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Graz: Verstockter Stocker

Am 24.11. fand die münd­li­che Ver­hand­lung im ers­ten Pro­zess statt, den der Sto­cker Ver­lag gegen eine Akti­vis­tin von May­day Graz ange­strengt hat­te. Gegen­stand die­ses Ver­fah­ren ist die Kri­tik in der Bro­schü­re „Das Herz am rech­ten Fleck. Der Leo­pold Sto­cker Ver­lag und die rechts­extre­me Sze­ne” am Buch „Rei­ten für Russ­land” des Rechts­extre­mis­ten Hein­rich Jor­dis Lohau­sen. Zum Stand des […]

10. Dez 2010

Zum Stand des Ver­fah­rens geben wir eine Mit­tei­lung von May­day Graz wie­der. Der Sto­cker-Ver­lag hat sich dem­nach im Ver­fah­ren auch wegen der fort­dau­ern­den kri­ti­schen Bericht­erstat­tung beschwert. Ja, was glaubt denn der Stocker?

Das Mach­werk „Rei­ten für Russ­land“ aus dem Stocker-Verlag

iden­ti­fi­ziert ver­bor­gen und glo­bal agie­ren­de „Geld­mäch­te” als die eigent­lich trei­ben­den Kräf­te hin­ter dem Welt­ge­sche­hen, die sowohl für die Okto­ber­re­vo­lu­ti­on 1917 als auch für die bei­den Welt­krie­ge ver­ant­wort­lich sei­en. Stell­ver­tre­tend für die­se „Mäch­te”, denen Deutsch­land zwei­mal im Weg gestan­den sei und zu deren „Fes­ti­gung” zwei Welt­krie­ge geführt wor­den sei­en, nann­te Lohau­sen „Mr Baruch” und „New Yor­ker Bankhäuser”.

Die AutorIn­nen die­ser Bro­schü­re hat­ten die­se Pas­sa­ge als anti­se­mi­ti­sche Codie­rung und anti­se­mi­ti­sche Het­ze bezeich­net – was soll es denn sonst sein, wenn eine jüdi­sche Macht für die Ent­fes­se­lung des 1. und 2. Welt­kriegs ver­ant­wort­lich gemacht wird? Das Gras ist in der Regel grün, der Him­mel blau und wenn jemand von Geld­mäch­ten im Hin­ter­grund fabu­liert, die zwei Welt­krie­ge ver­schul­det hät­ten und als deren Ver­tre­ter ein Mr. Baruch agier­te, dann ist das antisemitisch. 

Doch bei der Ver­hand­lung behaup­te­te der Geschäfts­füh­rer Wolf­gang Dvo­rak-Sto­cker bzw. sein Anwalt, die­se Buch­aus­zü­ge könn­ten gar nicht anti­se­mi­tisch sein, weil es doch einen Mr. Baruch tat­säch­lich gege­ben und er eine wesent­li­che Rol­le im 1. Welt­krieg gespielt habe. Nun war ein Bör­sen­fach­mann namens Baruch tat­säch­lich als Bera­ter ame­ri­ka­ni­scher Prä­si­den­ten tätig gewe­sen. Die Behaup­tung, er habe den 1. Welt­krieg zu ver­ant­wor­ten und hand­le als Teil einer glo­ba­len Macht, stammt aller­dings aus der NS-Pro­pa­gan­da und aus einer Tra­di­ti­on anti­se­mi­ti­scher Angrif­fe ein­schlä­gi­ger rechts­extre­mer AutorIn­nen wie Jan Van Hel­sing. Die Argu­men­ta­ti­on der Klä­ger ist unge­fähr ver­gleich­bar mit einer Behaup­tung wie, der Film „Jud Süß” sei nicht anti­se­mi­tisch, weil ein Herr namens Süß Oppen­hei­mer (auf den sich der Film beruft) exis­tiert hat­te — was nie­mand ernst­haft auch nur den­ken würde.

Es ver­wun­dert daher nicht mehr, dass sich der Ver­lag in sei­nen Schrift­sät­zen mit Hän­den und Füßen dage­gen gewehrt hat­te, einen Ver­tre­ter oder eine Ver­tre­te­rin der wis­sen­schaft­li­chen Anti­se­mi­tis­mus­for­schung zu Wort kom­men zu las­sen, wie es die Anwäl­tin der geklag­ten Akti­vis­tin ver­langt hatte.

Außer­dem beschwer­te sich der Sto­cker Ver­lag, dass auf der Web­sei­te von May­day wei­te­re kri­ti­sche Tex­te zum Ver­fah­ren ver­öf­fent­licht sind und dass im Novem­ber erneut — trotz der zwei Pro­zes­se — ein Info­stand statt­ge­fun­den hat­te, bei dem die Bro­schü­re ver­teilt wur­de. May­day Graz sieht kei­nen Grund, die Ver­öf­fent­li­chung der vom Ver­lag geklag­ten Tex­te ein­zu­stel­len oder auf Info­stän­de zu verzichten.

Es ist bedau­er­lich genug, dass ein Buch her­aus­ge­bracht wur­de, in dem eine sol­che anti­se­mi­tisch codier­te Ver­schwö­rungs­theo­rie ver­brei­tet wird. Aber es ist gera­de­zu absurd, dass wir uns auf einen Pro­zess ein­las­sen müs­sen, nur um unser Recht zu ver­tei­di­gen, die­se Pas­sa­gen auch als anti­se­mi­ti­sche Stim­mungs­ma­che bezeich­nen zu dürfen!!

Übri­gens: Die Bro­schü­re „Das Herz am rech­ten Fleck. Der Leo­pold Sto­cker Ver­lag und die rechts­extre­me Sze­ne” gibt’s zum Down­load auf unse­rem neu­en Blog maydaygraz.wordpress.com.

Pro­zes­se kos­ten Geld — wer uns unter­stüt­zen will:

Spar­buch Nr. 32 22 61 85, BLZ 38 000,
Bezeich­nung „MayDay2000 Graz”
Ver­wen­dungs­zweck: Stocker-Prozess“.

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