Anfrage
der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde an den Präsidenten des Nationalrates
betreffend NS-Glorifizierung, Antisemitismus und Rassismus: René Schimanek und sein E‑Mail-Verkehr
BEGRÜNDUNG
Den unterzeichnenden Abgeordneten liegen eine Reihe von E‑Mails vor, die hier auszugsweise wiedergegeben werden und in denen auch der Name René Schimanek, aktueller Büroleiter des Nationalratspräsidenten Dr. Walter Rosenkranz, auftaucht.
Die Mail-Verläufe, die aus den Jahren 2010 bis 2015 stammen, legen nahe, dass sich René Schimanek mit seinem Bruder Hans Jörg Schimanek jun. und anderen Männern, die zumindest teilweise aus der neonazistischen Szene stammen, regelmäßig ausgetauscht hat.
Hans Jörg Schimanek jun. saß in den 1990er-Jahren wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung eine mehrjährige Haftstrafe ab. Nicht nur die jüngsten Enthüllungen rund um die mutmaßlich rechtsterroristische Gruppe „Sächsische Separatisten“ („SS“) [1], bei der alle drei Söhne von Hans Jörg Schimanek jun. als Beschuldigte geführt werden und der Vater in den Akten als Finanzier der Gruppe vermutet wird, lassen vermuten, dass H.J. Schimanek jun. seit Jahrzehnten bruchlos der nationalsozialistischen Ideologie anhängt und nach wie vor in der Szene verankert ist. Medienberichten zufolge wird aktuell seitens der Staatsanwaltschaft Wien gegen H.J. Schimanek jun. wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung ermittelt werden. Zudem wurde bekannt, dass auch gegen René Schimanek Ermittlungen laufen.[2]
René Schimanek behauptet, mit der Causa nichts zu tun zu haben.[3] Der direkte E‑Mail-Kontakt mit mindestens zwei Personen (Hans Jörg Schimanek jun., Sprengstoffexperte Mag. Dr. Alfred Kappl), die aktuell in den Akten der deutschen Behörden wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer rechtsterroristischen Vereinigung geführt werden, wirft ein anderes Licht auf René Schimanek. Zumal der Inhalt der Mails auf ein Sittenbild und eine ideologische Prägung verweist, die dem mutmaßlichen Täterkreis und der neonazistischen, rechtextremen Szene insgesamt alles andere als fremd ist.
Die Mails
1. Nach den Unterlagen, die den unterzeichnenden Abgeordneten vorliegen, richtete René Schimanek am 7. Mai 2010 von der Mailadresse [email protected] ein Mail an akapplxxxxx, xxxxx@xxxxx und donauwalzer1xxxxx und unterzeichnet das Mail mit „Üblicher Gruß“.
Die Adresse mit „akappl“ wird im Internet öffentlich verwendet vom Sprengstoffexperten Mag. Dr. Alfred Kappl, einem aus Krems stammenden langjährigen Bekannten der Familie Schimanek, der auch in den neueren Berichten zu den „Sächsischen Separatisten“ mehrfach Erwähnung findet: Er soll laut Ermittlungsakten vom Hauptbeschuldigten im Komplex „Sächsische Separatisten“, Jörg S., einen Schalldämpfer erworben haben. Außerdem wird er mit der Testung von ballistischen Schutzplatten und der Absolvierung von Schießtrainings sowie eines Sprengkurses von Jörg S. in Verbindung gebracht. Hinter dem Mailaccount „donauwalzer1“ dürfte sich H.J. Schimanek jun. verbergen, wie aus weiteren Mails hervorgeht.
