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FPÖ- Comic: Reizend, aber nicht aufreizend!

Die Vor­ge­schich­te ist ja bekannt: Die FPÖ pro­vo­ziert mit einem Comic, um im Wie­ner Wahl­kampf Auf­merk­sam­keit zu erre­gen und ihre Kli­en­tel „auf­zu­mun­tern“. Super­man mit Schwert sta­chelt einen Jugend­li­chen auf: „Wennst dem Mus­ta­fa ane auf­brennst, kriagst a Has­se spen­diert!” Der Jugend­li­che zieht sei­ne Stein­schleu­der auf und froh­lockt: „Lei­wand, voll auf’s Nudel­aug …“ Rund 800 Anzei­gen lang­ten dazu bei […]

27. Mrz 2011

Rund 800 Anzei­gen lang­ten dazu bei der Staats­an­walt­schaft Wien ein, und die ver­sucht zunächst ein­mal, die Ermitt­lung los­zu­wer­den. Die Staats­an­walt­schaft Wie­ner Neu­stadt soll ermit­teln, „weil dort zu die­sem Zeit­punkt ein wei­te­res Ver­fah­ren gegen eine ange­zeig­te Per­son anhän­gig war“. Bei dem wei­te­ren Ver­fah­ren könn­te es sich ent­we­der um das Ver­fah­ren gegen den ORF-Redak­teur Ed Mos­chitz han­deln oder auch um die Anzei­ge gegen Heinz-Chris­ti­an Stra­che, die in die­sem Zusam­men­hang ein­ge­bracht wur­de. Jeden­falls hät­te weder die eine noch die ande­re Sache etwas mit dem Vor­wurf der Ver­het­zung zu tun.

Die Staats­an­walt­schaft Wie­ner Neu­stadt hat jeden­falls das Ermitt­lungs­ver­fah­ren zum FPÖ-Comic „umge­hend“ nach Wien retour­niert. Das alles geht aus der Anfra­ge­be­ant­wor­tung von Jus­tiz­mi­nis­te­rin Ban­di­on-Ort­ner an Karl Öllin­ger her­vor, die jetzt erfolg­te: Anfra­ge­be­ant­wor­tung (pdf)

Eine Beant­wor­tung, die es in sich hat, denn die Jus­tiz­mi­nis­te­rin bzw. die Staats­an­walt­schaft Wien konn­te in der Auf­for­de­rung, dem Mus­ta­fa eine auf­zu­bren­nen, „ein Auf­for­dern oder Auf­rei­zen zu einer feind­se­li­gen Hand­lung gegen eine bestimm­te Grup­pe im Sin­ne des § 283, Abs. 1 StGB “ nicht erkennen.

Der § 283 StGB betrifft die Ver­het­zung. Der Absatz 1 lautet:

Wer öffent­lich auf eine Wei­se, die geeig­net ist, die öffent­li­che Ord­nung zu gefähr­den, zu einer feind­se­li­gen Hand­lung gegen eine im Inland bestehen­de Kir­che oder Reli­gi­ons­ge­sell­schaft oder gegen eine durch ihre Zuge­hö­rig­keit zu einer sol­chen Kir­che oder Reli­gi­ons­ge­sell­schaft, zu einer Ras­se, zu einem Volk, einem Volks­stamm oder einem Staat bestimm­te Grup­pe auf­for­dert oder auf­reizt, ist mit Frei­heits­stra­fe bis zu zwei Jah­ren zu bestrafen.

Die Jus­tiz­mi­nis­te­rin und die Staats­an­walt­schaft Wien sind also der Mei­nung, dass der Auf­for­de­rung von „Super­man” „zumin­dest im Zwei­fel – die Eig­nung, bei ande­ren den Ent­schluss zu einer feind­se­li­gen Hand­lung gegen tür­kisch­stäm­mi­ge Migran­ten zu erwe­cken, nicht zukommt.“

Zumin­dest im Zwei­fel kei­ne Auf­for­de­rung zu einer Hand­lung: Der Ein­satz einer Stein­schleu­der! Auch wenn’s weh tut, ist das für das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um höchs­tens „die Auf­for­de­rung oder Auf­rei­zung zu einer feind­se­li­gen Gesin­nung“, die aber für den Tat­be­stand nach § 283 Abs.1 nicht ausreiche.

Und was den § 283 Abs.2 betrifft, so ist man bei Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um und Staats­an­walt­schaft Wien der Mei­nung, dass bei dem Comic „zwar eine in einem Appell an Gefüh­le und Lei­den­schaf­ten bestehen­de ten­den­ziö­se Auf­rei­zung zu Hass und Ver­ach­tung nicht zwin­gend aus­zu­schlie­ßen“ sei, aber der „Aus­sa­ge­kern“, die Zuwan­de­rung und den EU-Bei­tritt der Tür­kei zu stop­pen (mit der Stein­schleu­der!) eben der Pro­gram­ma­tik der FPÖ ent­spre­che. Der Durch­schnitts­be­trach­ter kön­ne die­sen „Aus­sa­ge­kern“ durch­aus her­aus­fil­tern, „ohne dar­aus Hass und Ver­ach­tung“ gegen die „Tür­ken“ abzuleiten.

Der Durch­schnitts­be­trach­ter, hin­ter dem sich Jus­tiz­mi­nis­te­rin und Staats­an­walt­schaft ver­ste­cken, das sind die Jugend­li­chen, an die der Comic adres­siert ist. Eine bemer­kens­wer­te Ana­ly­se, die die Jus­tiz da vorlegt!

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