Freistadt im Mühlviertel ist rechtsextreme Kampfzone. Die Identitären versuchen schon seit Monaten, hier Fuß zu fassen – mit Parolen wie „Freistadt wehrt sich“ und „Asylwahn stoppen“. Beim lokalen Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) finden sie Anklang. „Schluss mit dem Flüchtlingswahnsinn!“, postet der, und, um noch deutlicher zu machen, wo die Truppe steht, wurde ein „Patrioten-Stammtisch” gegründet. Die Unterbringung von Flüchtlingen in der Freistädter Kaserne konnten sie nicht verhindern, aber dagegen Stimmung machen.
Vermutlich auch deshalb gab es bei der FPÖ-Wahlkundgebung am 29.9. eine Gegenkundgebung mit rund 40 TeilnehmerInnen und Transparente, die aus Häusern gehängt wurden. Die Gegenkundgebung verlief ohne Zwischenfälle. Aus einem Gedächtnisprotokoll:
Polizei nimmt von ein paar Leuten Daten auf, löst aber die Kundgebung nicht auf und hält dann auch aufgebracht schimpfende FPÖ-ler zurück (alles halbwegs eitel Wonne am Land). (…) Während der Kundgebung kommt ein Reisebus voller Burschenschafter am Hauptplatz an, wird von anwesenden Wahlkampfhelfern und RFJ-lern (erkennbar an T‑Shirts) mit „Die Kameraden sind da” begrüßt.
Auch Freistadt kann mit deutschnationalen Verbindungen aufwarten: etwa die akademische Ferialverbindung Ostara mit dem Wahlspruch „Ostara sei uns im Kampfe Walküre, siegend durch Eintracht uns Deutsche all führe!“ Daneben noch die pennale Burschenschaft Alemannia.
Nach dem Ende der Kundgebung (um ca. 19h30) tauchen Burschenschafter bei einem der Häuser, das ein Transparent ausgehängt hatte, auf, läuteten an und wurden in das Haus gelassen. Der Verfasser des Gedächtnisprotokolls vermerkt dazu: „eh klar, Kleinstadt, wer denkt an so was.“ Ein halbes Dutzend Burschenschafter blieb im Erdgeschoss, einer von ihnen ging die Treppe rauf und wollte in die Wohnung im ersten Stock. Er „bat“ dort um Asyl und berief sich dabei auf das Transparent. Für die Kinder war die Szene zunächst irgendwie lustig: Sie sperrten die Wohnungstür zu und filmten mit Handys, während die Eltern versuchten, den provozierenden Burschenschafter aus dem Haus zu weisen. Mit sanfter Gewalt gelang es schließlich, ihn über die Stiege hinunter und aus dem Haus zu drängen. Im Abgang kam dann noch die Drohung der Burschen: „Wir kommen wieder!”
Die Polizei wurde verständigt, doch die konnte nur mehr Kontrollfahrten in der Altstadt versprechen. In der Nacht folgte dann noch ein natürlich anonymes Läuten bei dem Haus mit dem Transparent.
„Tja, das war’s“, heißt es abschließend im Gedächtnisprotokoll. War’s das wirklich schon? Der Sohn, der mit dem Handy gefilmt hatte, war nach dem Abmarsch „schon ein wenig verängstigt“. Ist das das neue Zeitalter, das Strache für Oberösterreich angekündigt hat? Dass die, die gegen die FPÖ politisch Stellung nehmen, mit Hausbesuchen rechnen müssen?