Lesezeit: 4 Minuten

Wahlen in Deutschland: wenige Jubelanlässe für Rechtsextreme

Es war für der AfD nicht Nahe­ste­hen­de amü­sant: Die AfD-Spi­t­­zen wetz­ten im Rah­men einer Nach­wahl­pres­se­kon­fe­renz auf offe­ner Büh­ne ver­bal die Mes­ser und rich­te­ten sich gegen­sei­tig Unfreund­lich­kei­ten aus. Nicht zum Lachen dürf­te auch den ande­ren rechts­extre­men Par­tei­en sein, die bei der Bun­des­tags­wahl alle­samt unter­ge­gan­gen sind. Ganz dick kam’s für die NPD, denn die schlit­tert nun in […]

28. Sep 2021

Wenn die Höl­le mal zufriert, wird es aus­se­hen wie bei die­ser Pressekonferenz.

AfD-Bun­des­spre­cher Jörg Meu­then ver­such­te Spit­zen­kan­di­da­tin Wei­del, in die Fal­le zu trei­ben, als Thi­lo Jung (Jung & Naiv) bei der Pres­se­kon­fe­renz die Fra­ge stell­te, „Frau Wei­del, kön­nen Sie sich den Faschis­ten Höcke als nächs­ten Par­tei­vor­sit­zen­den vor­stel­len?“, Wei­del ins Schwei­gen ver­fiel und Meu­then sei­ner Par­tei­freun­din zurief: „Ali­ce, du bist gefragt wor­den!“ Ali­ce ver­wei­ger­te sicht­lich genervt die Antwort.

Ansons­ten lob­ten sich Wei­del und der zwei­te Spit­zen­kan­di­dat an ihrer Sei­te, Tino Chrup­al­la, gegen­sei­tig für ihren Ein­satz im Wahl­kampf, für ein gutes Ergeb­nis, was der nicht-gelob­te und unbe­dank­te Meu­then völ­lig anders sah; er wur­de nicht müde, von einer Ent­täu­schung und Feh­lern zu reden. Die eisi­ge Stim­mung zwi­schen den AfD-Gran­den am Podi­um ver­an­lass­te den User Gui­do auf You­Tube zum durch­aus tref­fen­den Kom­men­tar: „Wenn die Höl­le mal zufriert, wird es aus­se­hen wie bei die­ser Pres­se­kon­fe­renz.“ Es ist unschwer vor­aus­zu­sa­gen, dass es Meu­then schwer haben wird, sich an der Spit­ze der Par­tei wei­ter zu hal­ten – nicht zuletzt des­halb, weil der rechts­ra­di­ka­le Flü­gel der AfD gestärkt wurde.

Die AfD als „Lega Ost“

Gesamt gese­hen, ist die Bilanz der AfD tat­säch­lich durch­wach­sen: 2,3%-Punkte ver­lor die Par­tei gegen­über 2017 und mit Platz 5 auch ihren Sta­tus als stärks­te Oppo­si­ti­ons­kraft. 83 Man­da­te (von 735) wird sie nun im neu­en Bun­des­tag haben, um elf weni­ger als zuvor. Aller­dings erreich­te sie in Sach­sen und Thü­rin­gen die Mehr­heit und konn­te in Tei­len von Sach­sen-Anhalt und Meck­len­burg-Vor­pom­mern zule­gen, wäh­rend sie in ande­ren Bun­des­län­dern Stim­men­ver­lus­te hin­neh­men musste.

BTW 2021: AfD – Stärke, Gewinne und Verluste (Grafik: FAZ)
BTW 2021: AfD – Stär­ke, Gewin­ne und Ver­lus­te (Gra­fik: inter­ak­tiv bei FAZ)

Die AfD wird jedoch in der Höhe meh­re­rer Mil­lio­nen Euro davon pro­fi­tie­ren, dass sie nun die zwei­te Legis­la­tur­pe­ri­ode im Bun­des­tag sein wird. Ihre Desi­de­ri­us-Eras­mus-Stif­tung wird ab nun staat­li­che Gel­der lukrie­ren. Ein Bünd­nis aus 13 Orga­ni­sa­tio­nen warnt davor, dass damit der Stif­tung ermög­licht wer­de, „zukünf­tig den aka­de­mi­schen und lang­fris­tig auch alle ande­ren gesell­schaft­li­chen Berei­che mit ihrer rechts-brau­nen Ideo­lo­gie zu unter­wan­dern, dann spon­sern wir als Gesell­schaft den Demo­kra­tie­ab­bau in unse­rem Land.“ (zeit.de , 29.6.21)

Her­be Ver­lus­te muss­te die AfD auch bei den Wah­len in Ber­lin (minus 8%-Punkte) und Meck­len­burg-Vor­pom­mern (minus 4%-Punkte) einstecken.

