Wahlen in Deutschland: wenige Jubelanlässe für Rechtsextreme

Es war für der AfD nicht Nah­este­hende amüsant: Die AfD-Spitzen wet­zten im Rah­men ein­er Nach­wahl­pressekon­ferenz auf offen­er Bühne ver­bal die Mess­er und richteten sich gegen­seit­ig Unfre­undlichkeit­en aus. Nicht zum Lachen dürfte auch den anderen recht­sex­tremen Parteien sein, die bei der Bun­destagswahl alle­samt unterge­gan­gen sind. Ganz dick kam’s für die NPD, denn die schlit­tert nun in eine Finanzmisere.

Wenn die Hölle mal zufriert, wird es ausse­hen wie bei dieser Pressekonferenz.

AfD-Bun­dessprech­er Jörg Meuthen ver­suchte Spitzenkan­di­datin Wei­del, in die Falle zu treiben, als Thi­lo Jung (Jung & Naiv) bei der Pressekon­ferenz die Frage stellte, „Frau Wei­del, kön­nen Sie sich den Faschis­ten Höcke als näch­sten Parteivor­sitzen­den vorstellen?“, Wei­del ins Schweigen ver­fiel und Meuthen sein­er Parteifre­undin zurief: „Alice, du bist gefragt wor­den!“ Alice ver­weigerte sichtlich gen­ervt die Antwort.

Anson­sten lobten sich Wei­del und der zweite Spitzenkan­di­dat an ihrer Seite, Tino Chru­pal­la, gegen­seit­ig für ihren Ein­satz im Wahlkampf, für ein gutes Ergeb­nis, was der nicht-gelobte und unbe­dank­te Meuthen völ­lig anders sah; er wurde nicht müde, von ein­er Ent­täuschung und Fehlern zu reden. Die eisige Stim­mung zwis­chen den AfD-Granden am Podi­um ver­an­lasste den User Gui­do auf YouTube zum dur­chaus tre­f­fend­en Kom­men­tar: „Wenn die Hölle mal zufriert, wird es ausse­hen wie bei dieser Pressekon­ferenz.“ Es ist unschw­er vorauszusagen, dass es Meuthen schw­er haben wird, sich an der Spitze der Partei weit­er zu hal­ten – nicht zulet­zt deshalb, weil der recht­sradikale Flügel der AfD gestärkt wurde.

Die AfD als „Lega Ost“

Gesamt gese­hen, ist die Bilanz der AfD tat­säch­lich durchwach­sen: 2,3%-Punkte ver­lor die Partei gegenüber 2017 und mit Platz 5 auch ihren Sta­tus als stärk­ste Oppo­si­tion­skraft. 83 Man­date (von 735) wird sie nun im neuen Bun­destag haben, um elf weniger als zuvor. Allerd­ings erre­ichte sie in Sach­sen und Thürin­gen die Mehrheit und kon­nte in Teilen von Sach­sen-Anhalt und Meck­len­burg-Vor­pom­mern zule­gen, während sie in anderen Bun­deslän­dern Stim­men­ver­luste hin­nehmen musste.

BTW 2021: AfD – Stärke, Gewinne und Verluste (Grafik: FAZ)

BTW 2021: AfD – Stärke, Gewinne und Ver­luste (Grafik: inter­ak­tiv bei FAZ)

Die AfD wird jedoch in der Höhe mehrerer Mil­lio­nen Euro davon prof­i­tieren, dass sie nun die zweite Leg­is­laturpe­ri­ode im Bun­destag sein wird. Ihre Desiderius-Eras­mus-Stiftung wird ab nun staatliche Gelder lukri­eren. Ein Bünd­nis aus 13 Organ­i­sa­tio­nen warnt davor, dass damit der Stiftung ermöglicht werde, „zukün­ftig den akademis­chen und langfristig auch alle anderen gesellschaftlichen Bere­iche mit ihrer rechts-braunen Ide­olo­gie zu unter­wan­dern, dann spon­sern wir als Gesellschaft den Demokratieab­bau in unserem Land.“ (zeit.de , 29.6.21)

Herbe Ver­luste musste die AfD auch bei den Wahlen in Berlin (minus 8%-Punkte) und Meck­len­burg-Vor­pom­mern (minus 4%-Punkte) einstecken.

