Kickl, Klima & Corona

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End­lich! End­lich hat die FPÖ einen Chef, der in allen Dis­zi­pli­nen der Natur­wis­sen­schaft so beschla­gen ist, dass er die „Kli­ma­sa­che“ (© H. Kickl) eben­so befugt ana­ly­sie­ren und the­ra­pie­ren kann wie die an COVID-19 Erkrank­ten. Her­bert Kickl, der neue Par­tei­ob­mann der FPÖ, lie­fer­te in den „Som­mer­ge­sprä­chen“ des ORF am 23.8. die Bele­ge dafür ab. Wir haben trotz­dem lei­se Zweifel!

Die Glet­scher kom­men schon wie­der zurück!?

Wenn einer wie Kickl sich mit der „Kli­ma­sa­che“ beschäf­tigt, dann natür­lich nur mit­tels der Hegel­schen Dia­lek­tik: „Das Wah­re ist das Gan­ze. Das Gan­ze aber ist nur das durch sei­ne Ent­wick­lung sich voll­enden­de Wesen.“ (Hegel, nicht Kickl) Damit ist für Kickl eigent­lich schon alles gesagt, wenn auch in ande­ren Wor­ten: „Gera­de die Bau­ern“, beton­te Kickl in sei­ner Ant­wort auf Lou Lorenz-Dittl­ba­cher, die ihn mit der Fra­ge „Ist [die Kli­ma­kri­se] eh nicht so schlimm?“ natür­lich pro­vo­zie­ren woll­te, „gera­de die Bau­ern, und das sind ja meis­tens Fami­li­en, die das über vie­le Gene­ra­tio­nen schon machen, wis­sen sehr gut, dass es sol­che Pha­sen unter­schied­li­cher Kli­ma­aus­prä­gun­gen oder Kli­ma­ex­tre­me immer wie­der gege­ben hat. Und die stel­len sich sehr, sehr gut dar­auf ein.

Herbert Kickl im ORF-Sommergespräch 2021: "über die Klimasache reden"

Her­bert Kickl im ORF-Som­mer­ge­spräch 2021: „über die Kli­ma­sa­che reden”

Wir haben es also, wenn Stark­re­gen, Dür­re­pe­ri­oden, Orka­ne und Hit­ze­wel­len deut­lich zuneh­men, nicht mit einer Kli­ma­kri­se oder ‑kata­stro­phe zu tun, son­dern, so Kick­ls Klar­blick, mit einer Pha­se von Kli­ma­aus­prä­gung, auf die sich die mit über Jahr­hun­der­te tra­dier­tem Fami­li­en­wis­sen aus­ge­stat­te­ten Bau­ern sehr, sehr gut einstellen.

Sonst noch offe­ne Fra­gen zu Kick­ls Kli­ma­ana­ly­se? Ach ja, wie ist das mit den Glet­schern? Also da bewegt sich Kickl auch in ganz gro­ßen Zeiträumen:

… wenn wir über die Kli­ma­sa­che reden, dann müs­sen wir wis­sen, dass wir die Bil­der, die wir von der Glet­scher-Aus­deh­nung alle ken­nen, und ich ken­ne die alle sehr gut, weil das ist die Zeit, wo dann die Foto­gra­fie mas­si­ver ein­ge­setzt hat und wo all die­se Füh­rer-Lite­ra­tur zum Bei­spiel im Zusam­men­hang mit den hohen Gebir­gen ent­stan­den ist, dass die­se Glet­scher-Aus­deh­nung dann in einer Zeit ent­stan­den ist, als wir qua­si das Ende … einer Eis­zeit gehabt haben.

Damit wir hier fol­gen kön­nen: Die Glet­scher-Aus­deh­nung und die Bil­der davon kennt Kickl also sehr gut, weil das die Zeit war, wo die Foto­gra­fie mas­si­ver ein­ge­setzt hat und die – sor­ry Kickl, nicht unse­re Dik­ti­on! – „Füh­rer-Lite­ra­tur“ ent­stan­den ist, und wir „qua­si das Ende der Eis­zeit“ gehabt haben. Oder so. Irgend­wie. Kurz und gut: Am Ende der Eis­zeit haben sich die Glet­scher aus­ge­dehnt? Aber wann ging die­se Eis­zeit zu Ende? Laut Wis­sen­schaft in der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts. Die Fotos von damals, die Kickl gut kennt, gab’s zwar nicht wirk­lich, aber sei’s drum, denn für Kickl ist was ande­res wesent­lich: „… das war eine Pha­se der Kli­ma­ent­wick­lung, und es gibt ande­re Pha­sen der Kli­ma­ent­wick­lung. Der Glet­scher hat sich wie­der zurück­ge­zo­gen, und mög­li­cher­wei­se wird es wie­der Pha­sen geben, wo sich der Glet­scher aus­dehnt.

