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Die rechtsextremen Adressaten von Breiviks Manifest (I)

Anders Beh­ring Brei­vik, der Atten­tä­ter von Oslo, hat in sei­nem Mani­fest mehr­fach auf Öster­reich Bezug genom­men: Er bedankt sich bei den „Brü­der und Schwes­tern“, zitiert Eli­sa­beth Saba­­di­t­sch-Wolff, erwähnt die Tür­ken­be­la­ge­rung und lobt FPÖ und BZÖ. Sein Mani­fest hat er kurz vor sei­nen mör­de­ri­schen Anschlä­gen per E‑Mail an aus­ge­wähl­te Adres­sa­ten ver­sandt. Am 23. Juli 2011 um […]

31. Jul 2011

Sein Mani­fest hat er kurz vor sei­nen mör­de­ri­schen Anschlä­gen per E‑Mail an aus­ge­wähl­te Adres­sa­ten ver­sandt. Am 23. Juli 2011 um 14h09, kurz vor sei­nen Atten­ta­ten, ver­schickt er sein Mani­fest an 1.003 Mail-Adres­sen unter dem leicht ver­än­der­ten Namen Andrew Ber­wick und beschließt sein Begleit­schrei­ben mit dem Hin­weis „With the assis­tance from brot­hers and sis­ters in Eng­land, France, Ger­ma­ny, Swe­den, Aus­tria, Ita­ly, Spain, Fin­land, Bel­gi­um, the Net­her­lands, Den­mark, the US etc.“

Mitt­ler­wei­le gibt es eini­ge Infor­ma­tio­nen über die Adres­sa­ten. Rund ein Vier­tel der Mails ging nach Groß­bri­tan­ni­en, wie der „Guar­di­an“ berich­tet. Tan­guy Veys, ein Par­la­men­ta­ri­er des Vlaams Belang in Bel­gi­en, war einer der Adres­sa­ten, der sich nicht erklä­ren konn­te, war­um Brei­vik ihm das Mani­fest zuge­sandt hat. Von Veys stammt die Schät­zung über den hohen Anteil bri­ti­scher Mail-Adres­sa­ten. Die bri­ti­sche Poli­zei hat inzwi­schen die Exis­tenz von 250 bri­ti­schen Adres­sa­ten bestä­tigt, die ver­mut­lich zum Gut­teil aus der ras­sis­ti­schen und rechts­extre­men Eng­lish Defence League (EDL) stam­men. Drei Adres­sen gehö­ren Funk­tio­nä­ren der rechts­extre­men Bri­tish Natio­nal Par­ty (BNP), eine der neo­na­zis­ti­schen Com­bat 18, berich­tet der „Dai­ly Tele­graph“, der anschei­nend über die kom­plet­te Lis­te verfügt.

Die „Neue Zür­cher Zei­tung“ berich­tet in ihrer Sonn­tag-Aus­ga­be, dass auch min­des­tens sechs Schwei­zer unter den Emp­fän­gern sind. Vier davon distan­zie­ren sich auf Nach­fra­ge der „NZZ“ von des­sen Tat, wol­len eben­falls kei­ne Ahnung haben, war­um Brei­vik aus­ge­rech­net ihnen das Mani­fest zuge­sandt hat, es gar nicht beach­tet oder gelöscht haben. Die NZZ fin­det unter ihnen einen Wal­li­ser mit rechts­extre­men Ver­bin­dun­gen, einen Poli­ti­ker der rechts­extre­men Schwei­zer Demo­kra­ten, einen Ber­ner Arzt, einen Unter­neh­mer, einen Men­tal­coach und einen Ita­lie­ner mit Finanz­ge­sell­schaft in Zürich.

Auch aus Deutsch­land gibt es Erkennt­nis­se über den Emp­fän­ger­kreis. Der „Tages­spie­gel“ weiß aus Sicher­heits­krei­sen, dass Brei­vik sein Mani­fest an die NPD-Zen­tra­le in Ber­lin und an Adres­sen der Par­tei in Erfurt, Aschaf­fen­burg und Unna geschickt habe. Aus den glei­chen Quel­len ist auch bekannt, dass Grup­pie­run­gen wie der Natio­na­le Wider­stand Dort­mund, die Auto­no­men Natio­na­lis­ten Ost­fries­land und die rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei Bür­ger in Wut (Bre­men) Adres­sa­ten waren. Die „taz“ wie­der­um weiß eben­falls aus „Sicher­heits­krei­sen“, dass die Bür­ger­be­we­gung Pro Köln ein Brei­vik-Mail erhal­ten hat. Wäh­rend Pro Köln nach einer „ers­ten Über­prü­fung“ erklärt, in ihren Mail­bo­xen fin­de sich kei­ne Brei­vik-Mail, schiebt die „taz“ nach und nennt den Adres­sa­ten: einen Arbeits­kreis von Pro Köln, die Chris­ten pro Köln mit Regi­na Wil­den, einer Funk­tio­nä­rin von Pro Köln.

In Por­tu­gal sind der Poli­zei die mehr als ein Dut­zend Adres­sa­ten des Mani­fests bekannt, die Namen bzw. Orga­ni­sa­tio­nen wur­den aber nicht ver­öf­fent­licht. In Finn­land erklär­te der Chef der rechts­extre­men Wah­ren Fin­nen, das Mani­fest nicht direkt, son­dern „über Umwe­ge“ erhal­ten zu haben. In Schwe­den hat ein Ex-Mit­glied der Schwe­den­de­mo­kra­ten ein­ge­räumt, das Mani­fest im Vor­aus erhal­ten zu haben. In Ungarn, das Brei­vik mehr­fach besucht haben will, erklär­te der Ehren­prä­si­dent der rechts­extre­men Jugend­be­we­gung 64 Burg­ko­mi­ta­te, eben­falls die Mani­fest-Mail zuge­sandt bekom­men zu haben. Die meis­ten iden­ti­fi­zier­ten Emp­fän­ger wol­len von der Post nichts wis­sen und beschwich­ti­gen. Nach Anga­ben des „Dai­ly Tele­graph“ sind vie­le von den 1000 Adres­sen nicht über eine per­so­na­li­sier­te Emp­fän­ger­ken­nung zu iden­ti­fi­zie­ren. Ein­deu­tig ist jeden­falls das rechts­extre­me bzw. ras­sis­ti­sche Umfeld der Adressaten.

Bleibt die span­nen­de Fra­ge offen, wer von Brei­vik in Öster­reich mit einer per­sön­li­chen Ein­la­dung, sein Mani­fest zu lesen und wei­ter zu ver­brei­ten, bedacht wur­de. Dass sich kei­ne öster­rei­chi­schen Adres­sa­ten unter den 1000 fin­den, ist unwahr­schein­lich. Immer­hin ver­fügt die hei­mi­sche rechts­extre­me Sze­ne über eini­ge Namen, die – sie­he die Schluss­zei­le von Brei­viks Begleit­schrei­ben! – zu sei­nen Brü­dern und Schwes­tern zäh­len dürften.

➡️ Brei­vik und sei­ne rechts­extre­men Adres­sa­ten (II)