Hajo Herrmann hatte sich tatsächlich einen Namen gemacht: Sein Engagement als Rechtsanwalt von Neonazi-Größen wie etwa der Holocaustleugner David Irving und Fred A. Leuchter oder des Rabiat-Alt-Nazis Otto Ernst Remer machte ihn zu einem gefragten Propagandaredner auf Veranstaltungen der rechtsextremistischen NPD oder der DVU. Noch vor wenigen Jahren verbreitete er Pamphlete, die stilistisch hochgradig peinlich, inhaltlich aber irgendwo zwischen weltentfremdeter chauvinistischer Larmoyanz und Nazi-Apologetik zu liegen kamen. Nicht umsonst wurde seinem via Internet verbreiteten Nachruf die Zeile „Kein Offizier braucht sich von linken Bessermenschen und Freunden der Mauerschützen etwas vorwerfen zu lassen!“ vorangestellt.
Bernd Huber, bereits erwähnter ÖVP-Parteisoldat aus Salzburg, meint aber – das sei hier ohne Einschränkung anerkannt — anderes als Andenken an Herrmann hochhalten zu müssen. Hajo Herrmann war nämlich nicht nur nach 1945 ein Nazi, sondern hatte sich vor 1945 als Kampfflieger mehrfach bei der Durchführung von Naziverbrechen einen Namen gemacht: Er war am Massenmord der „Legion Condor“ im Kampf gegen die spanische Republik mit mehreren zehntausend Bombenopfern ebenso beteiligt wie etwa an der militärisch sinnlosen vollständigen Zerstörung der zivilen Infrastruktur Warschaus im September 1939 und den terroristischen Bombenangriffen auf englische Städte 1940/1941. Herrmann war somit ganz wesentlich an Entwicklung und Umsetzung des terroristischen Luftkriegs beteiligt. Als hochdekorierter Luftwaffenoffizier und Göring-Vertrauter erteilte er bis in den April 1945 hinein militärisch völlig sinnlose Befehle, die nicht nur die Tötung möglichst vieler alliierter Befreier zum Ziel, sondern auch den Selbstmord der ihm untergebenen Angreifer zur Konsequenz hatten. Herrmann darf somit getrost als moralischer wie geistiger Vorfahre Osama Bin Ladens bezeichnet werden.
Bei ÖVP-Kamerad Huber klingt das so: „Sein soldatischer Werdegang ist beeindruckend“ oder „Trotz hoffnungsloser Unterlegenheit stellten sich die Jagdflieger der Reichsverteidigung den Bomberströmen unter schweren Opfern entgegen, um der geschundenen Zivilbevölkerung noch Schlimmeres ersparen zu helfen.“ Huber macht damit einen wichtigen Protagonisten des terroristischen Luftkriegs Deutschlands zur „beeindruckenden“ Person und einen Massenmörder zum Verteidiger der Zivilbevölkerung. Doch Huber überschreitet auch noch die Grenze zwischen dem in Österreich nicht unüblichen Zurechtzimmern eines möglichst unkritischen Geschichtsverständnisses zum Geschichtsrevisionismus und greift Propaganda des militanten Rechtsextremismus auf: Ganz so wie etwa die NPD und deren gewalttätiger Entourage unterstellt Huber, ein nicht weiter erläutertes „Establishment“ (merke: Huber ist Büroleiter des Salzburger Vizebürgermeisters), habe die Opferzahlen des allierten Luftangriffs auf Dresden vom 12./13. Februar 1945 „kräftig frisiert“.
Huber wischt damit nicht nur vielfach überprüfte und unstrittige Ergebnisse der Geschichtsforschung vom Tisch, sondern bedient sich dabei eines erzählerischen Rahmens, der ihm den Applaus auch von ganz Rechtsaußen sichert. Den Schritt von der typisch-österreichischen Tradition der verweigerten Anerkennung historischer Realitäten, wie sie etwa in der Trauer über die Nichtanerkennung der „Leistungen“ von Soldaten der Wehrmacht vielfach (über fast alle Parteien hinweg) zum Ausdruck kommt, zum offen rechtsextremistischen Erzählrahmen setzt Huber mit der Kombination einer (hinsichtlich der tatsächlichen Ereignisse bzw. Handlungen von Herrmann sehr lückenhaften) Faktenaufzählung mit der Konstruktion eines „Establishments“, das offenkundig finstere Ziele hat und „deutsche“ Opfer relativiert.
Gut möglich, dass Bernd Huber gar nichts mit Rechtsextremismus am Hut haben will und angesichts der Nähe seiner Argumentation zur NPD erschrickt. Gut möglich auch, dass Huber nichts von Herrmanns Aktivität in Nazi-Kreisen wusste (was allerdings nur auf aktives und gewolltes Wegsehen zurückzuführen sein kann). Vielleicht hat er wirklich nur zur Feder gegriffen, weil er sich, wie er sagt, darüber geärgert habe, dass die FAZ den Abdruck einer Todesanzeige für Herrmann (mit Nennung seiner Nazi-Orden) verweigert hatte. Aber selbst wenn dem so ist, stellt sich umso mehr die Frage, wie Huber dazukommt, Geschichtsklitterung mit Argumentationsmustern und Propaganda des aktiven aktuellen Rechtsextremismus zu verbreiten. Welche Bücher liest dieser Mensch? Von welchen Menschen lässt er sich indoktrinieren und zum Schreiben von Artikeln überreden?
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