Das ORF-Magazin „Thema“ berichtet detailliert über die Abläufe am 21. April. Bakary J. sucht noch am gleichen Tag das Wachzimmer der Polizei am Enkplatz auf, schildert den Vorfall, doch die Polizei will nichts von einem Einsatz in seiner Wohnung wissen. Eine Anzeige wird nicht aufgenommen, Ermittlungen finden ebenfalls nicht statt.
Erst als das Anwaltsbüro von Bakary J. am11. Mai bei der Polizei vorstellig wird, gibt es eine erste Reaktion der Polizei: Die Beschwerdestelle meldet sich und erklärt, dass mit 99-prozentiger Sicherheit keine Polizeibeamten in der Wohnung waren. Dann kommt es am 18. Mai abends zu dem Bericht bei „Thema“.
Schon kurz darauf erscheint auf dem Blog „ORF-Watch“ und wenige Stunden später auf „unzensuriert“ ein Bericht unter dem Titel „Einbruch bei Folteropfer Bakary J. – Märchenstunde im ORF“. Die „Märchenstunde“ findet sich nur bei „unzensuriert“, der Rest des Beitrags ist ident. Der Autor wirft dem „Thema“-Beitrag vor, „kräftig ans Märchenerzählen“ zu gehen und schafft es nicht einmal, den Bericht von „Thema“ korrekt wiederzugeben. So fabuliert er davon, dass ein Nachbar, „ebenfalls ein Schwarzer“, die Wohnung von Bakary J. für vier Männer aufgesperrt habe. Das klingt doch ganz anders als die Schilderung von „Thema“, wonach sich vier Männer gegenüber einem in der Wohnung anwesenden Freund als Polizisten ausgaben und – ohne einen Ausweis oder einen Durchsuchungsbefehl herzuzeigen – die Wohnung zu durchwühlen begannen, nachdem sie nach Bakary J. gefragt hatten.
Für „unzensuriert“ (bzw. „ORF-Watch“) steht fest:
Schöne Räuberpistole – denn die Polizei weiß zum einen nichts von einem Einsatz Kriminalbeamter an besagter Adresse an diesem Datum. (…) Bleibt die Frage, warum sich „Thema“ eines Ereignisses annimmt, das ganz offensichtlich schlecht erfunden ist“. Und –als Bildunterschrift: „In der Thema-Sendung offenbarte sich kaum verhüllt die beinharte linkslinke Agitation mancher ORF-Mitarbeiter.
unzensuriert
Da war der rechtsrechte Autor etwas voreilig, denn mittlerweile steht fest: Es waren nicht angebliche, sondern echte Polizisten, die am 21. April mit 100-prozentiger Sicherheit in der Wohnung waren. Die Polizei hat mittlerweile nicht nur das Problem, ihre alte Version von der 99-prozentigen Sicherheit, dass es keine echten Polizisten waren, zu erklären bzw. an die Realität anzupassen, sondern auch den Rest ihrer Erzählung zu überdenken, wonach weder die Wohnung durchwühlt noch nach Bakary J. gefragt worden sei. Das allein macht schon einen veritablen Polizei-Skandal aus: Polizisten dringen in die Wohnung eines polizeilichen Folteropfers ein, die Polizei leugnet wochenlang den Vorfall und lässt sich die gegenteiligen Fakten wie Würmer aus der Nase ziehen.
Nachdem am 19. Mai nachmittags die Landespolizeidirektion Wien in einer Aussendung die Version von Bakary J. und des ORF bestätigt, wonach am 21. April vier Beamte der Fremdenpolizei in Zivil in der Wohnung „eine Amtshandlung“ durchgeführt haben, wird auf „unzensuriert“ ein neuer Beitrag online gestellt: „Bakary J.: ORF-Lügengebäude bricht in sich zusammen“ Wie bitte? Was „unzensuriert“ wenige Stunden zuvor geschrieben hat (siehe oben), stellt sich mittlerweile als unwahr heraus, aber „unzensuriert“ sieht beim ORF ein zusammenbrechendes Lügengebäude?
unzensuriert und der Vorwurf „zusammenbrechendes Lügengebäude” …
Polizei Wien: Nichts ist geklärt!
In einer Presseaussendung hält die Wiener Polizei fest: „Vorfall in Wohnung des Jassey Bakary geklärt“
Demnach habe der Verdacht bestanden, dass sich in der Wohnung von Bakary J. Personen mit vermutlich gefälschten Dokumenten aufhalten würden. Ein schwerwiegender Verdacht, der weit über den Vorwurf eines illegalen Aufenthalts hinausgeht! Vier Beamte der Fremdenpolizei in Zivil „haben sich ordnungsgemäß ausgewiesen und eine Identitätsfeststellung bezüglich eines anwesenden Bekannten des JASSEY im Streifenbericht vermerkt“, heißt es in der Presseaussendung der Polizei.
Was jetzt? Waren vier (!) Beamte in der Wohnung, um die Identität eines (!) zufällig Anwesenden festzustellen? Oder waren sie in der Wohnung, um einen schwerwiegenden Verdacht (mehrere Personen mit gefälschten Dokumenten aufhältig) zu überprüfen? Wie haben sie den Verdacht überprüft? Da sollte es – wenn alles mit rechten Dingen zugegangen ist – ja eigentlich einen Akt geben, auch einen Bericht über die Amtshandlung, oder? Haben die vier Beamten nicht gewusst, in welcher Wohnung sie Nachschau halten oder eine Hausdurchsuchung machen? Warum weiß die Polizei erst nach mehreren Wochen, dass sie in der Wohnung war und wimmelt vorher alle Hinweise darauf ab?
Viele Fragen und bisher keine zufriedenstellende Antwort!