René Schimanek verweist in seinem Mail auf eine Dokumentation des Senders N24 aus dem Jahr 2009[4], die in rund 42 Minuten eine geheime Tonbandaufzeichnung vom 4. Juni 1942 abhandelt. In einem Eisenbahnwagon in Finnland wurde ein Gespräch von Adolf Hitler mit dem finnischen Oberkommandierenden Generalfeldmarschall Karl Gustav Mannerheim aufgezeichnet. René Schimanek empfiehlt „unbedingt“ die originalen, unkommentierten Tonbandaufzeichnungen („Hitler talking to Mannerheim Part 1 und 2”) anzuhören. Wenn man diese anhöre, werde „klar, warum sie kommentiert wurde!!!“. Den Konsum der kommentierten Aufzeichnungen, also die N24-Doku, empfiehlt er den „Masochisten unter Euch“. „Soviel zu Manipulation und wahrer Geschichtsfälschung!!“, führt René Schimanek weiter aus. Es ist naheliegend, dass Schimanek die Vorwürfe der „Manipulation“ und „Geschichtsfälschung“ gegen die N24-Doku erhebt.
Laut der N24-Dokumentation sei das Tonband deshalb bemerkenswert, weil sie die einzigen Aufnahmen von Adolf Hitler seien, in denen er frei und ruhig spricht, außerdem widersprächen sie der inszenierten nationalsozialistischen Propaganda, in der Hitler als disziplinierter Übermensch dargestellt werde. Hitler wird in weiter Folge als „einer der schlimmsten Massenmörder und Diktatoren der Weltgeschichte“ bezeichnet, der sich in den Aufnahmen „nicht als schreiender Schauspieler auf der Weltbühne, sondern als menschenverachtender Dämon, der die ganze Kraft seiner Persönlichkeit nutzt, um einem anderen Mann seinen Willen aufzuzwingen“ zeige. Die Aufnahme gäben „einen Einblick in die wahnwitzige Gedankenwelt einer der entsetzlichsten Menschen in der Geschichte“.
Die Dokumentation stellt Hitler als manipulativen Lügner und Agitator dar und belegt diese Behauptung mit dem Inhalt der Tonbandaufnahmen im historischen Kontext. Das Ziel von Hitlers Reise nach Finnland sei weniger eine Höflichkeit zu Ehren des Geburtstags des finnischen Oberbefehlshabers gewesen, sondern Finnland davon zu überzeugen, weiter an der Seite Deutschlands gegen die Sowjetunion zu kämpfen. So log Hitler über Gespräche mit der Sowjetunion während deren Angriff auf Finnland und behauptete, immer das Wohl Finnlands im Auge gehabt zu haben. Er verschwieg außerdem, dass Deutschland im Hitler-Stalin-Pakt Finnland der Sowjetunion zugesprochen hatte. Die Dokumentation endet damit, „dass die von Deutschland verratenen Finnen“ zwei Jahre nach diesem Gespräch einen Separatfrieden mit der Sowjetunion unterzeichneten, worauf Hitler einen „Krieg der verbrannten Erde“ gegen Finnland ausrief. Am Schluss wird auf den Holocaust Bezug genommen.
Bemerkenswert ist zudem, dass René Schimanek dieses Mail von seiner dienstlichen Adresse (parlament.gv.at) aus verschickte. Den E‑Mail-Headerinformationen ist eindeutig zu entnehmen, dass das Mail über den Server des Parlaments verschickt wurde.
Daraus gehen die folgenden IP-Adressen hervor: 161.110.1.152, 161.110.1.126
2. Laut den Unterlagen, die den unterzeichnenden Abgeordneten vorliegen, versendete René Schimanek am 4. November 2013 um 11:23 Uhr ein an seinen Bruder gerichtetes Mail mit dem Betreff: „Gleiche unter sich“ und dem Text:
„Ja, so kann gehen im Busch!!!!
http://m.youtube.com/watch?v=GhxqIITtTtU“
Unter dem Link ist noch immer ein Video abrufbar, in dem bewaffnete Schwarze Menschen zu sehen sind, die ein Sturmgewehr einem herbeikommenden Schimpansen überlassen. Dieser beginnt dann damit zu schießen, sodass die Männer flüchten müssen.
