Es gab Jahre, in denen gaben sich die Organisatoren schon vor Ballbeginn ganz entzückt über das Griss um die Ballkarten im Vorverkauf. Und heuer? Susanne H. hat sich zwar eine Karte im Vorverkauf besorgt, wollte dann aber doch nicht in die Hofburg und versuchte, ihre Karte um den halben Preis einem einschlägigen Publikum unterzujubeln. Fehlanzeige! Nicht einmal der Riesenrabatt wirkte animierend.
Es gab auch Jahre in der Geschichte des Balls, da stieg sich die rechtsextreme und teilweise auch neonazistische internationale Prominenz gegenseitig auf die Zehen: Jean Marie Le Pen, Marine Le Pen und Bruno Gollnisch, die Spitzen des (damaligen) Front National, wurden in unterschiedlichen Jahren von Heinz Christian Strache begrüßt, Patrik Brinkmann, der schwedische Millionär und Förderer der extremen Rechten ebenso wie Alexander Dugin, der russische Faschistenphilosoph, die Spitzen von NPD, DVU, pro NRW und natürlich auch die aus anderen europäischen Ländern. Im Vorfeld des Balls gab es zeitweise auch Meetings, die vom freiheitlichen Bildungsinstitut arrangiert wurden. Da durften sich dann die Vertreter der nicht so angesehenen rechtsextremen Parteien aus Süd- und Osteuropa von der FPÖ deren Rezepte zum Erfolg anhören, aufschreiben und zur Belohnung dann sogar noch den Ball besuchen.
Harter Schnitt: Wer will schon zur Belohnung auf einen Ball mit Richard Lugner und Martin Sellner? Eben! Außerdem: Schon mal nachgedacht, werte blaue, braune und burschenschaftliche Ballbesucher, ob es die Nornen wirklich gut meinen mit dem Ball und seinen Besuchern? Karrieretechnisch nämlich.
Wir halten fest: Jean Marie Le Pen, ein engagierter Ballbesucher in den 1990er-Jahren, von seiner eigenen Tochter und Nachfolgerin aus der Partei ausgeschlossen. Matthias Faust, Vorsitzender der DVU, hat sich kurze Zeit nach seinem Ballbesuch so wie Patrik Brinkmann einfach zurückgezogen, Andreas Molau (NPD) ist so wie Ingmar Knop, ein weiterer DVU-Funktionär, sogar komplett aus der Szene ausgestiegen. Dieses Schicksal ist Marine Le Pen, der Tochter vom Jean Marie, zwar (noch) erspart geblieben, aber ihre Teilnahme am Ball 2012 hat ihr in Frankreich ordentlich Ärger eingebracht, womit sich eine erneute Teilnahme bis auf Weiteres erledigt hat.
Ja, und dann zum heimlichen und langjährigen, aber ungekrönten Ballkönig; Heinz-Christian! Das Schicksal hat den Ex-FPÖ-Vorsitzenden übel erwischt. Auch seinem Nachfolger in beiden Funktionen, Norbert Hofer, hat der Ball schicksals- und karrieremäßig nicht gerade geholfen. 2020 gab er sich während des Balls noch glücklich und zufrieden, 2021 und 2022 fiel der Ball der Pandemie zum Opfer und der Parteivorsitzende seinem Nachfolger. Da ist es nicht mehr verwunderlich, dass Hofers Nachfolger, Herbert Kickl, den Ball meidet, zur erstbesten Ausrede greift und Walter Rosenkranz, der seine Karriere schon hinter sich hat, die Ansprache halten lässt.
Und was für eine Ansprache! „Es ist unser Ball, egal, wer etwas dagegen hat“, stieß er drohend heraus. Wen meinte er? Die Demonstrierenden draußen vor der Hofburg? Die Nornen? Oder vielleicht gar jene Burschenschafter und Korporierten, denen die FPÖ 2013 den Ball weggeschnappt hat? Schließlich war der Ball seit seiner Gründung im Jahr 1952 der Ball des Wiener Korporationsringes (WKR), also eines Zusammenschlusses von Burschenschaften, Corps und anderen korporierten Verbänden, die zwar allesamt deutschnational, aber nicht völlig FPÖ-hörig waren. Nach mehrjährigen und heftigen Protesten gegen den WKR-Ball sah dann die FPÖ ihre Chance gekommen, übernahm offiziell den Ball und benannte ihn in Akademikerball um. Von nun an ging’s bergab, könnte man mit Hildegard Knef zusammenfassen, und den personalen Ausdruck dieser Feststellung in der Ballbesuchern Lugner und Sellner finden. Nur weiter so!