Innsbruck: Mildes Urteil für rechtsextreme Attacke auf Asylwerberheim

Lesezeit: 3 Minuten

Zu Beginn waren es fünf jun­ge Män­ner, die in der Nacht auf den 29.10.2014 aus­län­der­feind­li­che Paro­len gröl­ten und mit Feu­er­werks­kör­pern auf das Asyl­wer­ber­heim in Fie­ber­brunn schos­sen. Ermit­telt wur­de gegen vier jun­ge Män­ner, vor dem Lan­des­ge­richt in Inns­bruck stan­den ges­tern aber nur drei. Das ist schon frag­wür­dig , aber noch längst nicht so schlimm wie der Rest!

Aus­lö­ser für die Atta­cke auf das Asyl­heim am Bür­gl­kopf soll ein Han­dy gewe­sen sein. Einem der Ange­klag­ten soll von einem aus dem Asyl­heim ein Han­dy abge­nö­tigt wor­den sein. Das Han­dy wur­de zwar dann nach zwei Tagen wie­der­ge­fun­den, aber sein Ver­lust führ­te zunächst ein­mal zu der Atta­cke auf das Asylwerberheim.

Feu­er­werks­ra­ke­ten wur­den gegen das Haus abge­schos­sen, Böl­ler gezün­det und aus­län­der­feind­li­che Paro­len gebrüllt. Einer der Angrei­fer war ver­mummt, ein ande­rer mit Base­ball­schlä­ger bewaff­net. „Ein gru­se­li­ges Spek­ta­kel“, nann­te das die „Tiro­ler Tages­zei­tung“, „Wild-West-Sze­nen“ die „Kro­ne“. Bloß – im Wes­tern gibt es immer zwei Par­tei­en, die sich einen Kampf lie­fern, am Bür­gl­kopf atta­ckier­ten nur die jun­gen Ein­hei­mi­schen. Die ande­ren, die vom Krieg in ihrer Hei­mat Trau­ma­ti­sier­ten, ver­steck­ten sich im Heim und hat­ten ein­fach nur Angst.

Waren es fünf, vier oder nur drei Angrei­fer? Unmit­tel­bar nach den ers­ten Berich­ten über die Atta­cke kur­sier­ten Gerüch­te, wonach einer der fünf der Sohn eines Lokal­po­li­ti­kers sei. Jeden­falls wur­de nur gegen vier ermit­telt, und die Ankla­ge reich­te dann offen­sicht­lich nur für drei. Gefähr­li­che Dro­hung warf ihnen die Staats­an­walt­schaft vor, der frem­den­feind­li­che Hin­ter­grund dürf­te offen­sicht­lich kei­ne Rol­le mehr gespielt haben. Im Pro­zess­be­richt der „Kro­ne Tirol“ (15.4.2015) kam das frap­pie­rend deut­lich zum Aus­druck: „Unmit­tel­bar nach der Tat vom 7. Okto­ber ver­mu­te­te man in Fie­ber­brunn einen rechts­ra­di­ka­len Hin­ter­grund. Und irgend­wie schien die Akti­on auch alle Zuta­ten eines Anschlags auf ein Flücht­lings­heim zu haben“. Aber „schon bald konn­te – zur Erleich­te­rung vie­ler – Ent­war­nung gege­ben wer­den“, so die „Kro­ne“ wei­ter. Erleich­te­rung? Für wen? Ent­war­nung? Für wen? Es war ja „nur” eine Rache­ak­ti­on wegen des angeb­lich abge­press­ten Han­dys und ein biss­chen Selbst­jus­tiz. Und dann, als Spit­zen­leis­tung des „Krone“-Redakteurs, noch eine mil­de väter­li­che Ermah­nung: „Auch wenn der Ärger durch­aus ver­ständ­lich war, das Recht kann und darf man bei uns nicht selbst in die Hand nehmen.“

Die Mil­de herrsch­te auch im Gerichts­saal beim Urteil. Die „gefähr­li­che Dro­hung“ (§ 107 StGB) ist mit einer Frei­heits­stra­fe bis zu einem Jahr zu bemes­sen. In die­sem Fall wären aber auch „beson­de­re Erschwe­rungs­grün­de“ (§ 33 StGB) gege­ben, da „aus ras­sis­ti­schen, frem­den­feind­li­chen oder ande­ren beson­ders ver­werf­li­chen Beweg­grün­den“ gehan­delt wur­de. Oder hat das Gericht, so wie die „Kro­ne“, nur ein paar über­schie­ßen­de ‚Laus­bu­ben‘ sehen wol­len? Und, so wie die Poli­zei schon bald nach der Tat wis­sen woll­te, ohne einen rechts­extre­men Hin­ter­grund? Weil „Aus­län­der raus“-Rufe und Feu­er­werks­ra­ke­ten gegen Asyl­wer­ber „nor­mal“ sind? Jeden­falls gab es auch für die „Tiro­ler Tages­zei­tung“ (15.4.2015) „Mil­de für Kra­wall bei Asyl­heim“ : Geld­stra­fen von 480 (Hälf­te bedingt), 320 und 240 Euro. Die Urtei­le sind zwar noch nicht rechts­kräf­tig, aber unser Urteil dazu steht schon fest: Das „gru­se­li­ge Spek­ta­kel“ (TT), die Atta­cke auf das Asyl­wer­ber­heim, ist für die Jus­tiz in Inns­bruck anschei­nend ein Kava­liers­de­likt, unge­fähr so teu­er wie eine leich­te Geschwindigkeitsübertretung.