Wenn Angehörige des Österreichischen Bundesheers sich rechtsextrem oder gar nationalsozialistisch (wieder)betätigen, dann ist es Aufgabe des Abwehramtes, dagegen vorzugehen und Straftaten zu verhindern bzw. anzuzeigen. Das Abwehramt ist einer der beiden Nachrichtendienste des Bundesheeres. Der andere ist das Heeresnachrichtenamt (HNaA), das vereinfacht für die Auslandsbeobachtung zuständig ist.
Hermann Mitterer
Wenn ein Bediensteter des HNaA wie der Offizier Hermann Mitterer auffällig wird, passiert einmal lange gar nichts. 2019 schreibt Hans Rauscher, Journalist beim „Standard“, in Kolumnen über den „Großen Austausch“, die Identitären und den Attentäter von Christchurch. In einem Mail wird er daraufhin von Mitterer als „Lügner und Manipulator“ beschimpft, weil es diesen Austausch ja wirklich gebe. Hermann Mitterer hat nämlich ein Buch darüber publiziert – im rechtsextremen Kopp-Verlag. Rauscher: „Der Titel ist ein Klassiker aller rechtsextremen Schlüsselbegriffe von den Identitären bis zum ‚Manifest‘ des Attentäters von Christchurch. In der Einleitung ist auch schon von einem ‚Vernichtungskrieg gegen die Völker Europas‘ die Rede. George Soros hat ein ganzes Kapitel.“ (derstandard.at, 6.4.2019)
Der Pressesprecher des Verteidigungsministeriums erklärt Rauscher auf Anfrage, dass das Buch überprüft und nicht beanstandet worden sei. Wer hat überprüft? Das HNaA? Wurden auch weitere Aktivitäten von Mitterer überprüft? Rauscher zählt schon 2019 einige auf:
Mitterer ist aber auch als Vortragender und Gastautor fleißig unterwegs. In dem rechtsextremen Magazin Alles roger? spricht er davon, dass das „US-britische Imperium nie eine deutsch-russische Achse“ wollte. Auf dem Blog Helmut Müllers Klartext schreibt Mitterer im Sommer 2018, die Masseneinwanderung finde „ungebremst auch weiterhin statt“, weil „globale Eliten á la Soros & Co via Uno, EU und ‚nationaler‘ Regierungen das so wollen. (…) Die Faktenlage ist klar. Man will diese kultur- und ethnofernen Massen hier in Europa haben. (…) Biologisch gesehen noch Menschen, die aber psychologisch und soziologisch keinen Bezug zu Boden und Historie mehr haben und ihre Großeltern nicht kennen.
Helmut Müller, mit dem Hermann Mitterer zumindest publizistische Kontakte unterhält, kennt das DÖW schon seit Jahrzehnten als heftigen Aktivisten von neonazistischen und später rechtsextremen Organisationen. Hermann Mitterer, der Aufklärungsoffizier des HNaA, ist aktuell als Redner der rechtsextremen Initiative „Heimat und Umwelt“ für Kundgebungen zur „Corona-Diktatur“ am 11. Und 12. Dezember angekündigt.
Oberst Mitterer arbeitet für das Heeresnachrichtenamt des Bundesheeres, jetzt tritt er bei einer Veranstaltung einer rechtsaussen Gruppierung auf. pic.twitter.com/jB36XR6fl2
— Markus Sulzbacher (@msulzbacher) December 1, 2021
Der offene Brief der „Beamten für Aufklärung“
Jetzt hat Hermann Mitterer, der Offizier beim Heeresnachrichtenamt, Anfang November, einen offenen Brief verfasst, gemeinsam mit Johann Gaiswinkler, ebenfalls ein Offizier des Bundesheeres. Die beiden nennen sich hochtrabend „Beamte für Aufklärung“, verzapfen jede Menge Un- und Halbwahrheiten zum Thema Corona-Maßnahmen, Covid-Erkrankung (wie eine Grippe) und vermischen das mit den Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder. Dem noch (gerade noch) amtierenden Bundeskanzler Schallenberg wird ein eigener Absatz gewidmet, in dem ihn die „Beamten für Aufklärung“ wegen seiner „internationalen Kontakte“, seiner „globalistisch denkenden und handelnden“ Freunde, zu denunzieren versuchen, deren Befehl Schallenberg gehorchen müsse.
Da sind sie wieder, die „globalistischen Eliten“, die ihren „Statthaltern“ in den nationalen Regierungen anschaffen, was sie zu tun haben. Auf der anderen Seite werden die rechtsextremen Identitären zu „patriotischen Jugendlichen“ umbenannt. Der „Offene Brief“ vermeidet zwar den Verschwörerbegriff „Plandemie“, spricht aber von einer politischen (!) Pandemie, was aufs Gleiche hinausläuft, und von einem verfassungswidrigen „Regime“, von „neofeudaler Tyrannei“ und der Notwendigkeit der „unverzüglichen Wiederherstellung des Rechtsstaates“.