Ande­re rechts­of­fe­ne, rechts­extre­me und neo­na­zis­ti­sche Par­tei­en: NPD, Die Rech­te, Der III Weg, Die Basis

Die NPD ver­liert durch die sehr beschei­de­nen Ergeb­nis­se im Bund, aber auch in Ber­lin und Meck­len­burg-Vor­pom­mern ihre bis­he­ri­gen staat­li­chen Förderungen.

Die NPD hat bei den Wah­len am Sonn­tag ein exis­tenz­ge­fähr­den­des Desas­ter erlebt. Da sie weder im Bund noch in Ber­lin und Meck­len­burg-Vor­pom­mern die Hür­den für die staat­li­che Teil­fi­nan­zie­rung über­wand, steht nun der weit­ge­hen­de Ver­lust öffent­li­cher Gel­der bevor. Här­ter noch: die NPD muss wahr­schein­lich die staat­li­chen Abschlags­zah­lun­gen für 2021, pro Quar­tal 87 000 Euro, zurück­zah­len. Wie die noto­risch klam­me Par­tei das schaf­fen will, ist rät­sel­haft. (tagesspiegel.de, 27.9.21)

Nicht gera­de zuträg­lich für die NPD dürf­te auch sein, dass ihr Vor­sit­zen­der Frank Franz in grö­be­ren juris­ti­schen Pro­ble­men steckt.

Die nur punk­tu­ell kan­di­die­ren­de rechts­extre­me Split­ter­par­tei Der Drit­te Weg kam mit 7.830 Stim­men auf umge­rech­net 0,0 Pro­zent. In Sach­sen gin­gen bei­de Par­tei­en sogar das direk­te gegen­sei­ti­ge Duell mit der AfD ein. Her­aus kamen 0,3 Pro­zent für die NPD und 0,2 Pro­zent für den Drit­ten Weg.

Mit Inter­es­se wird wei­ter­hin auf das Abschnei­den der rechts­of­fe­nen und teils ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen Par­tei aus Quer­den­ker-Rei­hen Die Basis geschaut, die sich bun­des­weit breit auf­ge­stellt hat. Sie erreich­te 1,4 Pro­zent der Stim­men und kommt damit in den Genuss der Teil­nah­me an der staat­li­chen Par­tei­en­fi­nan­zie­rung. (bnr.de, 27.9.21)

Nach­dem „Die Basis“ immer pos­tu­liert hat­te, die Mehr­heit des „Vol­kes“ zu ver­tre­ten, sind deren Vertreter*innen bzw. Fans bereits auf der feu­ri­gen Suche nach Grün­den für das schlech­te Abschnei­den; dass dabei aller­lei ver­schwö­rungs­my­thi­scher Unsinn in die Kanä­le gewor­fen wird, gehört zur DNA die­ser Grup­pie­rung. Aber eine gute Aus­wir­kung hat­te ihr Antre­ten den­noch, wie der Anwalt Jun auf Twit­ter – frei­lich etwas unse­ri­ös, da nicht alle Stim­men von „Die Basis“ von der AfD kamen bzw. zu ihr gewan­dert wären – aus­führt: „Dan­ke Kol­le­ge #Füll­mich. Die­se 1,4% im Müll­ei­mer haben der AfD gefehlt. Damit hat der Bun­des­tag ca. 11 AfD Abge­ord­ne­te weniger.”

Das uner­war­tet schlech­te Abschnei­den des völ­lig nach Rechts abge­rutsch­ten Ex-Ver­fas­sungs­schutz­prä­si­den­ten Hans-Georg Maa­ßen, der in Süd-Thü­rin­gen als Direkt­kan­di­dat der CDU nomi­niert war, erspar­te der Par­tei wei­te­re Pein­lich­kei­ten und inter­ne Dis­kus­sio­nen: Maa­ßen wird nicht in den Bun­des­tag einziehen.

➡️ Die Zeit: AfD im Bun­des­tag – Noch ein biss­chen radikaler

Verwandte Beiträge