Mord im Flüchtlingsheim: Erstunken und erlogen!Lesezeit: 4 Minuten

Er will es nicht las­sen. Der Kärnt­ner FPÖ-Lan­­des­rat Chris­ti­an Rag­ger hat erst vor kur­zem mit fal­schen Beschul­di­gun­gen Hass­or­gi­en gegen Flücht­lin­ge aus­ge­löst. Damals beschul­dig­te er Asyl­wer­be­rIn­nen in St. Kan­zi­an, mit einem Hun­ger­streik 2.000 Euro Taschen­geld erpres­sen zu wol­len. Jetzt ver­brei­te­te er – wie­der über Pres­se­aus­sendung –das bös­ar­ti­ge Gerücht, der ‚mys­te­riö­se Todes­fall‘ eines syri­schen Chris­ten in einer […]

2. Okt 2015

In einer Pres­se­aus­sendung, deren mise­ra­bles Deutsch schon Indi­zi­en für die mise­ra­ble inhalt­li­che Qua­li­tät lie­fert, stot­tert sich Rag­ger von einer fal­schen Behaup­tung zur nächs­ten. Nach­dem er zunächst ein­mal die Regie­rung ganz gene­rell beschul­digt, „alles Unan­ge­neh­me zu ver­schwei­gen“, geht er im nächs­ten Schritt auf die Poli­zei los, mit der er, nach­dem sie sei­ne Gerüch­te zu St. Kan­zi­an wider­leg­te, noch eine Rech­nung offen hat.

„Empört ist er dar­über, dass die Poli­zei kei­ne Infor­ma­tio­nen über den mys­te­riö­sen Todes­fall eines syri­schen Chris­ten, der in einem Flücht­lings­quar­tier in Tref­fen unter­ge­bracht war“. – Ja, auch die­ser Satz ist von Rag­ger bzw. aus sei­ner merk­wür­di­gen Pres­se­aus­sendung . Unklar bleibt zunächst in die­sem Satz, was die Poli­zei angeb­lich mit „kei­ne Infor­ma­tio­nen“ macht. Hat? Wei­ter­gibt? Der nächs­te Satz schafft da auch kei­ne Klar­heit: „Für Rag­ger ist es unver­ständ­lich, dass die­se Cau­sa als Sui­zid betrach­tet wird, ohne dass man Hin­wei­sen auf Fremd­ver­schul­den nachgeht.“

Moment! Zuerst kei­ne Infor­ma­tio­nen Poli­zei mys­te­riö­ser Todes­fall syri­scher Christ, dann Sui­zid fest­ge­stellt und Hin­wei­se auf Fremd­ver­schul­den ver­schwie­gen? Das passt auf kei­nen Fall zusam­men. Aber Rag­ger, der als Lan­des­rat für Jagd, Tier­schutz, Tier­trans­por­te und Ver­kehrs­si­cher­heit zustän­dig ist, weiß noch mehr: „Der FPÖ lägen auch Hin­wei­se von Zeu­gen vor, denen zufol­ge das Opfer Stich­ver­let­zun­gen im Rücken gehabt habe.“ Der blaue Lan­des­rat behaup­tet da nicht weni­ger als die bewuss­te Ver­tu­schung eines Gewalt­ver­bre­chens durch die Poli­zei. Und natür­lich hat er Zeu­gen dafür, dass das Opfer – ein syri­scher Christ – Stich­ver­let­zun­gen im Rücken gehabt habe. Was für Rag­ger einen ganz schreck­li­chen Ver­dacht begrün­det: „Der Ver­dacht, dass die­ser Flücht­ling Opfer von Reli­gi­ons­strei­tig­kei­ten inner­halb der Migran­ten gewor­den ist, lie­ge nahe, wes­halb die Fra­ge im Raum steht: Ist eine Obduk­ti­on ange­ord­net worden?“

Zu die­sem Zeit­punkt ist es sicher nicht falsch, noch ein­mal dar­an zu erin­nern, dass Rag­ger erst vor weni­gen Tagen einen Hun­ger­streik behaup­te­te, den es laut Poli­zei so nicht gege­ben hat. Es steht daher eigent­lich die „Fra­ge im Raum“: Hat Rag­ger schon eine Anzei­ge gemacht? Wegen des Ver­dachts auf ein Gewalt­ver­bre­chen? Wegen Beweismittelunterdrückung?