H.J. Schimanek jun. leitete das Mail mutmaßlich wiederum an Sören Brühl weiter, der darauf antwortete:
„Ja,aber kleine Affe mehr schlau,als große Affe!!!!“
Abgesehen von rassistischem Betreff und Begleittext ist bemerkenswert, dass René Schimanek das Mail diesmal über seinen Partei-Account verschickt hat – mit einer Signatur, die unabhängig vom Inhalt des Mails die Frage aufwirft, ob die FPÖ den Büroleiter ihres Partei-Generalsekretariats in einer Räumlichkeit des Parlaments untergebracht hatte:
Rene Schimanek
Büroleitung
Generalsekretariat der FPÖ
Parlament, 1017 Wien
Tel.: +43 — 1 — 40 110 – 7211
Fax: +43 — 1 — 40 110 – 7098
3. Laut den Unterlagen, die den unterzeichnenden Abgeordneten vorliegen, leitete H.J. Schimanek jun. am 21. April 2015 um 16:30 Uhr ein Mail an René Schimanek, Sören Brühl und den Account grossdeutschlandxxxxx mit dem Betreff „Geburtstag“ weiter. Das Ursprungsmail, geschrieben am 20.04.2015, also an Hitlers Geburtstag, stammt vom Account thormoeckxxxx, der mutmaßlich dem früheren Geschäftspartner von H.J. Schimanek jun., Thorsten Moeck[5], zuzuordnen ist. Moeck verschickte den Link zu einem nicht mehr abrufbaren YouTube-Video. Auf dieses Mail antwortete Sören Brühl am 20.04.2015 an H.J. Schimanek jun.:
„Und eins für Euch! https://www.youtube.com/watch?v=88BWLrins‑g
Auf unseren geliebten Führer!
GruSS“
Moeck antwortete:
„Sehr schöner Film!
Anbei die beiden Bilder von meinem Telefon.
Und noch eines mit tief gehender Weisheit
Gruß, Thorsten
http://www.area1337.de/grafik/phs/ohne_munition_2_small.png“
Diesen gesamten Verlauf verschickte H.J. Schimanek jun. an die zuvor genannten drei Accounts, darunter seinen Bruder René Schimanek.
Verbindungen zu deutschem Neonazi Sören Brühl
Sören Brühl, der nach Informationen der unterzeichnenden Abgeordneten gemeinsam mit seinem mittlerweile erwachsenen Sohn Nandolf auch im Akt zu den „Sächsischen Separatisten“ erwähnt wird, ist in Deutschland schon vor zwanzig Jahren als militanter Neonazi auffällig geworden.[6] In den 2010er-Jahren verzog Brühl nach Frankreich. Im Jahr 2008 war Brühl gemeinsam mit H.J. Schimanek beim rechtsextremen Ulrichsberg-Treffen anwesend.
Auf einem Foto aus den Zweinuller-Jahren ist Brühl mit seinem damals noch kleinen Sohn N.N. zu sehen: Brühl leitet offenbar seinen Sohn an, den Hitlergruß zu zeigen. Brühl selbst ist mit einem T‑Shirt bekleidet, auf dem die Zahl „6 00 000“ sichtbar ist (wahrscheinlich 6 Millionen mit einer verdeckten Null) und aus Davidsternen dargestellt ist.


(Verpixelung durch Anfragesteller)
In einem weiteren Mailverkehr zwischen Thorsten Moeck, H.J. Schimanek jun. und Sören Brühl (vom 5. Juni 2012), der den unterzeichnenden Abgeordneten vorliegt, wird unter dem Betreff „Orte der Erinnerung“ ein widerliches Gedicht wiedergegeben, das sich in menschenverachtender Weise über die Ermordung und Misshandlung von Jüdinnen und Juden lustig macht und den Holocaust spöttisch feiert. Gereimt wird mit den Namen von Konzentrations- und Vernichtungslager sowie Orten des NS-Terrors: Dachau, Buchenwald, Sobibor, Prpjet und Babi Yar, Ghetto von Bialystok, Auschwitz-Birkenau, Groß-Rosen, Ravensbrück, Neuengamme, usw. Der Text ist dermaßen abstoßend, dass er hier nicht wiedergegeben wird.
