Was sollen Burschenschafter, bei denen in jedem zweiten Verband als Motto neben „Vaterland“ und „Ehre“ die „Treue“ gilt, mit einem Patrik Brinkmann anfangen, der zunächst bei der NPD, dann bei der Deutschen Volksunion (DVU) und jetzt bei der Pro-Bewegung in Deutschland angedockt hat und auch dort nicht wirklich zufrieden ist: „Es hat sich in den letzen Tagen und Wochen gezeigt, dass pro Deutschland sich nicht so entwickeln wird, wie ich das ursprünglich gedacht hatte.“ (zitiert aus: Gesamtrechts)
Patrick Brinkmann, Heinz-Christian Strache und Filip Dewinter am heurigen WKR-Ball – Faksimile der Pro-NRW-Seite
Brinkmann, der schwedische Millionär, der in seiner Heimat zwar wegen Steuerhinterziehung in erster Instanz zu acht Monaten verurteilt, in der Berufung aber wegen Verjährung freigesprochen wurde, ist nicht gerade der richtige Aufputz für den Ball, der noch immer in der repräsentativsten Immobilie der Republik, der Hofburg, abgehalten wird. Brinkmann, der einen Staat Preußen fordert und nach dem Ball gleich wieder nach Israel gereist ist, um dort mit den extremen Rechten zu konferieren – da wird so manchem Korporierten das Bier im Glas sauer geworden sein.
Was waren das noch für Zeiten, wo der alte Haudegen Le Pen vom Front National am Ball herumwirbelte! Mittlerweile hat er den politischen Löffel an seine Tochter Marine abgegeben. Nach Wien gekommen ist nur der ewige Zweite, Bruno Gollnisch, der auch mit seiner Kandidatur um den Vorsitz des Front National gegen Marine Le Pen grandios untergegangen ist. Immerhin war er schon wegen Holocaust-Leugnung angeklagt gewesen. Das Urteil wurde vom Berufungsgericht wieder aufgehoben, weil Gollnisch geltend machte, dass seine angeklagten Sätze von den Journalisten verfälscht worden seien. Die von den Journalisten angezeigten Sätze, die leider nicht aufgezeichnet waren („Ich bestreite nicht die Existenz der Konzentrationslager, aber was die Anzahl der Toten betrifft, könnten Historiker darüber diskutieren. Was die Existenz von Gaskammern angeht, so müssen Historiker darüber entscheiden“), könnten immerhin zu angeregten Diskussionen am Ball mit John Gudenus einerseits und Patrik Brinkmann andererseits geführt haben.
Die weiteren Ehrengäste sind ebenfalls am absteigenden Ast: Filipp Dewinter vom Vlaams Belang (die rechtsextreme Partei schwächelt, seit sie Konkurrenz erhalten hat), Jacques Cordonnier von der Rechtspartei Elsaß zuerst (Alsace d’abord) und Markus Beisicht von der Bewegung Pro Köln, der früher bei der CDU, dann bei den rechtsextremen Republikanern und später bei der Deutschen Liga für Volk und Heimat zuhause war, bevor er „Pro“ wurde. Pro Köln, Pro NRW und Pro Deutschland stehen unter heftiger Betreuung der FPÖ, kommen aber nicht recht vom Fleck. Das hängt zumindest teilweise damit zusammen dass die Pro-Partei von der Partei „Die Freiheit“ des Rene Stadtkewitz jedenfalls in Berlin Konkurrenz erhält. Ob Stadtkewitz auch beim Burschi-Ball zugegen war, ist unbekannt. Jedenfalls traf sich die gesamte Mispoche (ohne Gollnisch, dafür mit Mölzer) nach dem Ball wieder in Israel und fühlte sich durch die Anwesenheit des erfolglosen republikanischen Präsidentschaftskandidaten und Rechtsaußen Mike Huckabee hoch geehrt in ihren internationalen Ambitionen.
Möglich, dass die harten Rechtsextremisten, die sich in den vergangenen Jahren am Burschenschafterball tummeln durften (vom Hardcore-Nazi Jörg Hähnel über Enrique Ravello bis hin zu Andreas Molau und Matthias Faust) diesmal in den Hofburg-Keller gesperrt wurden.
Augenscheinlich ist, dass die FPÖ derzeit großen Wert legt auf die Weichspüler-Fraktion der internationalen extremen Rechten, die gemeinhin unter dem Begriff Rechtspopulismus zusammengefasst wird. Schließlich soll ja Regierungsfähigkeit demonstriert werden. Andreas Mölzer jedenfalls überschlägt sich in „Zur Zeit“ in seiner Würdigung des Ereignisses und jubelt über „Zwei‑, Dreitausend hochbürgerliche, zweifelsfrei geradezu überkultivierte Menschen in langen Abendkleidern, Frack und Smoking“.
Als Eröffnungsredner wurde einer ausgewählt, der gut in das Weichspüler-Programm passt: Universitätsprofessor Christian Neschwara von der Burschenschaft Gothia, die innerhalb der Deutschen Burschenschaften nicht zu den ganz rechten zählt, obwohl sich in ihr schon erheblicher historischer Ballast angesammelt hat: der rabiate Antisemit Ritter von Schönerer etwa oder der Nazi-Dichter Mirko Jelusich). Neschwara, der früher auch bei der Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM) aktiv war, bemühte sich vergeblich, den unpolitischen Charakter der Veranstaltung herauszustreichen.