Die Story ist schnell erzählt, Küssel braucht etwas länger dafür: Küssel reist im PKW „am späten Vormittag“ mit gesamter Familie (Frau, 3 Kinder) zu einem Sportturnier, an dem die Älteste teilnimmt, nach Oberösterreich.
Auf dem Weg dorthin stellt er fest, dass mit ihm bzw. seinem PKW etwas nicht stimmt: Schraube locker! „Zu meinem Entsetzen“, so Küssel dramatisch, bemerkte er lockere Schrauben am linken (!) hinteren Autoreifen. Wer ist schuld daran? Eh klar, die „Schmutzkübelkampagne, die von Kreisen der Grünen und sonstiger ‚Antifaschisten‘, lanciert und gefördert wurde“. Der antifaschistische Kampf, so der empörte Bürger und Familienmensch Küssel, schrecke vor Mord und Totschlag nie zurück, die Antideutschen schon gar nicht vor feigen Anschlägen, „die auch das Leben von Kindern kosten“.
Küssel – oder Alpen-Donau oder beide? – kommentieren dann noch, dass sich Küssel nicht über den „feigen Mordanschlag“ beschweren wolle und „wir nicht in Tränen über den offenen Terrorismus des Antifaschismus vergießen (wollen)”. Nun ja, ein Deutsch-Kurs würde den Nazis wirklich nicht schaden, aber darum geht’s nicht prioritär.
Der Schlusssatz lautet nämlich: „Gewisse Kreise im Antifa-Milieu sollten dann aber auch nicht über eine Antwort verwundert sein. Auch Antifaschisten haben Namen und Adressen.”
Nicht nur eine Schraube locker? (Faksimile der Tageszeitung „Österreich”)
Küssel ist im Stress: Hausdurchsuchung wegen Verdachts des Verbrechens nach dem Verbotsgesetz, Anzeige wegen Verdacht der (schweren) Körperverletzung und Wiederbetätigung in Wiener Neustadt und eine Schraube locker! Für einen treu sorgenden Familienvater ist das heavy. Noch dazu, wo er sofort (am Sonntag!) seinen Reifenservice angerufen hat, der ihm erklärte, dass „ein Fehler bei der Montage undenkbar“ sei. Na, das wollen wir auch hoffen, dass die Reifen-TechnikerInnen die Schrauben anziehen können! Noch dazu, wenn „jeder Wagen von verschiedenen Kontrolleuren noch ein zweites Mal ‚ausgangskontrolliert’ ” wird. Es dürfte sich dabei um eine VIP-Werkstätte für Edel-Neonazis handeln, denn derartige „Ausgangskontrollen“ sind in der Branche weitgehend unbekannt. „Ausgangskontrollen“ können auch am eigentlichen Problem, dass sich Schrauben (bzw. Muttern) nach einem Reifenwechsel nach mehreren hundert Kilometern lockern können, nichts ändern. Im „Weltnetz“, das Küssel ja nicht völlig unbekannt ist, beschäftigen sich viele Seiten mit dem Problem sich lockernder Schrauben. Service von uns:
wer-weiss-was.de
merkur-online.de
Für uns drängt sich der Verdacht auf, dass sich die Alpen-Nazis eine ordentlich melodramatische Geschichte zurecht gerichtet haben, um ihre eigenen Aggressionen zu legitimieren.
Übertrieben? Wohl kaum, denn auf der Website „Nationale Revolution“ träumt ein „Kamerad“ schon von der adäquaten Reaktion (in professioneller deutscher Sprache!):
Als Tipp hier nur schön wäre es wenn dieser Funke eine Moschee in einem Problemviertel entzünden würde. Die Islamistische reaktion wäre überaus aggresive. So könnte eine Art Bürgerkrieg losgetreten werden bei dem der Bürger die Wahl treffen muss: Übeleben oder Untergehen.
Mal sehen was kommt!
Zusammenfassend: Küssel fährt am 5.12. am späten Vormittag nach Oberösterreich, bemerkt auf der Fahrt lockere Schrauben am Reifen, ruft seine Werkstatt am Sonntag an, die ihm angeblich die Story mit den Ausgangskontrollen erzählt, nimmt trotz Verzögerung am Wettkampf seiner Tochter teil, fährt zurück nach Wien und schreibt am gleichen Tag noch seinen schwulstigen Mord-Rundbrief. Er geht anscheinend nicht zur Polizei („So wie Gottfried Küssel sich über die Repression und den feigen Mordanschlag nicht ‚beschwert‘“, schreibt Alpen-Donau), sondern zu seinen Freunden, die mit Vergeltung drohen. Vergeltung wofür? Für eine lockere Schraube, von der Küssel behauptet, sie sei von gewissen Kreisen manipuliert worden?! Bei den Nazis ist nicht nur eine Schraube locker!
Siehe auch: oe24.at — Neonazis attackieren Strache