Unter dem Titel „Traditionspflege im Bundesheer” verweist er darauf, dass im österreichischen Bundesheer „Bezüge auf die k.u.k. Armee, das Bundesheer der Ersten Republik und die B‑Gendarmerie erlaubt” sind, dagegen sei aber „jeglicher Bezug auf Verbände des Dritten Reiches” nicht vorgesehen.
Die Realität sieht leider anders aus, denn „Bundesheerverbände und Militärtkommanden nehmen auf vielfältige Weise auf Operationen und Schlachten der Wehrmacht und der (Waffen-)SS Bezug”, so Steinhauser. Ein Beispiel ist die Kreta-Gedenkfeier in Feldbach-Gniebing, in der Steiermark, „für mehrere Operationen der deutschen Wehrmacht, darunter der Überfall auf Kreta durch deutsche Fallschirmjäger. An der Feier nahmen zahlreiche Ritterkreuzträger teil, daneben auch Ehrenabordnungen des Bundesheeres.” Ein Bundesheer-Kommandant hielt 2011 eine Festrede.
Die Schlacht um Kreta, von den Nazis Unternehmen Merkur genannt, war eine, nur unter massiven Eigenverlusten, aufgrund von Führungsfehlern und vorhandenen Mängeln in der Bodenorganisation, erfolgreiche Luftlandeoperation der deutsche Wehrmacht (vgl. Winston Churchill, The Second World War).
Die Besetzung Kretas durch deutsche und italienische Truppen hatte, entgegen der Mythenbildung durch „Traditionsverbände”, keinerlei strategische Auswirkungen auf die weitere Kriegsführung. Der starke Widerstand der kretischen Bevölkerung gegen die deutsche Besetzung kam für die deutsche Führung völlig überraschend. So kam es schon Anfangs zu spontanen Vergeltungsmaßnahmen von Seiten der eingesetzten deutschen Truppen. Später wurden diese Vergeltungsmaßnahmen „offiziell” durch den Kriegsverbrecher und Wehrmachts-General Kurt Student am 31. Mai 1941 angeordnet:
Jetzt ist die Zeit gekommen, allen derartigen Fällen planmäßig nachzugehen, Vergeltung zu üben und Strafgerichte abzuhalten, die auch als Abschreckungsmittel für die Zukunft dienen sollen. Ich beabsichtige, in dieser Richtung mit äusserster Härte vorzugehen. (…) Als Vergeltungsmaßnahmen kommen in Frage: 1.) Erschiessungen 2.) Kontributionen 3.) Niederbrennen von Ortschaften (vorher Sicherstellung aller Barmittel, die restlos den Angehörigen zugute kommen sollen) 4.) Ausrottung der männlichen Bevölkerung ganzer Gebiete. Die Genehmigung zu 3.) u. 4.) behalte ich mir vor. Sie ist auf dem kürzesten Wege einzuholen (mit stichwortartiger Begründung). Es kommt nun darauf an, alle Maßnahmen mit größter Beschleunigung durchzuführen, unter Beiseitelassung aller Formalien und unter bewusster Ausschaltung von besonderen Gerichten. Bei der ganzen Sachlage ist dies Sache der Truppe und nicht von ordentlichen Gerichten. Sie kommen für Bestien und Mörder nicht in Frage.
Deutsche Wehrmachts-Soldaten kurz vor der Ermordung von ZivilistInnen in Kondomari; Bundesarchiv, Bild 101I-166‑0525-39 / Weixler, Franz Peter / CC-BY-SA
Ermordung von ZivilistInnen in Kondomari; Bundesarchiv, Bild 101I-166‑0525-30 / Weixler, Franz Peter / CC-BY-SA
Nur drei Tage nach Beginn der Kämpfe auf Kreta (die vom 20. Mai 1941 bis zum 1. Juni 1941 andauerten) erfolgte der Vergeltungsbefehl von General Ringel vom 23.5.1941 (der so genannte Ringel-Befehl); demnach seien in Ortschaften „sofort Geiseln festzunehmen (Männer von 18 – 55 Jahren) und ihnen und der Einwohnerschaft bekanntzugeben, daß im Falle feindl. Handlungen jeder Art gegen die deutsche Wehrmacht sofortige Erschiessung erfolgt. Für jeden Deutschen 10 Griechen, dazu werden die in der Nähe befindlichen Ortschaften angezündet.”
