Gottfried Küssel (Wien): Schraube locker?

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Die Nazis von Alpen-Donau geben einem ihrer Gran­den aus­nahms­wei­se eine per­sön­li­che Büh­ne. Gott­fried Küs­sel darf sich über Rund­brief vom 5.12.2010 an sei­ne Kame­ra­dIn­nen wen­den. Alpen-Donau berich­tet am 8.12. unter dem Titel „Mord­an­schlag auf Gott­fried Küs­sel“ über einen Vor­fall, der sich am 5.12. ereig­net haben soll.

Die Sto­ry ist schnell erzählt, Küs­sel braucht etwas län­ger dafür: Küs­sel reist im PKW „am spä­ten Vor­mit­tag“ mit gesam­ter Fami­lie (Frau, 3 Kin­der) zu einem Sport­tur­nier, an dem die Ältes­te teil­nimmt, nach Oberösterreich.

Auf dem Weg dort­hin stellt er fest, dass mit ihm bzw. sei­nem PKW etwas nicht stimmt: Schrau­be locker! „Zu mei­nem Ent­set­zen“, so Küs­sel dra­ma­tisch, bemerk­te er locke­re Schrau­ben am lin­ken (!) hin­te­ren Auto­rei­fen. Wer ist schuld dar­an? Eh klar, die „Schmutz­kü­bel­kam­pa­gne, die von Krei­sen der Grü­nen und sons­ti­ger ‚Anti­fa­schis­ten‘, lan­ciert und geför­dert wur­de“. Der anti­fa­schis­ti­sche Kampf, so der empör­te Bür­ger und Fami­li­en­mensch Küs­sel, schre­cke vor Mord und Tot­schlag nie zurück, die Anti­deut­schen schon gar nicht vor fei­gen Anschlä­gen, „die auch das Leben von Kin­dern kos­ten“.

Küs­sel – oder Alpen-Donau oder bei­de? – kom­men­tie­ren dann noch, dass sich Küs­sel nicht über den „fei­gen Mord­an­schlag“ beschwe­ren wol­le und „wir nicht in Trä­nen über den offe­nen Ter­ro­ris­mus des Anti­fa­schis­mus ver­gie­ßen (wol­len)”. Nun ja, ein Deutsch-Kurs wür­de den Nazis wirk­lich nicht scha­den, aber dar­um geht’s nicht prioritär.

Der Schluss­satz lau­tet näm­lich: „Gewis­se Krei­se im Anti­fa-Milieu soll­ten dann aber auch nicht über eine Ant­wort ver­wun­dert sein. Auch Anti­fa­schis­ten haben Namen und Adressen.”


Nicht nur eine Schrau­be locker? (Fak­si­mi­le der Tages­zei­tung „Öster­reich”)

Küs­sel ist im Stress: Haus­durch­su­chung wegen Ver­dachts des Ver­bre­chens nach dem Ver­bots­ge­setz, Anzei­ge wegen Ver­dacht der (schwe­ren) Kör­per­ver­let­zung und Wie­der­be­tä­ti­gung in Wie­ner Neu­stadt und eine Schrau­be locker! Für einen treu sor­gen­den Fami­li­en­va­ter ist das hea­vy. Noch dazu, wo er sofort (am Sonn­tag!) sei­nen Rei­fen­ser­vice ange­ru­fen hat, der ihm erklär­te, dass „ein Feh­ler bei der Mon­ta­ge undenk­bar“ sei. Na, das wol­len wir auch hof­fen, dass die Rei­fen-Tech­ni­ke­rIn­nen die Schrau­ben anzie­hen kön­nen! Noch dazu, wenn „jeder Wagen von ver­schie­de­nen Kon­trol­leu­ren noch ein zwei­tes Mal ‚aus­gangs­kon­trol­liert’ ” wird. Es dürf­te sich dabei um eine VIP-Werk­stät­te für Edel-Neo­na­zis han­deln, denn der­ar­ti­ge „Aus­gangs­kon­trol­len“ sind in der Bran­che weit­ge­hend unbe­kannt. „Aus­gangs­kon­trol­len“ kön­nen auch am eigent­li­chen Pro­blem, dass sich Schrau­ben (bzw. Mut­tern) nach einem Rei­fen­wech­sel nach meh­re­ren hun­dert Kilo­me­tern lockern kön­nen, nichts ändern. Im „Welt­netz“, das Küs­sel ja nicht völ­lig unbe­kannt ist, beschäf­ti­gen sich vie­le Sei­ten mit dem Pro­blem sich lockern­der Schrau­ben. Ser­vice von uns:

wer-weiss-was.de
merkur-online.de

Für uns drängt sich der Ver­dacht auf, dass sich die Alpen-Nazis eine ordent­lich melo­dra­ma­ti­sche Geschich­te zurecht gerich­tet haben, um ihre eige­nen Aggres­sio­nen zu legitimieren.

Über­trie­ben? Wohl kaum, denn auf der Web­site „Natio­na­le Revo­lu­ti­on“ träumt ein „Kame­rad“ schon von der adäqua­ten Reak­ti­on (in pro­fes­sio­nel­ler deut­scher Sprache!):

Als Tipp hier nur schön wäre es wenn die­ser Fun­ke eine Moschee in einem Pro­blem­vier­tel ent­zün­den wür­de. Die Isla­mis­ti­sche reak­ti­on wäre über­aus aggre­si­ve. So könn­te eine Art Bür­ger­krieg los­ge­tre­ten wer­den bei dem der Bür­ger die Wahl tref­fen muss: Übe­le­ben oder Untergehen.
Mal sehen was kommt!

Zusam­men­fas­send: Küs­sel fährt am 5.12. am spä­ten Vor­mit­tag nach Ober­ös­ter­reich, bemerkt auf der Fahrt locke­re Schrau­ben am Rei­fen, ruft sei­ne Werk­statt am Sonn­tag an, die ihm angeb­lich die Sto­ry mit den Aus­gangs­kon­trol­len erzählt, nimmt trotz Ver­zö­ge­rung am Wett­kampf sei­ner Toch­ter teil, fährt zurück nach Wien und schreibt am glei­chen Tag noch sei­nen schwuls­ti­gen Mord-Rund­brief. Er geht anschei­nend nicht zur Poli­zei („So wie Gott­fried Küs­sel sich über die Repres­si­on und den fei­gen Mord­an­schlag nicht ‚beschwert‘“, schreibt Alpen-Donau), son­dern zu sei­nen Freun­den, die mit Ver­gel­tung dro­hen. Ver­gel­tung wofür? Für eine locke­re Schrau­be, von der Küs­sel behaup­tet, sie sei von gewis­sen Krei­sen mani­pu­liert wor­den?! Bei den Nazis ist nicht nur eine Schrau­be locker!

Sie­he auch: oe24.at — Neo­na­zis atta­ckie­ren Strache