Lugner, Sellner und die Nornen

Eigentlich wäre heuer etwas Beson­deres zu feiern gewe­sen: zehn Jahre Akademiker­ball der FPÖ in der Hof­burg! Aber der Chef der FPÖ, Her­bert Kickl, ließ sich entschuldigen und auch son­st war heuer die Liste der recht extremen Ehrengäste und Zelebritäten sehr, sehr dünn und nicht wirk­lich stil­sich­er. Mar­tin Sell­ner und Richard Lugn­er! Hoho, ja, das passt!

Es gab Jahre, in denen gaben sich die Organ­isatoren schon vor Ball­be­ginn ganz entzückt über das Griss um die Bal­lka­rten im Vorverkauf. Und heuer? Susanne H. hat sich zwar eine Karte im Vorverkauf besorgt, wollte dann aber doch nicht in die Hof­burg und ver­suchte, ihre Karte um den hal­ben Preis einem ein­schlägi­gen Pub­likum unterzu­jubeln. Fehlanzeige! Nicht ein­mal der Riesenra­batt wirk­te animierend.

S.H. will Ballkarte loswerden (vergeblich)

S.H. will Bal­lka­rte loswer­den (verge­blich)

Es gab auch Jahre in der Geschichte des Balls, da stieg sich die recht­sex­treme und teil­weise auch neon­azis­tis­che inter­na­tionale Promi­nenz gegen­seit­ig auf die Zehen: Jean Marie Le Pen, Marine Le Pen und Bruno Goll­nisch, die Spitzen des (dama­li­gen) Front Nation­al, wur­den in unter­schiedlichen Jahren von Heinz Chris­t­ian Stra­che begrüßt, Patrik Brinkmann, der schwedis­che Mil­lionär und Förder­er der extremen Recht­en eben­so wie Alexan­der Dug­in, der rus­sis­che Faschis­ten­philosoph, die Spitzen von NPD, DVU, pro NRW und natür­lich auch die aus anderen europäis­chen Län­dern. Im Vor­feld des Balls gab es zeitweise auch Meet­ings, die vom frei­heitlichen Bil­dungsin­sti­tut arrang­iert wur­den. Da durften sich dann die Vertreter der nicht so ange­se­henen recht­sex­tremen Parteien aus Süd- und Osteu­ropa von der FPÖ deren Rezepte zum Erfolg anhören, auf­schreiben und zur Beloh­nung dann sog­ar noch den Ball besuchen.

Har­ter Schnitt: Wer will schon zur Beloh­nung auf einen Ball mit Richard Lugn­er und Mar­tin Sell­ner? Eben! Außer­dem: Schon mal nachgedacht, werte blaue, braune und burschen­schaftliche Ballbe­such­er, ob es die Nor­nen wirk­lich gut meinen mit dem Ball und seinen Besuch­ern? Kar­ri­eretech­nisch nämlich.

Wir hal­ten fest: Jean Marie Le Pen, ein engagiert­er Ballbe­such­er in den 1990er-Jahren, von sein­er eige­nen Tochter und Nach­fol­gerin aus der Partei aus­geschlossen. Matthias Faust, Vor­sitzen­der der DVU, hat sich kurze Zeit nach seinem Ballbe­such so wie Patrik Brinkmann ein­fach zurück­ge­zo­gen, Andreas Molau (NPD) ist so wie Ing­mar Knop, ein weit­er­er DVU-Funk­tionär, sog­ar kom­plett aus der Szene aus­gestiegen. Dieses Schick­sal ist Marine Le Pen, der Tochter vom Jean Marie, zwar (noch) erspart geblieben, aber ihre Teil­nahme am Ball 2012 hat ihr in Frankre­ich ordentlich Ärg­er einge­bracht, wom­it sich eine erneute Teil­nahme bis auf Weit­eres erledigt hat.

Ja, und dann zum heim­lichen und langjähri­gen, aber ungekrön­ten Bal­lkönig; Heinz-Chris­t­ian! Das Schick­sal hat den Ex-FPÖ-Vor­sitzen­den übel erwis­cht. Auch seinem Nach­fol­ger in bei­den Funk­tio­nen, Nor­bert Hofer, hat der Ball schick­sals- und kar­ri­eremäßig nicht ger­ade geholfen. 2020 gab er sich während des Balls noch glück­lich und zufrieden, 2021 und 2022 fiel der Ball der Pan­demie zum Opfer und der Parteivor­sitzende seinem Nach­fol­ger. Da ist es dann gar nicht mehr ver­wun­der­lich, dass Hofers Nach­fol­ger, Her­bert Kickl, den Ball mei­det, zur erst­besten Ausrede greift und den Wal­ter Rosenkranz, der seine Kar­riere schon hin­ter sich hat, die Ansprache hal­ten lässt.

Walter Rosenkranz (AB! Libertas) mit Deckel bei der Eröffnungsrede, Udo Guggenbichler im Hintergrund (Screenshot Video TT)

Wal­ter Rosenkranz (aB! Lib­er­tas) mit Deck­el bei der Eröff­nungsrede, Bal­lor­gan­isator Udo Guggen­bich­ler (aB! Albia) im Hin­ter­grund (Screen­shot Video TT)

Und was für eine Ansprache! „Es ist unser Ball, egal, wer etwas dage­gen hat“, stieß er dro­hend her­aus. Wen meinte er? Die Demon­stri­eren­den draußen vor der Hof­burg? Die Nor­nen? Oder vielle­icht gar jene Burschen­schafter und Kor­pori­erten, denen die FPÖ 2013 den Ball weggeschnappt hat? Schließlich war der Ball seit sein­er Grün­dung im Jahr 1952 der Ball des Wiener Kor­po­ra­tionsringes (WKR), also eines Zusam­men­schlusses von Burschen­schaften, Corps und anderen kor­pori­erten Ver­bän­den, die zwar alle­samt deutschna­tion­al, aber nicht völ­lig FPÖ-hörig waren. Nach mehrjähri­gen und hefti­gen Protesten gegen den WKR-Ball sah dann die FPÖ ihre Chance gekom­men, über­nahm offiziell den Ball und benan­nte ihn in Akademiker­ball um. Von nun an ging’s bergab, kön­nte man mit Hilde­gard Knef zusam­men­fassen, und den per­son­alen Aus­druck dieser Fest­stel­lung in der Ballbe­such­ern Lugn­er und Sell­ner find­en. Nur weit­er so!

Norbert Hofer & Richard Lugner beim Eintreffen zum "Akademikerball" (© Markus Sulzbacher)

Nor­bert Hofer & Richard Lugn­er beim Ein­tr­e­f­fen zum „Akademiker­ball” (© Markus Sulzbacher)