Mög­li­cher­wei­se zwar erst in 50.000 Jah­ren, aber ers­tens denkt ein Kickl in sehr lan­gen Zeit­räu­men und nicht in kur­zen Wahl­pe­ri­oden, und zwei­tens kann es sowie­so anders und viel frü­her kom­men: „Ich darf nur dar­an erin­nern, in den 70er-Jah­ren – auch das weiß ich noch sehr gut – haben die Kli­ma­for­scher welt­weit vor einer neu­en Eis­zeit und vor einem Vor­stoß der Glet­scher gewarnt.“

Spä­tes­tens jetzt müs­sen wir aller­dings vor dem Wis­sen Kick­ls, der 1968 gebo­ren wur­de, und sei­nen kind­li­chen Erin­ne­run­gen war­nen: Fast alle Wissenschafter*innen gin­gen damals schon in ihren Ana­ly­sen von einer dro­hen­den Kli­ma­er­wär­mung aus (Stich­wort „Club of Rome“). Aber selbst wenn es um eini­ge Grad hei­ßer wer­den soll­te, spen­det Kickl Trost und Rat: „Ich glau­be, eine ver­nünf­ti­ge Umwelt­po­li­tik besteht zunächst ein­mal dar­in, sich jetzt in Öster­reich an die­se Gege­ben­hei­ten mög­lichst gut anzu­pas­sen.“ Da wird von bös­ar­ti­gen Medi­en immer ein rebel­li­scher, wider­stän­di­ger Kickl beschrie­ben. Völ­lig falsch! Wenn‘s dar­um gin­ge, etwas zu bewe­gen, zu ver­än­dern, die Kli­ma­kri­se zu bekämp­fen, dann wird ein Kickl ganz klein und demü­tig und will nur die Anpas­sung an die Gege­ben­hei­ten: „mög­lichst gut“. Brav, sehr brav, Herbert!

Die Geimpf­ten sind das Problem!?

Kickl kennt Coro­na, kei­ne Fra­ge. Vor allem die Imp­fung. Jeden Tag bekom­me er Post von Ärz­ten, die ihn, den unbe­strit­te­nen Ken­ner, über „die­se Neben­wir­kun­gen infor­mie­ren. Da rede ich von kör­per­li­cher Abge­schla­gen­heit, da rede ich von Fie­ber und Schüt­tel­frost, da rede ich von Leu­ten, die plötz­lich Pro­ble­me mit ihrem Seh­ver­mö­gen haben, da reden wir von Throm­bo­sen, da reden wir von Din­gen.

Von „Din­gen?“ „Sie wis­sen das alles ganz genau!“, ent­fährt es ihm noch. Die Inter­viewe­rin weiß es aber nicht, schon gar nicht genau. Woher denn auch? Aber Kickl kennt sich auch in Isra­el aus: „Jetzt sehen wir dort eine Situa­ti­on, dass die Hälf­te der Leu­te, die hos­pi­ta­li­siert sind, dass die dort dop­pelt geimpft sind.“ Den Ein­wand von Lou Lorenz-Dittl­ba­cher, wonach das auf die sehr frü­hen Imp­fun­gen (und den nach­las­sen­den Impf­schutz) zurück­zu­füh­ren sei, kon­tert Kickl maxi­mal ele­gant: „Sie kom­men immer mit irgend­was daher.

Das ist näm­lich ziem­lich ärger­lich für einen so gro­ßen Den­ker wie Kickl, wenn da wer ande­rer, noch dazu eine Frau, mit irgend­et­was daher­kommt! Jetzt kommt näm­lich Kickl mit etwas Gro­ßem daher. Schließ­lich hat Coro­na-Ken­ner Kickl „gera­de vor zwei Tagen eine Sta­tis­tik des Israe­li­schen Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums bekom­men, wo glau­be ich, seit Beginn Mai bis Anfang August, die Zahl der COVID-Toten ange­se­hen wur­de und sie­he da, zwei Drit­tel derer, die an COVID gestor­ben sind in Isra­el, sind dop­pelt Geimpf­te.

Da müs­sen jetzt wir mit irgend­et­was daher­kom­men. Mit Zah­len und Fak­ten näm­lich: Bis zum 1.5.2021 sind in Isra­el 6.386 Men­schen an COVID-19 ver­stor­ben. Am 1.8.2021 waren es 6.487 Men­schen. Inner­halb der drei Mona­te gab es also nur 101 Tote. Allein im Jän­ner 2021 – Isra­el stand damals am Beginn der Impf­kam­pa­gne – waren es 1.410 Men­schen, die an COVID-19 ver­stor­ben sind, im Sep­tem­ber 2020 – damals gab es noch gar kei­ne Imp­fun­gen – waren es 977. Gibt es einen bes­se­ren Beweis für die Wirk­sam­keit der Imp­fun­gen in Isra­el als die stark sin­ken­den Zah­len an Coro­na-Toten, vor allem im 2. Quar­tal 2021? Im Juni 21 gab es ins­ge­samt nur sie­ben Corona-Tote!

Gut mög­lich also, dass von den 101 COVID-Toten im Zeit­raum Mai bis Anfang August zwei Drit­tel dop­pelt Geimpf­te waren. War­um das so sein kann, das erklärt übri­gens der „Spie­gel“ in die­sem Bei­trag bzw. der Bio­sta­tis­ti­ker Jef­frey Mor­ris anhand der Zah­len aus Isra­el. Sehr ver­ein­facht, wenn in einem Land mit zehn Mil­lio­nen alle – aus­ge­nom­men zwei Per­so­nen – geimpft wären und von den bei­den Unge­impf­ten stirbt einer und von den fast 10 Mil­lio­nen Geimpf­ten ster­ben zwei, dann hät­ten wir zwar auch das von Kickl kon­sta­tier­te Ver­hält­nis von zwei Drit­teln geimpf­ten Coro­na-Toten zu einem Drit­tel unge­impf­te, aber eine Wirk­sam­keit des Impf­stof­fes, die fast auf 100 Pro­zent gin­ge, wäh­rend die Wirk­sam­keit der von Kickl gegen eine Coro­na-Erkran­kung pro­pa­gier­ten Bit­ter­stof­fe doch eher beschei­den aus­fie­le. Bit­ter für Kickl!

➡️ Wiki­pe­dia zur COVID-19-Pan­de­mie in Israel