü­gung haben.“

Am Inhalt sei­ner Äuße­run­gen will Gibitz nichts ändern: „Es gibt nichts weg­zu­tun und nichts zu erklä­ren.” Rücken­de­ckung erhält er dabei von sei­nem FPÖ-Lan­des­chef und Spit­zen­kan­di­da­ten Man­fred Haim­buch­ner, der zwar erklärt, die Mei­nung von Gibitz ent­spre­che nicht der sei­nen und jener der FPÖ Ober­ös­ter­reich, aber: „Der poli­ti­cal cor­rect­ness wird sei­ne Hal­tung nicht ent­spre­chen. Aber Hof­rat Gibitz hat sei­ne Mei­nung als Pri­vat­mann geäu­ßert, und das darf er.“

Gibitz ist nicht nur der Kan­di­dat der Lam­ba­cher Frei­heit­li­chen, son­dern auch Ver­wal­tungs­ju­rist bei der Bezirks­haupt­mann­schaft Wels. In Zei­ten der schwarz­blau­en Regie­rung werk­te er als Kabi­netts­mit­ar­bei­ter im Sozi­al­mi­nis­te­ri­um und nach dem Ende von Schwarz­blau in der Behin­der­ten­an­walt­schaft, bis er nach dem Abgang von Her­bert Haupt als Behin­der­ten­an­walt schließ­lich wie­der nach Ober­ös­ter­reich zurückkehrte.

Das „Netz­werk Zuver­sicht“ in Schwa­nen­stadt, das die Deutsch­kur­se anbie­tet, bei denen auch Dag­mar H. mit­ar­bei­tet, macht übri­gens (wie so vie­le ande­re Pro­jek­te) ganz tol­le und enga­gier­te Inte­gra­ti­ons­ar­beit. Kein Wun­der, dass das einen Gibitz stört!