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Freistadt (OÖ): Hausbesuch von blauen Burschenschaftern

Am Sams­tag, 29. August fand am Haupt­platz von Frei­stadt eine Wahl­kund­ge­bung der FPÖ statt. Mit Stra­che und dem Spit­zen­kan­di­da­ten für OÖ, Haim­buch­ner. Ein „neu­es Zeit­al­ter“ für Ober­ös­ter­reich kün­dig­te der FPÖ-Par­­tei­­chef dabei an. Wie das aus­se­hen könn­te, durf­te eine Fami­lie erfah­ren, die ein Trans­pa­rent (‚Flücht­lin­ge will­kom­men‘) aus dem Fens­ter gehängt hat­te. Nach dem Ende der FPÖ-Kundgebung […]

11. Sep 2015

Frei­stadt im Mühl­vier­tel ist rechts­extre­me Kampf­zo­ne. Die Iden­ti­tä­ren ver­su­chen schon seit Mona­ten hier Fuß zu fas­sen- mit Paro­len wie „Frei­stadt wehrt sich“ und „Asyl­wahn stop­pen“. Beim loka­len Ring Frei­heit­li­cher Jugend (RFJ) fin­den sie Anklang. „Schluss mit dem Flücht­lings­wahn­sinn!“ pos­tet der , und ‑um noch deut­li­cher zu machen, wo die Trup­pe steht – ein “Patrio­ten-Stamm­tisch“ wur­de gegrün­det. Die Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen in der Frei­städ­ter Kaser­ne konn­ten sie nicht ver­hin­dern, aber Stim­mung machen dagegen.

Ver­mut­lich auch des­halb gab es bei der FPÖ-Wahl­kund­ge­bung am 29.9. eine Gegen­kund­ge­bung mit rund 40 Teil­neh­me­rIn­nen, und Trans­pa­ren­te, die aus Häu­sern gehängt wur­den. Die Gegen­kund­ge­bung ver­lief ohne Zwischenfälle.

„Poli­zei nimmt von ein paar Leu­ten Daten auf, löst aber die Kund­ge­bung nicht auf und hält dann auch auf­ge­bracht schimp­fen­de FPÖ-ler zurück (alles halb­wegs eitel Won­ne am Land)“, heißt es in einem Gedächt­nis­pro­to­koll dazu. Und weiter:

„Wäh­rend der Kund­ge­bung kommt ein Rei­se­bus vol­ler Bur­schen­schaf­ter am Haupt­platz an, wird von anwe­sen­den Wahl­kampf­hel­fern und RFJ-lern (erkenn­bar an T‑Shirts) mit „Die Kame­ra­den sind da” begrüßt“.

Dazu muss man wis­sen, dass es auch in Frei­stadt selbst deutsch­na­tio­na­le Ver­bin­dun­gen gibt: die aka­de­mi­sche Feri­al­ver­bin­dung Ost­ara etwa, die den Wahl­spruch hat: “Ost­ara sei uns im Kamp­fe Wal­kü­re, sie­gend durch Ein­tracht uns Deut­sche all füh­re!“. Dane­ben noch die pen­na­le Bur­schen­schaft Ale­man­nia (eine Ver­bin­dung des MKV gibt es auch in Frei­stadt, aber die las­sen wir hier außen vor).

Nach dem Ende der Kund­ge­bung (so um ca. 19.30h) tau­chen Bur­schis jeden­falls bei einem der Häu­ser, das ein Trans­pa­rent aus­ge­hängt hat, auf, läu­ten an und wer­den in das Haus gelas­sen. Das Gedächt­nis­pro­to­koll ver­merkt dazu „eh klar, Klein­stadt, wer denkt an so was“. So was — das folgt in den nächs­ten Minu­ten. Ein hal­bes Dut­zend Bur­schis bleibt im Erd­ge­schoss, einer von ihnen geht die Trep­pe rauf und will in die Woh­nung im ers­ten Stock. Er „bit­tet“ dort um Asyl – und beruft sich dabei auf das Trans­pa­rent. Für die Kin­der ist die Sze­ne nur zunächst irgend­wie lus­tig – sie sper­ren die Woh­nungs­tür zu und fil­men mit Han­dys (gut so!), wäh­rend die Eltern ver­su­chen, den pro­vo­zie­ren­den Bur­schen­schaf­ter aus dem Haus zu wei­sen. Ist er ange­trun­ken? Ein blau­er Bur­schen­schaf­ter, der vor einer frem­den Woh­nung auf­mar­schiert und mit der For­de­rung nach Asyl stän­kert? Mit sanf­ter Gewalt gelingt es schließ­lich, ihn über die Stie­ge hin­un­ter und aus dem Haus zu drän­gen. Im Abgang dann noch die Dro­hung der Bur­schis: “Wir kom­men wie­der!“.

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Dann zie­hen sie ab – in Rich­tung naher Bude. Die Poli­zei wird ver­stän­digt, doch die kann nur mehr Kon­troll­fahr­ten in der Alt­stadt ver­spre­chen. In der Nacht folgt dann noch – natür­lich anony­mes – Läu­ten bei dem Haus mit dem Transparent.

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„Tja, das war’s“, heißt es abschlie­ßend im Gedächt­nis­pro­to­koll. War’s das wirk­lich schon? Der Sohn, der mit dem Han­dy gefilmt hat, war nach dem Abmarsch „schon ein wenig ver­ängs­tigt“. Ist das das neue Zeit­al­ter, das Stra­che für Ober­ös­ter­reich ange­kün­digt hat? Dass die, die gegen die FPÖ poli­tisch Stel­lung neh­men, mit Haus­be­su­chen rech­nen müssen?