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Brauner „Antikriegstag“ mit österreichischer Beteiligung

Am 4. Sep­tem­ber 2010 fin­det zum sechs­ten Mal der „Natio­na­le Anti­kriegs­tag” in Dort­mund statt. Auch der öster­rei­chi­sche Alt­neo­na­zi Gott­fried Küs­sel wird – wie auch in den ver­gan­ge­nen Jah­ren – bei die­ser Ver­an­stal­tung eine Rede hal­ten. Aber ganz ohne Krieg kom­men sie dann doch nicht aus: So sprach Küs­sel 2008 von Krieg als erlaub­tes Mit­tel, „wenn […]

5. Aug 2010

Aber ganz ohne Krieg kom­men sie dann doch nicht aus: So sprach Küs­sel 2008 von Krieg als erlaub­tes Mit­tel, „wenn es um über­le­bens­not­wen­di­ge Bedürf­nis­se des Volks­gan­zen geht”. Was sich gegen die „Bedürf­nis­se des Volks­gan­zen” stellt, führt Küs­sel wei­ter aus: „Durch fana­ti­sier­tes Umer­zie­hen des Deut­schen Vol­kes wur­de unse­rem Vol­ke das Erlern­te wie­der genom­men und aberzo­gen, so daß wir heu­te vor einer Situa­ti­on ste­hen, die unbe­frie­di­gen­der und bekämp­fens­wer­ter nicht sein kann.”


Gott­fried Küs­sel, Bild­quel­le: u‑berg.at

„Umer­zie­hung des deut­schen Vol­kes” sind Codes von Neo­na­zis und Rechts­extre­men. Damit mei­nen sie die angeb­li­che „Umer­zie­hung” durch die Alli­ier­ten. Die „Ent­na­zi­fi­zie­rung”, aber auch die Nie­der­schla­gung Nazi-Deutsch­lands selbst und die dar­auf fol­gen­de Demo­kra­tie sind, aus der Sicht von Neo­na­zis, Tei­le die­ser „Umer­zie­hung”, die sich gegen einen ange­nom­me­nen „Wil­len des deut­schen Vol­kes” richtet.

Oft wird die „Umer­zie­hung” auch mit anti­se­mi­ti­schen Argu­men­ten begrün­det, so waren es laut Alt- und Neo­na­zis Juden und Jüdin­nen, die Nazi-Deutsch­land den Krieg erklär­ten und die die­se „Umer­zie­hung” vor­an­ge­tri­ben hät­ten, um, so die Argu­men­ta­ti­on von Neo­na­zis, „das deut­sche Volk zu zer­stö­ren”. Daher ver­wun­dert es nicht, wenn Küs­sel 2008 wei­ter aus­führt, das eine „sich ‚deutsch’ nen­nen­de Regie­rung, in Wahr­heit aber in libe­ral­ka­pi­ta­lis­ti­sche glo­ba­le Net­ze ein­ge­wo­ben unse­re (sic!) Sol­da­ten welt­weit für nicht­deut­sche Inter­es­sen in den Tod [schickt].” „Libe­ral­ka­pi­ta­lis­ti­sche glo­ba­le Net­ze” ist wie­der ein Code von Neo­na­zis und Rechts­extre­men, sie mei­nen damit Juden und Jüdin­nen, die für sie für Libe­ra­lis­mus, Kapi­ta­lis­mus und Glo­ba­li­sie­rung ver­ant­wort­lich seien.

Die WNO – Wie­ner Nach­rich­ten Online (nach eige­ner Defi­ni­ti­on „Allg. Nach­rich­ten, wahr­heits­ge­treu und ohne lin­ke Lügen!”), ein der AFP — Arbeits­ge­mein­schaft für demo­kra­ti­sche Poli­tik nahe ste­hen­des Info­por­tal, gibt eine Aus­sendung des deut­schen Neo­na­zis Chris­ti­an Worch zum „Natio­na­len Anti­kriegs­tag 2008” wie­der. Dar­in zitiert die­ser Her­bert Schwei­ger, „Kriegs­frei­wil­li­ger der Waf­fen-SS und letzt­lich im Ran­ge eines Unter­sturm­füh­rers” (so Worch) mit fol­gen­den Wor­ten: „Damals beim Mili­tär hät­ten wir gesagt: Manö­ver­ziel erreicht!”, durf­te der 86 jäh­ri­ge Schwei­ger doch noch ein­mal vor so vie­len Gleich­ge­sinn­ten sprechen.

