Der weinende „Himmler“

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Den weni­gen Medi­en, die den Pro­zess gegen H.M. in Eisen­stadt beob­ach­te­ten, ist über­ein­stim­mend sein häu­fi­ges Wei­nen auf­ge­fal­len. H.M., der sich auf Face­book den Nick­na­me „Hein­rich­der­ers­te Himm­ler“ zuge­legt hat­te, unter dem er wider­li­che, het­ze­ri­sche und dro­hen­de Pos­tings absetz­te, mit ande­ren Neo­na­zis kom­mu­ni­zier­te, ras­sis­ti­sche Witz­chen abson­der­te – er wein­te vor Gericht. Warum?

H.M. ist 28 Jah­re alt, Vater von vier Kin­dern und lebt mit sei­ner Fami­lie im Bezirk Ober­wart. Sei­ne Neo­na­zi-Akti­vi­tä­ten rei­chen jeden­falls bis in den Mai 2010 zurück. Damals mel­de­te er sich unter sei­nem ech­ten Namen auf der Face­book-Sei­te der NPD: „Mei­ne Unter­stüt­zung habt ihr, Heil Euch GüS­Se aus Öster­reich.” Mehr als sein Tipp­feh­ler fiel einem deut­schen Anti­fa-Blog die ein­schlä­gi­ge Groß­schrei­bung auf.

Im Herbst 2010 wüte­te H.M. dann auf Face­book unter „Hein­rich­der­ers­te Himm­ler“. Er stellt auch ein Foto von sich und einem sei­ner Kin­der auf Face­book. Bei­de strah­len in die Kame­ra. Dane­ben fin­den sich dann so erschre­cken­de Sät­ze wie: „WIR WERDEN EUCH ALLE TÖTEN !!! Die Öfen sind schon gebaut und vor­ge­wärmt !!!” Die Dro­hun­gen wer­den kon­kre­ti­siert: „ScheiSS Mos­li­me, Ihr seit Mist­ge­bur­ten Satans” usw. usf.

Zwi­schen den Beschimp­fun­gen von Mus­li­men immer wie­der „Sieg Heil!“ , „88“, „White Power!“, You­Tube-Vide­os über die Waf­fen-SS, Lie­der über die SS. Selt­sa­mer­wei­se fin­det sich auch die öster­rei­chi­sche Bun­des­hym­ne zwi­schen dem Nazi-Ramsch, ange­bo­ten als „Natio­nal­hym­ne“ mit dem Kom­men­tar: „HEIL ÖSTERREICH !!! HEIL DEM Öster­rei­chi­schen Volk !!! HEIL for all Peo­p­le /88“

Unter denen, die sich auf der Sei­te des fal­schen Himm­ler tum­meln, fin­den sich sehr vie­le Neo­na­zis und auch eini­ge bekann­te FPÖ-Pos­ter. Das ist nicht wei­ter ver­wun­der­lich, denn als poli­ti­sche Ein­stel­lung ver­kün­det „Himm­ler“: „Natio­nal !!! FPÖ / NVP /NPD“ Eine Frau, die sich als „stol­ze Mus­li­min“ bekennt, ist von Himm­lers Sei­te „extrem scho­ckiert“. Trotz­dem wünscht sie ihm alles Gute.

Mit dabei auf Face­book sind auch etli­che Fami­li­en­mit­glie­der „Himm­lers“. Auch sie hal­ten sich bei den ein­schlä­gi­gen Gruß­for­meln nicht zurück. H.J. M. dürf­te der Bru­der vom fal­schen „Himm­ler“ sein. Er war jeden­falls Fan bei der kurz­fris­tig und ziem­lich vir­tu­ell agie­ren­den rechts­extre­men Grup­pe der Frei­en Natio­nal­de­mo­kra­ten und ist jeden­falls auch ein Bru­der im Geist des fal­schen „Himm­ler“. „Wann end­lich wird die­ses Ungezifer(sic!) aus Euro­pa ent­fernt???“, hetzt er auf Face­book wie sein Bru­der in erbärm­li­chem Deutsch gegen Tür­ken bzw. Mus­li­me im beson­de­ren. Aber H.J.M. sieht noch wei­te­re Pro­ble­me: „Das eigent­li­che Pro­blem aber ist unse­re Regie­rung!!! Die gehöhrt schnells­tens weg und dur „Ein­ge­bo­re­ne” ersetzt die sich ihrer Her­kunft bewusst sind und sich ihr Vater­land zu schät­zen und zu ver­tei­di­gen wis­sen. Ein wei­te­res Prro­blem ist der gro­ße Bil­dungs­man­gel in Öster­reich.“ Auch weib­li­che Mit­glie­der des Fami­li­en­clans ticken poli­tisch so ähn­lich wie die männ­li­che Sei­te – sie sind nur bedeu­tend zurückhaltender.

Ende Okto­ber 2010 wur­de H.M., der fal­sche „Himm­ler“, ange­zeigt. Vor­her­ge­hen­de Mel­dun­gen an die Mel­de­stel­le zu NS-Wie­der­be­tä­ti­gung beim Innen­mi­nis­te­ri­um waren ohne Reso­nanz geblie­ben. Jetzt aber wur­de der fal­sche „Himm­ler“ aus­ge­forscht. Fünf Vor­stra­fen hat er bereits, kommt im Pro­zess gegen ihn zur Sprache.

Ob er weint, weil ihm beim Pro­zess däm­mert, dass er dies­mal wohl eine unbe­ding­te Haft­stra­fe aus­fas­sen wird? Oder weint er, weil ihm irgend­et­was klar gewor­den ist? Mög­lich, aber nicht sehr wahr­schein­lich. Noch im Sep­tem­ber 2011 pos­tet er auf HC Stra­ches Face­book-Kon­to. Wie­der ein­mal wider­lich. Es geht um tür­ki­sche Kin­der, die auf dem Spiel­platz gegen­über Lärm machen. H.M., der dies­mal sei­nen ech­ten Namen ver­wen­det, fühlt sich beläs­tigt und beschreibt, wie er das Pro­blem lösen könn­te: „Die ande­re Möglichkeit….ich lege mir Betäu­bungs­pfei­le zu und dann fah­re ich den Dreck gleich auf die Entsorgungsstelle ;- )“

Ende Jän­ner 2012 folgt dann die Kata­stro­phe in der Fami­lie. Mög­li­cher­wei­se ist es sein Kind oder das sei­nes Bru­ders, das vom Staf­ford­shire-Rüden der Fami­lie mehr­mals gebis­sen und schwer ver­letzt wur­de. Drei Mona­te spä­ter steht der fal­sche „Himm­ler“ vor Gericht und weint: „Sie wei­nen ja jetzt schon“, wun­dert sich die Rich­te­rin, als der Ange­klag­te zu Beginn schluch­zend vor die Geschwo­re­nen tritt. (BVZ, 2.5.2012)

Schluchz­te der fal­sche „Himm­ler“ aus Selbst­mit­leid über das, was ihm und dem Kind wider­fah­ren ist? Anzei­ge, Arbeits­lo­sig­keit, Gerichts­ver­fah­ren, schwer ver­letz­tes Kind? Oder hat er etwas kapiert? Das Urteil ist jeden­falls deut­lich: zehn Mona­te unbe­dingt und wei­te­re 20 Mona­te bedingt.