Andere recht­sof­fene, recht­sex­treme und neon­azis­tis­che Parteien: NPD, Die Rechte, Der III Weg, Die Basis

Die NPD ver­liert durch die sehr beschei­de­nen Ergeb­nisse im Bund, aber auch in Berlin und Meck­len­burg-Vor­pom­mern ihre bish­eri­gen staatlichen Förderungen.

Die NPD hat bei den Wahlen am Son­ntag ein exis­ten­zge­fährden­des Desaster erlebt. Da sie wed­er im Bund noch in Berlin und Meck­len­burg-Vor­pom­mern die Hür­den für die staatliche Teil­fi­nanzierung über­wand, ste­ht nun der weit­ge­hende Ver­lust öffentlich­er Gelder bevor. Härter noch: die NPD muss wahrschein­lich die staatlichen Abschlagszahlun­gen für 2021, pro Quar­tal 87 000 Euro, zurück­zahlen. Wie die notorisch klamme Partei das schaf­fen will, ist rät­sel­haft. (tagesspiegel.de, 27.9.21)

Nicht ger­ade zuträglich für die NPD dürfte auch sein, dass ihr Vor­sitzen­der Frank Franz in gröberen juris­tis­chen Prob­le­men steckt.

Die nur punk­tuell kan­di­dierende recht­sex­treme Split­ter­partei Der Dritte Weg kam mit 7.830 Stim­men auf umgerech­net 0,0 Prozent. In Sach­sen gin­gen bei­de Parteien sog­ar das direk­te gegen­seit­ige Duell mit der AfD ein. Her­aus kamen 0,3 Prozent für die NPD und 0,2 Prozent für den Drit­ten Weg.

Mit Inter­esse wird weit­er­hin auf das Abschnei­den der recht­sof­fe­nen und teils ver­schwörungside­ol­o­gis­chen Partei aus Quer­denker-Rei­hen Die Basis geschaut, die sich bun­desweit bre­it aufgestellt hat. Sie erre­ichte 1,4 Prozent der Stim­men und kommt damit in den Genuss der Teil­nahme an der staatlichen Parteien­fi­nanzierung. (bnr.de, 27.9.21)

Nach­dem „Die Basis“ immer pos­tuliert hat­te, die Mehrheit des „Volkes“ zu vertreten, sind deren Vertreter*innen bzw. Fans bere­its auf der feuri­gen Suche nach Grün­den für das schlechte Abschnei­den; dass dabei aller­lei ver­schwörungsmythis­ch­er Unsinn in die Kanäle gewor­fen wird, gehört zur DNA dieser Grup­pierung. Aber eine gute Auswirkung hat­te ihr Antreten den­noch, wie der Anwalt Jun auf Twit­ter – freilich etwas unser­iös, da nicht alle Stim­men von „Die Basis“ von der AfD kamen bzw. zu ihr gewan­dert wären – aus­führt: „Danke Kol­lege #Füllmich. Diese 1,4% im Mülleimer haben der AfD gefehlt. Damit hat der Bun­destag ca. 11 AfD Abge­ord­nete weniger.”

Das uner­wartet schlechte Abschnei­den des völ­lig nach Rechts abgerutscht­en Ex-Ver­fas­sungss­chutzpräsi­den­ten Hans-Georg Maaßen, der in Süd-Thürin­gen als Direk­tkan­di­dat der CDU nominiert war, ersparte der Partei weit­ere Pein­lichkeit­en und interne Diskus­sio­nen: Maaßen wird nicht in den Bun­destag einziehen.

➡️ Die Zeit: AfD im Bun­destag – Noch ein biss­chen radikaler