All diese befohlenen Maßnahmen während der Invasion wie auch die anschließenden Kriegsverbrechen unter dem Decknamen „Sonderunternehmen Völkerbund”, bei denen vom Beginn der Invasion, im Mai 1941 bis September 1941 2.000 ZivilistInnen ermordet wurden, waren im Sinne des Kriegsvölkerrechts Kriegsverbrechen. Und entweder Teil der Luftlandeschlacht um Kreta, oder sie standen in direktem Zusammenhang mit der Invasion Kretas. Bei der Kreta-Gedenkfeier in Feldbach-Gniebing wird aber genau dieser „Schlacht um Kreta” gedacht. In einer Anfrage der Abgeordneten Albert Steinhauser und Harald Walser zur „Traditionspflege des Österreichischen Bundesheeres” ist zu lesen:
2007 nahmen rund 15 Soldaten des Bundesheeres teil. (…) An Angehörigen des Bundesheeres, die die Ausgangsuniform trugen, konnte nur einer erkannt werden: Es handelt sich um (den späteren Veranstalter der Feier) Bgdr. i.R. J.-P.P. Er trug Ausgangsuniform zusammen mit dem oliven Barett des Bundesheeres mit dem Jagdkommando-Abzeichen des Bundesheeres.
Der angesprochene Brigadier in Rente ist Josef Paul Puntigam, der auch Landesverbandsobmann der Kameradschaft vom Edelweiß (KvE) ist. Daher verwundert es auch nicht, wenn auf der Website der KvE mehrere Beiträge zu der Schlacht um Kreta zu finden sind. So heißt es in einem Erlebnisbericht:
Im Zuge unseres heurigen Familienurlaubes auf der Urlaubsinsel Kreta war es eine Ehrenpflicht, dass wir am 22.05.11 anlässlich des 70. Jahrestages der Schlacht um Kreta an der Gedenkveranstaltung am Deutschen Soldatenfriedhof Maleme teilnahmen. Mein Urgroßvater kämpfte als Gebirgsjäger im Gebirgsjäger Regiment 141 auf Kreta und so galt mein Interesse, neben der schönen Insel und dem Meer sowie dem kulturellen Angebot, natürlich der Militärgeschichte und den Ereignissen vor 70 Jahren.” Dieser Aufsatz schließt mit einem angeblichen Zitat eines deutscher Offizier der Wehrmacht: „In Kreta erhoben sich nur die Steine nicht zum Kampf gegen uns. Jedes Lebewesen kämpfte gegen uns bis zum letzten Augenblick und machte diesen Kampf zu einer der denkwürdigsten und ruhmreichsten Schlachten der Geschichte.
„Familienurlaub” auf Kreta, Faksimile der Website kameradschaftedelweiss.at
Angesichts der (noch während der Invasion befohlenen) Kriegsverbrechen, wie das Kondomari-Massaker am 2. Juni 1941, zeigen Zitate wie „einer der denkwürdigsten und ruhmreichsten Schlachten” und die Vermischung von Krieg, Familienurlaubsfreuden, „kulturellen Angebot”, bei gleichzeitigem Auslassen der Verbrechen der Wehrmacht, das problematische Geschichtsbewusstsein des privaten Vereins Kameradschaft vom Edelweiß. Autor ist ein Oberstabswachtmeister des Bundesheeres und der 2. Obmann-Stellvertreter des Ortsverband Leoben, der Kameradschaft vom Edelweiß.
Das Problem an dem bisherigen Bundesheer-internen „Traditionspflegeerlass” ist nun, dass dieser Erlass „nicht für alle Soldaten gilt und darüber hinaus keine Strafen enthält. Vergehen ziehen keine Bundesheer-internen disziplinäre Verfahren nach sich, Teilnahme an ‚verbotenen’ Veranstaltungen sind nur mit minimalen Strafen sanktionierbar”, so Steinhauser. Auch reagiert Verteidigungsminister Norbert Darabos auf von den Grünen kritisierte Veteranentreffen, „die Umsetzung geschah jedoch immer über Einzelerlässe. Es fehlt im Österreichischen Bundesheer an einer klaren, sanktionierbaren Abgrenzung zu Verbänden des Dritten Reiches.” Die Forderungen der Grünen sind daher folgende: „Die Bestimmungen des Traditionspflegeerlasses über die Abgrenzung zum Dritten Reich muss im Wehrgesetz festgeschrieben werden. Nur das garantiert, dass es für alle Soldaten bindend gilt und diese durchgesetzt werden können.” Und: „Statt die Taten von Wehrmachts-Offizieren zu würdigen sollen jene gewürdigt werden, die sich dem Vernichtungskrieg der Wehrmacht entzogen haben.” Dazu wurde im Parlament folgender Antrag eingebracht: „Verordnung für den Miliz‑, Reserve- und Präsenzstand über die Teilnahme an Treffen mit Bezug zum Dritten Reich”
Das Bundesheer & die Rechten, Albert Steinhauser im Parlament zum „Kreta-Gedenken”