Da René Schimanek derzeit als Büroleiter des Nationalratspräsidenten, immerhin das zweithöchste Amt der Republik, fungiert, ist bereits das Anstreifen an nationalsozialistischem Gedankengut bzw. Personen, die diesem Gedankengut verhaftet sind, mit den Grundwerten unserer Republik nicht vereinbar. Die in den Mails dargebrachte Gesinnung geht aber über ein bloßes Anstreifen weit hinaus. Noch im April 2015 war René Schimanek im Verteiler von klar erkennbaren Neonazis. Wenige Monate später, im November 2015, wurde René Schimanek als angehender Büroleiter des damaligen Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer zu seiner Beteiligung in neonazistischen Wehrsportgruppen befragt. René Schimanek wird im Falter[7] so zitiert:
„Seine Beteiligung an Nazi-Wehrsportübungen sei nur zufällig gewesen. ‚Die Lager, die mein Bruder veranstaltet hat, waren an unserem Wohnort, natürlich habe ich dort vorbeigeschaut.‘ Auch Neonazi Küssel habe er getroffen, ‚aber als Freundschaft würde ich das nicht bezeichnen. Dafür war nicht nur der Altersunterschied zu groß, ich teile auch Küssels Ideologie nicht. In einer gefestigten Demokratie hat der Nationalsozialismus keinen Platz.‘“
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
- Welche Position hatte René Schimanek im Mai 2010, also zum Zeitpunkt, als das erste oben zitierte Mail verschickt wurde, inne, sodass er über einen Parlamentsmailaccount ([email protected]) verfügte?
- Welche Position hatte René Schimanek im November 2013 inne, als er das Mail über den FPÖ-Mailaccount mit der Signatur
„Rene Schimanek
Büroleitung
Generalsekretariat der FPÖ
Parlament, 1017 Wien
Tel.: +43 — 1 — 40 110 – 7211
Fax: +43 — 1 — 40 110 – 7098“
verschickte? - War zum oben zitierten Zeitpunkt (November 2013) das FPÖ-Generalsekretariat bzw. dessen Büroleiter in Parlamentsräumlichkeiten untergebracht?
Wenn nein: Welche Erklärung haben Sie bzw. Ihr Büroleiter Rene Schimanek dafür, dass das offen rassistische Mail vom November 2013 mit der oben zitierten Signatur verschickt wurde? - Können Sie bestätigen, dass die IP-Adressen des in der Begründung zitierten Mail-Headers (Abbildung 2) dem Parlament zuzuordnen sind?
- Sie betonen in einem Interview mit Ö1 vom 19.02.2025[8], dass Sie Ihren Büroleiter bereits seit vielen Jahren kennen und sprechen ihm das Vertrauen aus. Ist Ihnen bekannt, dass Ihr Büroleiter in der Vergangenheit Kontakte zu Rechtsextremen hatte und für die Kommunikation die Parlamentsadresse verwendete? Wussten Sie von den zitierten Mails und von der aus den Mails ableitbaren Gesinnung Ihres Büroleiters?
- Gedenken Sie aufgrund der vorliegenden Mails Konsequenzen hinsichtlich Ihres Büroleiters zu ziehen?
Wenn ja: Welche?
Wenn nein: Warum nicht?
[1] Datum 2/25, S. 36ff: Die Rechtsextremen in der Ritterburg; tagesschau.de, 7.2.25: Verbindungen ins österreichische Innenministerium (https://www.tagesschau.de/investigativ/mdr/saechsische-separatisten-oesterreich-100.html)
[2] https://orf.at/stories/3384916
[3] https://noe.orf.at/stories/3293771/
[4] https://www.youtube.com/watch?v=LxYOVLj-TJM&t=1s
[5] Moeck war zusammen mit HJ Schimanek Geschäftsführer der „Condor — Projektentwicklung GmbH“
https://www.northdata.com/?id=4874166864445440
[6] https://taz.de/Mit-Samthandschuhen-gegen-den-Nazi/!631409/
[7] Falter 43/2015, S. 21
[8] https://oe1.orf.at/player/20250219/785572/1739948533300