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Putins Koch und der Nazi-Handlanger

Über rechts­extre­me Para­mi­li­tärs und Grup­pen in der Ukrai­ne haben wir bereits vor Jah­ren geschrie­ben und ja: Das Regi­ment Asow gibt es lei­der immer noch. Der Ein­fluss von Rechts­extre­men und Neo­na­zis auf die ukrai­ni­sche Poli­tik wur­de aller­dings in den letz­ten Jah­ren – auch durch Wah­len – deut­lich ver­rin­gert. Für Russ­land lässt sich das lei­der nicht so […]

9. Mrz 2022

Ein Satz noch zum Regi­ment Asow. Der stammt von der Band „Fei­ne Sah­ne Fisch­fi­let“, die gera­de einen Hilfs­ein­satz für die Ukrai­ne hin­ter sich hat: „Und wenn irgend­wer noch sein dum­mes Maul auf­macht und meint so mega­schlau zu sein, weil er davon labert, dass auf ukrai­ni­scher Sei­te ja auch Faschos, wie Asow rum­lau­fen: Ja, dan­ke für die bahn­bre­chen­de Info, dass es über­all Wich­ser gibt.

Dann sehen wir uns zur Abwechs­lung statt der öster­rei­chi­schen Faschis­ten und Rechts­extre­men die rus­si­schen an. Schließ­lich hat der obers­te Kriegs­herr Russ­lands, Wla­di­mir Putin, davon gespro­chen, dass er den Krieg wegen der not­wen­di­gen Ent­na­zi­fi­zie­rung füh­ren wür­de: „Dass wir uns im Krieg mit Neo­na­zis befin­den, zeigt der Ver­lauf der Feind­se­lig­kei­ten“, hat­te er in sei­ner Rede beim Natio­na­len Sicher­heits­rat eine Woche nach Kriegs­be­ginn erklärt.

Ziem­lich sicher hat er damit nicht die „Grup­pe Wag­ner“ gemeint, deren Chef Dmi­t­ri Waler­je­witsch Utkin heißt. Die „Grup­pe Wag­ner“ ist eine rus­si­sche para­mi­li­tä­ri­sche Söld­ner­trup­pe, die in der Regel ver­deckt ope­riert und nach allen ver­füg­ba­ren Infor­ma­tio­nen vom Olig­ar­chen Jew­ge­ni Pri­go­schin finan­ziert wird, der auch unter dem Namen „Putins Koch“ bekannt ist. Das ist aber nicht die ein­zi­ge Ver­bin­dung zu Putin.

Prigoschin ("Putins Koch") gesucht vom FBI
Pri­go­schin („Putins Koch”) gesucht vom FBI

Die „Grup­pe Wag­ner“ erle­digt die mili­tä­ri­schen Dreck­ar­bei­ten für Putin und den rus­si­schen Staat. Ob in Syri­en, wo ihr ers­ter Ein­satz statt­fand, oder in Arme­ni­en, dem Sudan, Liby­en, Mali, der Zen­tral­afri­ka­ni­schen Repu­blik, Mosam­bik und in mög­li­cher­wei­se in etli­chen ande­ren Län­dern: Über­all, wo das Putin-Regime sei­ne Ein­fluss­sphä­re aus­deh­nen oder auch fes­ti­gen will, tau­chen die ver­deckt ope­rie­ren­den Söld­ner der „Grup­pe Wag­ner“ auf. Natür­lich auch in der Ukrai­ne, wo sie seit 2014 in der Don­bass-Regi­on ihr Unwe­sen trei­ben. Manch­mal hin­ter­las­sen sie auch Spu­ren. Brau­ne Spu­ren, wie sie etwa durch den „Times“-Journalisten Samer Al-Atrush oder über die Recher­che-Platt­form „inform­na­palm” doku­men­tiert sind: aus Liby­en oder auch aus Syrien.

