Gelebte Ideologie

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Die For­de­run­gen der FPÖ Land­stra­ße sind die bis­lang radi­kals­ten zu Migra­ti­on und Asyl­recht seit der Nazi-Zeit. Selbst die neo­na­zis­ti­sche NPD, die eben­falls die ‚Rück­füh­rung‘ in ihrem For­de­rungs­pro­gramm hat, geht bei wei­tem (!!) nicht so weit wie die Doku­men­te der FPÖ Land­stra­ße zu ‚Über­frem­dung‘ , die im Detail dann in ‚Zuwan­de­rungs­stopp‘ ‚ ‚Abschie­bung‘, ‚Rück­füh­rung‘ und ‚Asyl­rechts­re­form‘ geglie­dert sind.


Die Web­site der FPÖ Land­stra­ße im Wan­del der Zeiten …
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Was im Kapi­tel ‚Asyl­rechts­re­form‘ gefor­dert wird, ist die völ­li­ge Zer­schla­gung des moder­nen Asyl­rechts, der Aus­tritt aus der völ­ker­recht­lich garan­tier­ten Gen­fer Kon­ven­ti­on und die Aberken­nung aller schon zuer­kann­ten Asyl­be­schei­de. Die Umset­zung die­ser For­de­run­gen wäre völkerrechts‑, EU-rechts- und verfassungswidrig.

Was schon in der Begrün­dung des Doku­ments ‚Über­frem­dung‘ aus­ge­führt und gefor­dert wird, näm­lich die „nach­hal­ti­ge Rück­füh­rung die­ser unse­re kul­tu­rel­le Iden­ti­tät bedro­hen­den Mas­sen“ aller lega­len und ille­ga­len Zuwan­de­rer, wird unter der Rubrik ‚Rück­füh­rung‘ noch ein­mal expli­ziert ‚hier aller­dings ‚nur‘ für die „bis­her legal auf­häl­ti­gen Frem­den“, die sich mit Auf­ent­halts- und Beschäf­ti­gungs­be­wil­li­gung in Öster­reich aufhalten.

Sie haben das Land zu ver­las­sen und ihr allen­falls erwor­be­nes immo­bi­les Ver­mö­gen auf­zu­lö­sen. Für den Ver­kauf die­ses Ver­mö­gens kann – so die FPÖ Land­stra­ße in die­sem Doku­ment – eine Auf­ent­halts­ver­län­ge­rung bis zu 6 Mona­te bean­tragt wer­den. Wer die Frist über­tritt, ist danach ein „ille­ga­ler Frem­der“ und wird –sie­he Kapi­tel Abschie­bung – mit min­des­tens drei Jah­ren Haft bestraft.

Wer nach Öster­reich flie­hen will, ist ein Kri­mi­nel­ler, stellt das Kapi­tel ‚Abschie­bung‘ fest. Eben­so kri­mi­nell ist, wer die­sen für die FPÖ Land­stra­ße kri­mi­nel­len Per­so­nen hilft.

Nicht nur skur­ril ist die auch im Kapi­tel ‚Zuwan­de­rungs­stopp‘ aus­ge­führ­te Son­der­stel­lung in allen Belan­gen für die „an Öster­reich angren­zen­den und uns kul­tu­rell ver­bun­de­nen Nach­bar­staa­ten sowie Bewoh­ner von Gebie­ten, die zu den Kron­län­dern der ehe­ma­li­gen Habs­bur­ger­mon­ar­chie gezählt haben“.

Ein Schelm, wer bei der For­mu­lie­rung über die angren­zen­den und uns kul­tu­rell ver­bun­de­nen Nach­bar­staa­ten nicht bloß Deutsch­land und die deutsch­spra­chi­ge Schweiz im Auge hat! Wozu sonst die Ein­schrän­kung auf ‚kul­tu­rell ver­bun­den‘? Die Euro­päi­sche Uni­on kommt in den Doku­men­ten der FPÖ Land­stra­ße als recht­li­che und poli­ti­sche Bezugs­grö­ße über­haupt nicht mehr vor. Im Kapi­tel ‚Euro­päi­sche Uni­on‘ wird daher auch der Aus­tritt aus der EU gefor­dert. An die Stel­le der EU tre­ten dann in man­cher­lei Hin­sicht (Beschäf­ti­gung, Auf­ent­halt, Visums­frei­heit) die Kron­län­der der ehe­ma­li­gen Habsburgermonarchie.

Das Pro­blem: die gibt’s so nicht mehr, etwa das König­reich Gali­zi­en und Lodo­me­rien, das Tei­le der Ukrai­ne und Polens umfass­te. Ser­bi­en, das ja angeb­lich unter beson­de­rer Patro­na­ge von Stra­che steht, wäre über­haupt drau­ßen: kein Kron­land und auch nicht angren­zend! Das Papier der FPÖ Land­stra­ße bedeu­tet dem­nach, dass alle Seben das Land zu ver­las­sen hätten.


Die Kron­län­der Österreichs
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Wie ernst das Papier genom­men wur­de, zeigt auch der Umstand, dass der Klub­ob­mann der FPÖ in der Bezirks­ver­tre­tung und Stell­ver­tre­ter Stra­ches als Bezirks­par­tei­ob­mann, Wer­ner Greb­ner, der auch das Büch­lein über Hit­lers Jah­re in Mün­chen ver­fasst hat, zu der Kund­ge­bung gegen das Asyl­heim in Erd­berg auf­ge­ru­fen und auch dort demons­triert hat. Irgend­wo muss man ja anfan­gen mit der Umset­zung der „All­ge­mei­nen Leit­ge­dan­ken FPÖ Landstraße“.


Stra­che behaup­te­te, das Foto von Kurier–Fotograf Jürg Christandl mit den FPÖ-Demons­tran­ten vor dem Asyl­zen­trum in Erd­berg sei insze­niert. Kurier-Chef­re­dak­teur Hel­mut Brand­stät­ter dazu: „Eine glat­te Lüge“ (Kurier,9.6.15). In der ZIB 24 des ORF vom 8.6. 15 wird eben­falls über das Bild, aber auch über die Geschich­te dahin­ter berichtet.