Das Einzige, was bis jetzt schon mit Sicherheit gefunden werden konnte, ist ein eklatanter Militärskandal. Conings war nämlich schon seit Jahren als bekennender Rechtsextremist bekannt, der auch vom belgischen Militärgeheimdienst beobachtet wurde und trotzdem bis zu seinem Abtauchen noch ungehindert Zugang zum Waffenarsenal seiner Kaserne hatte, wo er sich unter anderem mit einer Maschinenpistole, Munition und Panzerabwehrraketen für seine Flucht ausrüstete.
Der Militärgeheimdienst hat den Irak- und Afghanistan-Veteranen Anfang 2021 als ersten belgischen Soldaten sogar auf eine Terrorliste gesetzt, „wovon das Verteidigungsministerium aber nicht erfahren haben will“, wie die „Tagesschau“ der ARD berichtet. Conings, der sich im Internet als Anhänger der rechtsextremen und rassistischen Partei „Vlaams Belang“ (mit der die FPÖ gute Kontakte pflegte) zu erkennen gegeben hat, soll auch der „Vlaams Legioen“, einer Nazi-Gruppe in der Tradition der „Flämischen Legion“, einer Waffen-SS-Einheit, Gefechtsausbildung gegeben haben.

Mit mehreren Hundertschaften fahnden Polizei und Armee seit dem 18. Mai nach Conings, nachdem dieser seine militärischen Auszeichnungen am Grab seiner Eltern niedergelegt und mehrere „Abschiedsbriefe“ verfasst hatte, in denen er schrieb, er könne „nicht mehr in einer Welt leben, in der die Politiker und die Virologen uns alles genommen haben“ (Blick nach Rechts, 31.5.21, zugänglich mit Abo). Wie die Fahnder später herausgefunden haben, hatte Conings noch am Tag vor Beginn der Fahndung dem Virologen Marc van Ranst vor dessen Wohnung aufgelauert.
Der Wissenschaftler und seine Familie wurden umgehend in Sicherheit gebracht. Marc Van Ranst ist für Pandemie-Leugner und Schutzmaßnahmen-Gegner in Belgien eine ähnliche Hassfigur wie der Virologe Christian Drosten oder der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach in Deutschland. Einige Medien berichteten, Conings habe den belgischen Virologen regelmäßig auch zuvor schon über die sozialen Medien angefeindet und bedroht. Zudem wurden nach dem Untertauchen zeitweise Moscheen in der Provinz Limburg vorsorglich geschlossen oder verstärkt überwacht. Später berichteten Medien, dass neben Van Ranst auch neun andere Personen und deren Familien unter besonderem Schutz gestellt oder in Sicherheit gebracht wurden („Safehouse“). (Blick nach Rechts)
Als vorläufige Konsequenz aus dem Versagen des Militärs bei Conings wurde elf weiteren rechtsextremen Soldaten der Zugang zu Waffendepots und sensiblen Informationen gesperrt, und insgesamt fünfzig rechtsextreme Soldaten sollen in Zukunft stärker beobachtet werden. Das alles klingt wie ein schlechter Scherz angesichts des Faktums, dass selbst ein als potenzieller Terrorist eingestufter und bestens beobachteter Soldat wie Conings völlig ungestört agieren konnte. Der Ruf nach politischen Konsequenzen verhallte bisher dennoch ungehört, wobei das in der fragilen politischen Landschaft mit den schwierigen Regierungsbildungen nicht völlig unverständlich ist:
Die belgische Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder ist erst seit sechs Monaten im Amt und weist jede Verantwortung für die Pannenserie weit von sich: „Ich habe ein Ministerium vorgefunden, das über viele Jahre vernachlässigt worden ist, was das Personal angeht, die Einsatzbereitschaft und die Infrastruktur. (ARD-Tagesschau)
Noch ist völlig unklar, ob Conings, dessen Auto kurz nach seinem Untertauchen mit einer Sprengfalle präpariert gefunden wurde, noch am Leben ist oder weiter seine Terrordrohungen umsetzen will. Schließlich sind mittlerweile zwei Wochen vergangen, in denen – abgesehen von dem Auto – keine weiteren Hinweise oder Lebenszeichen gefunden wurden. Kräftig meldeten sich jedoch seine Anhänger*innen: Eine mittlerweile von Facebook geschlossene Gruppe, die sich mit Conings solidarisierte, verzeichnete binnen kürzester Zeit fast 50.000 Fans.

In seiner Heimat Maasmechelen gab es mehrere Schweigemärsche mit Hunderten Demonstrierenden – viele von ihnen natürlich aus der rechtsextremen Ecke rund um den Vlaams Belang. Sollte die (sozialliberale) Regierung über den Skandal um Conings stürzen, dann wäre es gar nicht so unwahrscheinlich, dass entweder die rechten flämischen Nationalisten von der N‑VA oder gar die Rechtsextremen vom Vlaams Belang bei der nächsten Regierung mitspielen würden. Das wäre zumindest ein Punktesieg für den abgetauchten Rechtsextremisten.
