MFG zensiert ihr eigenes Programm

Ziem­lich hin­ter­hältig war das schon: Ganz knapp vor der Land­tagswahl in Oberöster­re­ich veröf­fentlichte das recht­sex­treme Por­tal „Info-Direkt“ als Gastkom­men­tar den Aufruf eines Andreas Lang, dass die kan­di­dierende Partei „MFG“ (Men­schen Frei­heit Grun­drechte) den Abtrei­bungspas­sus aus ihrem Parteipro­gramm stre­ichen solle. Zwei Tage vor der Wahl. Wer ist dieser Andreas Lang? Und vor allem: Wie reagiert die Partei MFG auf diese Attacke?

Was Andreas Lang bet­rifft, so müssen wir bei unser­er Recherche vor­läu­fig kapit­ulieren. Der tauchte unver­mit­telt aus der Anonymität auf und sofort wieder unter, nach­dem er seinen flam­menden Appell bei „Info-Direkt“ unterge­bracht hat­te. Gibt es ihn über­haupt? Es gibt jeden­falls den Ver­dacht, dass „Info-Direkt“ mit diesem Appell der FPÖ OÖ noch etwas Schützen­hil­fe geben wollte, weil rechts­gestrick­te Katho­liken und Abtrei­bungs­geg­n­er eine FPÖ noch immer eher wählen als eine Partei, in der ein Arzt, der eine Klinik für Schwanger­schaftsab­bruch betreibt, nicht nur im Vor­stand ist, son­dern ver­mut­lich auch beim fol­gen­den Pas­sus im Parteipro­gramm fed­er­führend war: „Über­nahme der Kosten für Präven­tion unge­woll­ter Schwanger­schaften durch die Krankenkasse.“

Was sich da hin­ter der Chiffre „Präven­tion unge­woll­ter Schwanger­schaften“ ver­steckt, ist natür­lich der Schwanger­schaftsab­bruch, noch dazu auf Kosten der Krankenkasse. Chris­t­ian Fiala, der Grün­dungsmit­glied und stel­lvertre­tender Vor­sitzen­der und von MFG Öster­re­ich ist, hat sich in der Ver­gan­gen­heit dur­chaus einen Namen durch sein Engage­ment für einen sicheren Schwanger­schaftsab­bruch gemacht. Seit ger­aumer Zeit fällt er aber mehr durch seine selt­samen Ansicht­en über gefährliche Viren auf, ob das nun HIV oder das Coro­na-Virus betrifft.

Fiala hat von Beginn an Kundge­bun­gen gegen die Maß­nah­men zur Coro­na-Pan­demie organ­isiert und ist dann allmäh­lich von Recht­sex­tremen an den Rand gedrängt wor­den – unter denen übri­gens auch etliche sind, die gegen seine Abtrei­bungsklinik jahre­lang demon­stri­erten. Bei den Coro­na-Kundge­bun­gen dann gemein­same Sache mit diesen und den anderen Recht­sex­tremen? Es war also nur eine Frage der Zeit, bis deklar­i­erte Recht­sex­treme Fialas Hal­tung zum Schwanger­schaftsab­bruch the­ma­tisieren würden.

Dieses Geschäft hat jet­zt der anonyme Andreas Lang bei „Info-Direkt“ erledigt. Zwei Tage vor der Wahl fle­hte er die Leser*innen an: „Bitte prüfen Sie am Tag vor der Wahl noch ein­mal den Abschnitt über Gesund­heit im Parteipro­gramm“ mit einem Link dor­thin. Eigentlich klar, dass das Fle­hen verge­blich sein muss: Welche Partei wird denn schon ihr Parteipro­gramm auf Zuruf zwei Tage vor der Wahl noch ändern?

