Der russische Neonazi und „Schwulenjäger“ Maxim Marzinkewitsch, der sich im Vorjahr nach einem Haftbefehl nach Kuba abgesetzt hatte, wurde vergangenes Wochenende dort festgenommen. Marzinkewitsch, Kopf der Neonazigruppe „Format 18“, hatte in den vergangenen Jahren im sozialen Netzwerk „vk.com“ etliche Videos veröffentlicht, in denen Schwule gefoltert und gedemütigt wurden.
Die russischen Neonazis machen sich die weit verbreiteten Vorurteile, Ängste und Hetze gegen homosexuelle Menschen, Obdachlose und ArbeitsmigrantInnen (vor allem aus Zentralasien) im Lande zunutze und erhalten dafür breiten Zulauf. Unter Präsident Jelzin wurde Homosexualität entkriminalisiert, unter Putin aber im Vorjahr in der Duma ein Gesetz verabschiedet, das die Propaganda von Homosexualität unter Minderjährigen unter Strafe stellt. Die orthodoxe Kirche des Landes hat sich erst kürzlich für ein Referendum ausgesprochen, mit dem „solche sexuellen Kontakte vollständig aus dem Leben unserer Gesellschaft verbannt werden sollten“ (derstandard.at).
Maxim Marzinkewitsch
Marzinkewitschs Neonazi-Truppe „Format 18“ attackierte in der Vergangenheit nicht nur Homosexuelle, sondern auch Obdachlose und Ausländer, die brutal zusammengeschlagen und dabei gefilmt wurden. Die Videos wurden dann auf „vk.com“ gestellt und sind teilweise noch immer öffentlich zugänglich. Die Schlägereien und Folterungsaktionen der Gruppe bildeten die Grundlage für den pseudodokumentarischen Film „Russia 88“ (deutsche Version: Skinheads 88).
Für die Attacken gegen Homosexuelle gründete Marzinkewitsch die Gruppe „Occupy Pädophilie“. Mit dem Namen nutzt er das in der Bevölkerung weit verbreitete Vorurteil, wonach Homosexualität mit Pädophilie gleichzusetzen sei. Mit Pädophilie wird das sexuelle Interesse bzw. die sexuelle Störung von Menschen bezeichnet, die sich auf unmündige Kinder bzw. Jugendliche vor der Geschlechtsreife bezieht. Die Mitglieder von „Occupy Pädophilie“ geben sich allerdings als Minderjährige aus, die sich über einschlägige Chats mit ihren zumeist ebenfalls jugendlichen schwulen Opfern in Wohnungen verabreden, sie dort misshandeln, foltern und demütigen, dabei filmen und die Videos dann im Internet veröffentlichen. Auf „vk.com“ hat Marzinkewitsch alias „Tesak“ (deutsch: die Machete) mehr als 130.000 Follower. Angeblich gibt es bereits mehrere hundert Gruppen von „Occupy Pädophilie“ im Land.
Von „Occupy Pädophile” misshandelte schwule Jugendliche
Grund für den Haftbefehl gegen Marzinkewitsch ist seine Anklage wegen Aufwiegelung zum Hass gegen soziale und ethnische Gruppen. Damit sind aber nicht die Attacken von „Occupy Pädophilie“ gemeint, sondern offensichtlich Videos, in denen er zu Pogromen gegen ArbeitsmigrantInnen aufgerufen und deren Deportation gefordert hatte. Im Februar des Vorjahres war er in Belarus verhaftet worden, wo er an der Misshandlung von weißrussischen Antifaschisten beteiligt war.
Derzeit ist noch unklar, ob die Verhaftung von Marzinkewitsch überhaupt zu einer Auslieferung nach Russland führen wird. Die „TAZ“ schreibt dazu: „Beobachter fürchten, dass sich der Rechtsstreit bis nach den Olympischen Spielen hinziehen werde und der Nationalist anschließend ohne großes Aufsehen das kubanische Gefängnis verlassen könnte.“
„Die Presse“ hat zur Verhaftung von Marzinkewitsch und dessen widerlichen Folterpraktiken einen durchaus informativen Bericht veröffentlicht, in dem allerdings ebenfalls von „schwulen Pädophilen“ die Rede ist.