Worch führt wei­ter aus: „Zusätz­lich zu den sons­ti­gen Auf­ga­ben kam noch hin­zu die Koor­di­na­ti­on und Betreu­ung aus­län­di­scher Kame­ra­den­grup­pen. Die­se waren aus ins­ge­samt sechs euro­päi­schen Natio­nen ange­reist: Bel­gi­en, Bul­ga­ri­en, Eng­land, Frank­reich, die Nie­der­lan­de und Tsche­chi­en.” Dass auch eine öster­rei­chi­sche Kame­ra­den­grup­pe anwe­send war, hat er nicht ver­ges­sen, denn für Worch sind die­se offen­bar gleich­zu­set­zen mit deut­schen Grup­pen. Die­ser Logik fol­gend schreibt er wei­ter: „Berück­sich­tigt man, daß Her­bert Schwei­ger und Gott­fried Küs­sel als Bür­ger der Repu­blik Öster­reich de jure auch Aus­län­der sind, obwohl sie dem deut­schen Vol­ke ange­hö­ren, wäre inso­fern gese­hen der Anteil tat­säch­lich oder pro-for­ma aus­län­di­scher Red­ner gegen­über den (bundes-)deutschen sogar drei zu eins gewesen.”

Ein Bei­trag von bnr.de — blick nach rechts: Brau­ner „Anti­kriegs­tag“

Brau­ner „Anti­kriegs­tag“

Zum sechs­ten Mal hin­ter­ein­an­der wol­len Neo­na­zis in die­sem Jahr am ers­ten Sams­tag im Sep­tem­ber in Dort­mund aufmarschieren.

Der „Natio­na­le Anti­kriegs­tag“ in der West­fa­len­me­tro­po­le ist zu einem fes­ten Ter­min im Kalen­der der bun­des­deut­schen Neo­na­zi-Sze­ne gewor­den. Von 240 Teil­neh­mern beim ers­ten Anlauf Anfang Sep­tem­ber 2005 stieg die Teil­neh­mer­zahl bis 2008 kon­ti­nu­ier­lich auf 1200. Im vori­gen Jahr muss­ten die Ver­an­stal­ter einen Rück­schlag hin­neh­men: Nur 700 „Kame­ra­den“ kamen. Das hat­te zwei Ursa­chen: Zum einen war ein Ver­bot des Poli­zei­prä­si­den­ten erst am Tag vor der Ver­an­stal­tung auf­ge­ho­ben wor­den. Zum ande­ren muss­ten sich die Neo­na­zis mit einer sta­tio­nä­ren Kund­ge­bung ohne Demons­tra­ti­ons­zug durch die Stadt zufrie­den geben.

Dies­mal, am 4. Sep­tem­ber, sol­len es nach der Vor­stel­lung der Orga­ni­sa­to­ren rund um Den­nis Giemsch, der als „Kopf“ der „Auto­no­men Natio­na­lis­ten“ im öst­li­chen Ruhr­ge­biet gilt, wie­der deut­lich mehr Teil­neh­mer wer­den. Als Red­ner sind nach der­zei­ti­gem Stand Pierre Krebs vom „Thu­le-Semi­nar“, Gott­fried Küs­sel, Alt-Neo­na­zi aus Öster­reich, Andy Kna­pe, der Lan­des­vor­sit­zen­de der Jun­gen Natio­nal­de­mo­kra­ten in Sach­sen-Anhalt, Chris­ti­an Worch sowie Giemsch selbst vor­ge­se­hen, der im vori­gen Jahr in sei­nem Rede­bei­trag Hit­ler als „gro­ßen deut­schen Poli­ti­ker“ gefei­ert hat­te. Außer­dem soll es wie in den vori­gen Jah­ren „Gruß­wor­te“ ver­schie­de­ner ande­rer extrem rech­ter Grup­pen aus Euro­pa geben.

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