Rag­gers Pro­blem ist ein ande­res: Da es kei­nen Toten in dem Tref­fe­ner Flücht­lings­quar­tier gibt, gibt es auch kei­nen vor­ge­täusch­ten Selbst­mord, daher auch kei­ne Stich­ver­let­zun­gen des Opfers, die auf ein Gewalt­ver­bre­chen hin­deu­ten, daher auch kein reli­giö­ses Motiv für das Gewaltverbrechen

Die Poli­zei demen­tiert klar und ent­schie­den. Der Kärnt­ner Poli­zei­spre­cher wird sogar ganz leicht emo­tio­nal: „Jetzt reicht es aber bald. Auf dem Rücken von Flücht­lin­gen Poli­tik zu machen, fin­de ich sehr uncool“, erklärt er dem ‚Stan­dard‘. Die Lan­des­po­li­zei­di­rek­to­rin demen­tiert eben­falls: es sei „kein ein­zi­ger unna­tür­li­cher Todes­fall oder Sui­zid in die­ser Asyl­un­ter­kunft bekannt“.

Der Betrei­ber der Asyl­un­ter­kunft bestä­tigt, dass es in kei­nem sei­ner Quar­tie­re „einen Todes­fall unter den Asyl­wer­bern“ gege­ben habe und auch die Lan­des­flücht­lings­re­fe­ren­tin wird im ‚Stan­dard‘ mit einem kla­ren Demen­ti zitiert.

Die „Klei­ne Zei­tung“ war sogar vor Ort, besuch­te die Unter­kunft in Tref­fen. Die Lei­te­rin des Asyl­heims demen­tiert eben­so wie die befrag­ten Flücht­lin­ge: „In die­sem Haus sind wir alle Brü­der. Jeder von uns hat so viel Schlim­mes durch­ge­macht. Wir unter­stüt­zen uns gegen­sei­tig; egal woher einer kommt oder wel­cher Reli­gi­on er ange­hört“, sagt ein Syrer zur „Klei­nen Zei­tung“. Ein ande­rer erklärt: „Es ist alles gut in die­sem Haus. Wir sind sehr froh, dass wir hier leben dürfen.”

Mitt­ler­wei­le ist klar: die angeb­li­chen „Hin­wei­se“ der Rag­ger-Zeu­gen auf das angeb­li­che Gewalt­ver­bre­chen stam­men aus den Wei­ten des Inter­nets – und zwar aus einer ganz dunk­len Ecke. Und das geht so, erläu­tert die „Klei­ne Zeitung“:

Zwei Zeu­gen, deren Namen Rag­ger nicht nen­nen will, hät­ten einen Ein­satz von Poli­zei und Ret­tung bei der Unter­kunft beob­ach­tet und gese­hen, wie ein Toter aus dem Haus trans­por­tiert wor­den sei: „Sie haben dann im Inter­net recher­chiert und sind in einem Forum dar­auf gesto­ßen, dass der tote Asyl­wer­ber Stich­wun­den auf­ge­wie­sen haben soll. (Klei­ne Zei­tung, 2.10.15)

Es ist schon fast über­flüs­sig dar­auf hin­zu­wei­sen, dass auch die Poli­zei vor Ort demen­tiert, dass es einen der­ar­ti­gen Ret­tungs­ein­satz in der Unter­kunft gege­ben hat.

Das Gerücht, das der blaue Rag­ger in die Welt gesetzt hat, ernährt sich mitt­ler­wei­le selbst­stän­dig. Und selbst wenn alle Toten­grä­ber der nähe­ren Umge­bung schrift­lich bestä­ti­gen, dass es kei­ne Bestat­tung eines Asyl­wer­bers gege­ben hat, wür­de das das Gerücht nicht umbrin­gen. Das ist das Per­fi­de an der neu­en Rag­ger-Sto­ry, die erstun­ken und erlo­gen ist.

Verwandte Beiträge

Keine Beiträge mehr verpassen: Email-Benachrichtigung aktivieren
abgelegt unter: Dokumentation