Die Redak­tion von „Info-Direkt“ gab sich natür­lich auch besorgt und fragte bei MFG nach, wie denn der Pas­sus zu ver­ste­hen sei. Dort druck­ste man schlussendlich so herum:

Auf Nach­frage wurde uns jedoch mit­geteilt, dass dies nur in Härte­fällen gel­ten sollte, also dann, wenn beispiel­sweise Min­der­jährige unge­wollt schwanger wür­den oder nach Verge­wal­ti­gun­gen. Nach der Wahl würde man diesen Punkt im Parteipro­gramm präzisieren, so Häusler. Zudem sei Häusler dafür, dass Ver­hü­tungsmit­tel den Bürg­ern kosten­los zur Ver­fü­gung gestellt wer­den soll­ten, um unge­wollt Schwanger­schaften zu ver­mei­den.“ (Her­vorhe­bung von Info-Direkt)

Nachfrage von Info-Direkt zu MFG-Programm Schwangerschaftsabbruch

Nach­frage von Info-Direkt zu MFG-Pro­gramm Schwangerschaftsabbruch

Die schein­heili­gen Chris­ten von Info-Direkt bringt das natür­lich zum Hyper­ven­tilieren („kosten­lose Ver­hü­tungsmit­tel“ , Härte­fälle und Präzisierung nach der Wahl). Wir woll­ten zwei Tage nach der Wahl sehen, was MFG zu dem The­ma in seinem Pro­gramm über­haupt schreibt und mussten fest­stellen, dass sich der Pas­sus mit der Über­nahme der Kosten für Präven­tion im Gesund­heit­skapi­tel nicht find­en lässt.

Haben „Info-Direkt“ und der unbekan­nte Andreas gel­o­gen, die Unwahrheit geschrieben? In diesem Fall nicht, denn auf der Face­book-Seite der MFG Steier­mark find­et sich das gesamte, kurze Gesund­heit­skapi­tel als Screen­shot, also mit dem Pas­sus – und zwar in ein­er Mel­dung vom 28.9.2021. Schon wieder eine Rebel­lion in der Steiermark?

Programm mit Abtreibungspassage auf MFG-FB-Seite (Post vom 28.9.21)

Pro­gramm mit Abtrei­bungspas­sage auf MFG-FB-Seite (Post vom 28.9.21)

Zur gle­ichen Zeit wurde der Pas­sus auf der Web­site der Partei still und heim­lich gelöscht, ohne Kom­men­tar. Ver­mut­lich auch ohne Beschluss. Oder braucht man in dieser Partei gar keine Beschlüsse? Darf irgendw­er wegstre­ichen, zen­sieren? Der Web­mas­ter? Das muss man sich erst ein­mal vorstellen: Die MFG, die sich in ihrem Parteipro­gramm voll­mundig für ein „Zen­surver­bot“ ausspricht und auf Face­book gegen die „Mei­n­ungszen­sur“ in den sozialen Medi­en wet­tert, zen­siert still und heim­lich eine Pas­sage ihres Parteipro­gramms und schweigt dazu!

MFG-Website Programm Gesundheit ohne Abtreibungspassage (Screenshot 29.9.21)

MFG-Web­site Pro­gramm Gesund­heit ohne Abtrei­bungspas­sage (Screen­shot 29.9.21)

MFG klagt über "Meinungszensur"

MFG klagt über „Mei­n­ungszen­sur”

MFG-Leaks
Eine inter­es­sante Seite kündigt sich ger­ade an: MFG-Leaks. Da will jemand auf der als Vorarl­berg­er MFG-Home­page aus­gewiese­nen Seite aus dem Innen­leben der Partei bericht­en. Die Stich­wort­samm­lung ver­spricht Pop­corn-Kino. Was jet­zt bere­its bekan­nt ist: Die aus dem Graz­er LKH ent­lassene Ärztin Kon­stan­ti­na Rösch und der Anwalt Roman Schiessler sind ihre Funk­tio­nen als MFG-Lan­dessprecherin bzw. stel­lv. Lan­dessprech­er schnell los gewor­den. Der Ver­such von vier (von acht) Lan­desstellen auf Anhörung und erneute Beschlussfas­sung sei abgeschmettert wor­den, wie es in ein­er „Mit­teilung” heißt: „Ein Vor­gang, der uns ehre­namtlich Engagierte eher an stal­in­is­tis­che Säu­berun­gen oder Führermeth­o­d­en erin­nert, als an die Ver­sprechen, die sich aus dem Titel dieser Partei ableit­en liessen.“
Ankündigung von "MFG-Leaks"

Zores bei MFG: Ankündi­gung von „MFG-Leaks”