Manch­mal sind es ein­fach mör­de­ri­sche Spu­ren, die Rück­schlüs­se auf die Gesin­nung in der „Grup­pe Wag­ner“ zulas­sen. Etwa wenn sie unbe­tei­lig­te Zivi­lis­ten mor­den oder einen rus­si­schen Jour­na­lis­ten, der ihnen nach­re­cher­chiert hat, oder hier:

Im Novem­ber 2019 iden­ti­fi­zier­ten Jour­na­lis­ten der Nowa­ja Gas­eta auf einem Video im Inter­net einen rus­si­schen Staats­bür­ger als Wag­ners­öld­ner, der dabei zu sehen ist, wie er gemein­sam mit Kame­ra­den im Jahr 2017 in einer Tank­stel­le bei Homs einen Syrer zu Tode fol­tert. Der Syrer war ver­mut­lich zuvor deser­tiert und wur­de von den offen­bar betrun­ke­nen Wag­ner­leu­ten mit einem Vor­schlag­ham­mer geschla­gen und anschlie­ßend mit einem Feld­spa­ten geköpft. Der Lei­che wur­den die Arme abge­trennt und der Kör­per wur­de mit einem Brand­be­schleu­ni­ger über­gos­sen und ange­zün­det. (Wiki­pe­dia)

Doch woher kommt der Name der Grup­pe, „Wag­ner“? Ihr Grün­der Dmi­t­ri Waler­je­witsch Utkin hat sich die­sen Namen als Kampf­na­men gege­ben. Er bezieht sich dabei auf Richard Wag­ner, den Lieb­lings­kom­po­nis­ten von Adolf Hit­ler. Klingt kon­stru­iert, aber der Zwei­fel löst sich rasch auf, wenn man sich den nack­ten Ober­kör­per von Dmi­t­ri etwas näher betrach­tet. Da sieht man dann ein­tä­to­wiert als Kra­gen­spie­gel die Sie­gru­nen der SS und das Rang­ab­zei­chen eines Haupt­sturm­füh­rers. Dar­un­ter auf der Brust – damit kein Zwei­fel auf­kommt – der Reichs­ad­ler, der mut­maß­lich das Haken­kreuz umkrallt. Aber das ist auf dem Foto nicht genau zu erken­nen. In Lugansk ließ er sei­ne Trup­pe mit NS-Wehr­machts­hel­men antreten.

Utkin mit eintätowiertem Kragenspiegel eines SS-Hauptsturmführers (Siegrunen SS und Rangabzeichen) und Reichsadler
Utkin mit ein­tä­to­wier­tem Kra­gen­spie­gel eines SS-Haupt­sturm­füh­rers (Sie­gru­nen SS und Rang­ab­zei­chen) und Reichsadler

2016 hat Utkin von Putin eine Aus­zeich­nung für „beson­de­res Hel­den­tum“ erhal­ten. Auch ande­re Söld­ner der „Grup­pe Wag­ner“ waren für ihren ille­ga­len Ein­satz im Don­bass vom Putin-Regime aus­ge­zeich­net wor­den, obwohl bis 2017 pri­va­te Söld­ner­trup­pen in Russ­land ver­bo­ten waren, wie das Por­tal Fon­tan­ka damals berichtete.

fontanka.ru zur Gruppe Wagner: "Sie kämpften für Palmyra"
fontanka.ru zur Grup­pe Wag­ner: „Sie kämpf­ten für Palmyra”

Die „Grup­pe Wag­ner“ ist kei­ne mör­de­ri­sche Stie­fel­trup­pe wie die SA, son­dern eine hoch­pro­fes­sio­nel­le und bes­tens ent­lohn­te Mord­ein­heit mit meh­re­ren tau­send Söld­nern, die über ein brei­tes Waf­fen­ar­se­nal – von Pan­zern über Artil­le­rie bis hin zu Rake­ten – ver­fügt. Sie agiert fast aus­schließ­lich im Aus­land (Aus­nah­me Tsche­tsche­ni­en) und in Ein­sät­zen, die für das offi­zi­el­le Russ­land zu ris­kant bzw. zu mör­de­risch sind. An ihrer Spit­ze steht ein Nazi-Fan, der jetzt in der Ukrai­ne mit sei­ner Ein­heit offen­sicht­lich dar­auf ange­setzt ist, die Staats­spit­ze der Ukrai­ne, vor­an deren Prä­si­den­ten Selen­ski, aus­zu­schal­ten. „Ent­na­zi­fi­zie­ren“ heißt das dann in Putin­schem Neusprech.

➡️ Bell­tower: Putins rechts­extre­me Schattenarmee
➡️ Res Publi­ca: Signs of Neo-Nazi Ideo­lo­gy Among­st Rus­si­an Mercenaries