Wenn die Hölle mal zufriert, wird es aussehen wie bei dieser Pressekonferenz.
AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen versuchte Spitzenkandidatin Weidel, in die Falle zu treiben, als Thilo Jung (Jung & Naiv) bei der Pressekonferenz die Frage stellte, „Frau Weidel, können Sie sich den Faschisten Höcke als nächsten Parteivorsitzenden vorstellen?“, Weidel ins Schweigen verfiel und Meuthen seiner Parteifreundin zurief: „Alice, du bist gefragt worden!“ Alice verweigerte sichtlich genervt die Antwort.
„Frau Weidel, können Sie sich den Faschisten Höcke als nächsten Parteivorsitzenden vorstellen?“@TiloJung @JungNaiv
Keine Antwort ist auch eine Antwort #noAfD pic.twitter.com/h1zzF7W2lm
— Christopher (@Christavo_Fring) September 27, 2021
Ansonsten lobten sich Weidel und der zweite Spitzenkandidat an ihrer Seite, Tino Chrupalla, gegenseitig für ihren Einsatz im Wahlkampf, für ein gutes Ergebnis, was der nicht-gelobte und unbedankte Meuthen völlig anders sah; er wurde nicht müde, von einer Enttäuschung und Fehlern zu reden. Die eisige Stimmung zwischen den AfD-Granden am Podium veranlasste den User Guido auf YouTube zum durchaus treffenden Kommentar: „Wenn die Hölle mal zufriert, wird es aussehen wie bei dieser Pressekonferenz.“ Es ist unschwer vorauszusagen, dass es Meuthen schwer haben wird, sich an der Spitze der Partei weiter zu halten – nicht zuletzt deshalb, weil der rechtsradikale Flügel der AfD gestärkt wurde.
Die AfD als „Lega Ost“
Gesamt gesehen, ist die Bilanz der AfD tatsächlich durchwachsen: 2,3%-Punkte verlor die Partei gegenüber 2017 und mit Platz 5 auch ihren Status als stärkste Oppositionskraft. 83 Mandate (von 735) wird sie nun im neuen Bundestag haben, um elf weniger als zuvor. Allerdings erreichte sie in Sachsen und Thüringen die Mehrheit und konnte in Teilen von Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zulegen, während sie in anderen Bundesländern Stimmenverluste hinnehmen musste.
Die AfD wird jedoch in der Höhe mehrerer Millionen Euro davon profitieren, dass sie nun die zweite Legislaturperiode im Bundestag sein wird. Ihre Desiderius-Erasmus-Stiftung wird ab nun staatliche Gelder lukrieren. Ein Bündnis aus 13 Organisationen warnt davor, dass damit der Stiftung ermöglicht werde, „zukünftig den akademischen und langfristig auch alle anderen gesellschaftlichen Bereiche mit ihrer rechts-braunen Ideologie zu unterwandern, dann sponsern wir als Gesellschaft den Demokratieabbau in unserem Land“ (zeit.de , 29.6.21).
Herbe Verluste musste die AfD auch bei den Wahlen in Berlin (minus 8%-Punkte) und Mecklenburg-Vorpommern (minus 4%-Punkte) einstecken.
Andere rechtsoffene, rechtsextreme und neonazistische Parteien: NPD, Die Rechte, Der III Weg, Die Basis
Die NPD verliert durch die sehr bescheidenen Ergebnisse im Bund, aber auch in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ihre bisherigen staatlichen Förderungen.
Die NPD hat bei den Wahlen am Sonntag ein existenzgefährdendes Desaster erlebt. Da sie weder im Bund noch in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern die Hürden für die staatliche Teilfinanzierung überwand, steht nun der weitgehende Verlust öffentlicher Gelder bevor. Härter noch: die NPD muss wahrscheinlich die staatlichen Abschlagszahlungen für 2021, pro Quartal 87 000 Euro, zurückzahlen. Wie die notorisch klamme Partei das schaffen will, ist rätselhaft. (tagesspiegel.de, 27.9.21)
Nicht gerade zuträglich für die NPD dürfte auch sein, dass ihr Vorsitzender Frank Franz in gröberen juristischen Problemen steckt.
Die nur punktuell kandidierende rechtsextreme Splitterpartei Der Dritte Weg kam mit 7.830 Stimmen auf umgerechnet 0,0 Prozent. In Sachsen gingen beide Parteien sogar das direkte gegenseitige Duell mit der AfD ein. Heraus kamen 0,3 Prozent für die NPD und 0,2 Prozent für den Dritten Weg.
Mit Interesse wird weiterhin auf das Abschneiden der rechtsoffenen und teils verschwörungsideologischen Partei aus Querdenker-Reihen Die Basis geschaut, die sich bundesweit breit aufgestellt hat. Sie erreichte 1,4 Prozent der Stimmen und kommt damit in den Genuss der Teilnahme an der staatlichen Parteienfinanzierung. (bnr.de, 27.9.21)
Nachdem „Die Basis“ immer postuliert hatte, die Mehrheit des „Volkes“ zu vertreten, sind deren Vertreter*innen bzw. Fans bereits auf der feurigen Suche nach Gründen für das schlechte Abschneiden; dass dabei allerlei verschwörungsmythischer Unsinn in die Kanäle geworfen wird, gehört zur DNA dieser Gruppierung. Aber eine gute Auswirkung hatte ihr Antreten dennoch, wie der Anwalt Jun auf Twitter – freilich etwas unseriös, da nicht alle Stimmen von „Die Basis“ von der AfD kamen bzw. zu ihr gewandert wären – ausführt: „Danke Kollege #Füllmich. Diese 1,4% im Mülleimer haben der AfD gefehlt. Damit hat der Bundestag ca. 11 AfD Abgeordnete weniger.”
Danke Kollege #Füllmich.Diese 1,4% im Mülleimer haben der AfD gefehlt. Damit hat der Bundestag ca. 11 AfD Abgeordnete weniger. Danke auch an Freie Wähler, die 2,4% Impfskeptiker aus dem Bundestag hielten. pic.twitter.com/PGbKbCAMtN
— Chan-jo Jun (@Anwalt_Jun) September 27, 2021
Das unerwartet schlechte Abschneiden des völlig nach Rechts abgerutschten Ex-Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, der in Süd-Thüringen als Direktkandidat der CDU nominiert war, ersparte der Partei weitere Peinlichkeiten und interne Diskussionen: Maaßen wird nicht in den Bundestag einziehen.
➡️ zeit.de (29.9.21): AfD im Bundestag – Noch ein bisschen radikaler