Die Anklage wirft dem 47-jährigen M. vor, im Zeitraum 1.1.2019 bis 30.6.2024 „durch Vortäuschen des Vorliegens der Voraussetzungen für den Bezug“ insgesamt € 52,520,10 Notstandshilfe erschwindelt und es vor allem unterlassen zu haben, das AMS „von der Änderung seiner finanziellen Verhältnisse, insbesondere der Erlangung von hohen Spenden und sonstigen Überweisungen, in Kenntnis zu setzen“.
Der Zeitraum spielt eine wichtige Rolle, denn in der Verhandlung erklärt der Angeklagte, er habe auf die Meldung seiner üppigen Spendeneinkünfte vergessen, weil ihm seine Wohnung abgebrannt ist und er ein Trauma erlitten habe. Seit Mai 2018 bezog M. die Notstandshilfe, die jährlich neu beantragt werden muss. Laut AMS hätte er beginnend mit Jänner 2019 keinen Anspruch mehr gehabt. Der Wohnungsbrand fand jedoch erst am 14.12.2020 statt. Da hat er aber schon zwei Jahre lang unberechtigt Notstandshilfe bezogen, indem er – siehe Anklage – Spendengelder und sonstige Einkünfte lukrierte.
Manuel M. bei AUF1
Im September 2022 berichtet ZAPP, das Medienmagazin des NDR, über Netzwerke der „Alternativmedien“, darunter das rechtsextreme AUF1-TV. In einer kurzen Sequenz wird M. als Mitarbeiter von AUF1-TV erwähnt. Manuel erregte sich später über den Bericht furchtbar, aber nicht wegen seiner Erwähnung als Mitarbeiter von AUF1, sondern weil die Behauptung, wonach der Staatsschutz gegen ihn ermittle, falsch sei.

Fakt ist, dass M. für AUF1 gearbeitet, Beiträge geliefert hat. Etwa eine Verschwörungs- „Doku“ über 11. September, die sogar „exklusiv“ für AUF1 produziert und in zwei Teilen im September 21 gesendet wurde. Ein Jahr später erzählte er stolz, dass er erneut in Linz sei, um von AUF1 „wieder an Board geholt zu werden“. Es dürfte möglicherweise eine nicht friktionsfreie Beziehung gewesen sein – aber doch vermutlich eine, bei der er auch verdient hat.

Ob dieses Einkommen in den 200.000 Euro, die M. durch „Spenden und sonstige Überweisungen“ erworben hat, enthalten ist, wurde am Lnadesgericht nicht erörtert. Wie kam er eigentlich zu dieser doch sehr hohen Summe? Die Verhandlung vor dem Landesgericht brachte auch hier keine Aufklärung. In der Erzählung des Manuel M. war es der Wohnungsbrand Ende 2020, der ihn nicht nur vergessen ließ, seine hohen Einkünfte dem AMS zu melden, sondern ihn auch völlig aus der Bahn geworfen habe.

5 Vorstrafen
Aus der Bahn geworfen war er schon des Öfteren. Der „Standard“ (29.1.25) und unsere Prozessberichterstattung erwähnen ein durchaus beeindruckendes Repertoire an Vorstrafen, das im Prozess zur Sprache kam: Körperverletzung, Betrug, Diebstahl, schwerer Nötigung und ein Verstoß gegen das Waffengesetz.
M. will sich gerne als seriöser Journalist darstellen, der es dann aber nur zu Truther-Sendungen über 9/11 und zu aberwitzigen Verschwörungsgschichterln über Satanismus und Pädophilie gebracht hat. Grotesker hetzerischer Höhepunkt dieser Wahnwelt war wohl das Zerreißen der Regenbogenfahne auf der Bühne einer „Querdenker“-Demo am 5.9.2020. Die publizistische Karriere führte ihn von Servus TV über AUF 1 jetzt zu einem Vlog mit dem wohl bezeichnenden Titel „Die wunderbare Welt des Schwachsinns!“
„Don Manuelito Sattim“, wie er sich derzeit auf Facebook nennt, liefert auch zahlreiche rechtsextreme Narrative in seinen Gschichterln. Die auf (rechtsextreme) Verschwörer spezialisierte Seite „Psiram“ widmet ihm ein ausführliches Porträt. In der Corona-Maßnahmen-Szene war M. trotz seines Drangs, sich in Szene zu setzen, eher eine Randfigur. Es fragt sich deshalb, wie viel die zentralen Figuren an Spendengeldern einstreifen konnten, wenn schon der unbedeutende M. 200.000 Euro lukrieren konnte.

Am Wiener Landesgericht spielte diese Frage wie auch die nicht minder interessante nach der genauen Herkunft seiner Spendengelder keine Rolle. Für einen kurzen Moment darf man sich dabei vergleichsweise vorstellen, wie die rechte Szene auf ein über fünf Jahre angelegtes Betrugsprojekt bei einer Person mit migrantischem Hintergrund reagiert hätte.
Schöffen und Richter reagierten am Wiener Landesgericht auf „Don Manuelitos“ Betrug sehr mild und verurteilten ihn bereits rechtskräftig zu 18 Monaten bedingt; seine offene Vorstrafe wurde nicht widerrufen. M. setzte sich unmittelbar danach vor die Videokamera, um über das Urteil so zu jubeln, als ob es sich um einen Freispruch gehandelt hätte.
Wir danken prozess.report für die Prozessbeobachtung!