Der offene Brief, der an alle möglichen Adressaten von Regierung bis katholische Kirche und andere Glaubensgemeinschaften gerichtet ist, endet mit einer offenen Drohung:
Wie weit wollen Sie, Verantwortlichen, die „Hunde von der Kette lassen“? Bis es tatsächlich Tote gibt? Alle die an dieser Verhetzung teilnehmen, tragen die Verantwortung dafür, dass nach 75 Jahren wieder Menschen stigmatisiert, ausgegrenzt und weggesperrt werden. Mit dem Zwang zur Teilnahme an einem experimentellen Großfeldversuch mittels Injektion eines Gen-Serums, das nur auf Basis einer Notfallzulassung zugelassen wurde, nehmen Sie, die Verantwortlichen, sogar schwere Schädigungen bis hin zum Tod von Menschen in kauf! Das ist an Ungeheuerlichkeit und bösartiger Absurdität kaum noch zu überbieten! Sie werden sich alle eines Tages dafür verantworten müssen.
Veröffentlicht wurde der Offene Brief in dem dafür besonders geeigneten Medium „Wochenblick“ (2.11.2021). Wer aber ist der zweite Verfasser?
Johann Gaiswinkler
Johann Gaiswinkler hat mit dem offenen Brief der „Beamten für Aufklärung“ auch nicht seinen ersten einschlägigen Auftritt absolviert. Wir mussten über ihn schon im Februar berichten, weil er sich stolz mit dem Spruch einer Neonazi-Tante über die „feigen Gestalten“, die da oben sitzen, auf seinem T‑Shirt präsentiert hatte. Nachdem der Brigadier des Bundesheeres zunächst suspendiert wurde, ist Gaiswinkler dann im Mai 2021 nach Osttirol versetzt worden, wo er für „strategische Planungen“ zuständig ist. Die Zeit in Osttirol hat er offensichtlich für strategische Planungen anderer Art genutzt. Seit einem Auftritt im „Corona-Ausschuss“ des deutschen Oberverschwörers Reiner Fuellmich, prüft das Bundesheer den Brigadier Gaiswinkler aufs Neue – ein Ergebnis ist noch nicht bekannt.

Monika Donner
Die Ministerialrätin im Verteidigungsministerium, die den offenen Brief der „Beamten für Aufklärung“ zwar nicht mitverfasst, aber unterzeichnet hat, dürfen wir mittlerweile über einige Jahre begleiten. 2015 fiel sie uns zum ersten Mal auf, als sie als Rednerin bei einer Kundgebung der neonazistischen „Partei des Volkes“ (PdV) aufgetreten ist.

Ihre Chefs im Verteidigungsministerium dürfte das nicht sehr irritiert haben, denn Donner wurde sogar noch zur Ministerialrätin befördert. Vielleicht hat sie schon über ihre Kontakte zur PdV Jennifer Klauninger, eine der bekanntesten Aktivist*innen der rechtsextremen Corona-Szene, kennengelernt? Jedenfalls ist Donner auch bei Corona-Demos als Rednerin aufgetreten und hat dabei die „Pflicht zur Gehorsamsverweigerung“ ausgerufen. Nach bereits mehreren strafrechtlichen Anzeigen und zuletzt einer dienstrechtlichen Ermahnung ist die Vertragsbedienstete nach eigenen Angaben im Herbst mit einer fünfmonatigen Frist gekündigt worden. Unklar ist, ob die Juristin gegen die Kündigung Rechtsmittel eingelegt hat.
Otmar Lindner
Lindner war ebenfalls Offizier des Bundesheeres und vorwiegend in Auslandseinsätzen tätig. Seit einigen Jahren ist er im Finanzbusiness, Abteilung digital-hybrid-spekulativ. Das ist nicht der Punkt hier, sondern sein Aufruf vom 1. Dezember 2021 an die „lieben österreichischen Soldaten aller Dienstgrade“, in dem er über die „dunklesten (sic!) Zeiten“ und den „Tiefen Staat“ schwurbelt, der „Euch“ bald dazu zwingen wird, „Euch gegen die eigene Bevölkerung zu wenden“. Dann kommt ein Appell, der es in sich hat: „Ich bin mittlerweile raus, aber ich habe diese Uniform mehr als 40 Jahre mit Stolz getragen. Enttäuscht mich bitte nicht ‑wacht endlich auf und tut das Richtige!“

Die Reaktionen auf Facebook dürften ihn bestätigen. Der umstürzlerische Aufruf wurde weit mehr als 4.500 mal geteilt (Stand 3.12.21, 14 Uhr). „Umstürzlerisch“? Ist das nicht etwas zu hoch gegriffen? Lindner, der seinen Aufruf mit einem Foto begleitet, das ihn in der Uniform eines Oberstleutnant zeigt, kann es auch noch direkter. Am 19.11.21 postet er mit einem Link zu einer Meldung von Sputnik-News über eine FPÖ-Petition zu Corona einen verschwörerischen, verdeckt antisemitischen Kommentar.

In der Gruppe „Digital Marketing Success“ wird er dann aber eindeutig. Einschlägig. Braun!

Was wir hier recherchiert haben, ist nur ein kleiner Ausschnitt über rechtsextreme Aktivitäten rund um das Österreichische Bundesheer. Hier geht es nicht um das Recht auf persönliche Meinungsfreiheit, da ist Feuer am Dach!

