Vizekanzler Strache zeigte sich begeistert: „Franz Dinghofer war zweifellos die wichtigste und prägendste Gestalt des Dritten Lagers in der Ersten Republik. Höchste Zeit für eine entsprechende filmische Würdigung! Wir freuen uns, dass dem großen Politiker und Österreicher nun mit dieser Dokumentation ein filmisches Denkmal gesetzt wird. … Das bedeutet, im wahrsten Sinne des Wortes, dem öffentlich-rechtlichen Auftrag gerecht zu werden.“
Es gab aber auch Kritik an der ORF-Produktion. Christoph Kotanko schrieb in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ über die Darstellung Dinghofers: „Dass er jetzt plötzlich zu einem Baumeister der Republik – auf einer Ebene etwa mit Karl Renner – hochstilisiert wird, hat partei- und medienpolitische Motive. Die FPÖ sucht als Regierungspartei herzeigbare Altvordere. Das ist nicht einfach. Ein Beispiel: Ihr erster Obmann war der Innviertler Anton Reinthaller, ein ehemaliger SS-Brigadeführer, der 1950 bis 1953 als „schwerbelastet” inhaftiert war.“
Tatsache ist, dass die Dokumentation Franz Dinghofer sehr freundlich zeichnet. So heißt es, sein „Vermächtnis“ sei „in der Mitte zu finden“. Dass der Burschenschafter („Ostmark Graz“) für den „Auszug“ der jüdischen Bevölkerung eintrat und die Großdeutsche Volkspartei, deren Mitbegründer und zeitweiser Obmann er war, einen aggressiven Antisemitismus propagierte, wird nicht ernsthaft thematisiert.
Bis zur Geschichtsverfälschung steigert sich diese Tendenz der Darstellung, wenn es um das Verhältnis Dinghofers zum Nationalsozialismus geht. Die ORF-Produktion folgt dabei einer Aussage des FPÖ-Politikers Martin Graf, der das Dinghofer-Institut leitet: „Ihn in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken, ist absurd.“
Wer die Sendung gesehen hat, muss glauben, Dinghofer habe den Nationalsozialismus abgelehnt. Er sei „zwangspensioniert“ und „enteignet“ worden, heißt es. Der FPÖ-Parteihistoriker Lothar Höbelt bescheinigt Dinghofer sogar „innere Emigration“. Der Historikerin Gudula Walterskirchen zufolge war der großdeutsche Politiker „eigentlich ein Patriot“.
Solche scheinbar professionellen Befunde halten einer Überprüfung allerdings nicht stand. Das bewies eine Anfrage beim Bundesarchiv in Berlin (dem früheren Berlin Document Center), ob Dinghofer NSDAP-Mitglied war. Die Auskunft ist eindeutig: Der angebliche „Baumeister der Republik“ und angebliche „innere Emigrant“ bemühte sich 1940 um die Aufnahme in die NSDAP, die ihm bereits nach zweieinhalb Monaten gewährt wurde (Mitgliedsnummer 8450902). Ein durchaus logischer Schritt, denn die von Dinghofer mitbegründete Großdeutsche Volkspartei hatte sich schon 1933 mit der NSDAP zu einer „Kampfgemeinschaft“ zusammengeschlossen.
„Soweit wir wissen, hat Franz Dinghofer kein Verbrechen begangen. Aber er hat ein Verbrecherregime unterstützt“, sagt Willi Mernyi, der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ). „Dass diese Dokumentation einen überzeugten Antisemiten und Nationalsozialisten verklärt, macht sie nicht nur für Holocaust-Überlebende unerträglich, sondern für alle Gegner des Faschismus. Sie ist des ORF unwürdig und schadet seinem sonst hervorragenden Ruf.“
„Es ist schon eigenartig: Das Bundesarchiv in Berlin hat uns auf eine einfache Anfrage hin nach nur einer Woche die NSDAP-Mitgliedskarte von Dinghofer übermittelt. Warum haben die Historiker der aufwändigen ORF-Dokumentation diesen selbstverständlichen Faktencheck nicht geschafft, sondern stattdessen regelrecht ins Blaue fabuliert? War das bloß grobe Fahrlässigkeit oder sollte da ein vorgefasstes Bild der Person Dinghofer nicht gestört werden?“, fragt Robert Eiter, Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus (Antifa-Netzwerk).
„Franz Dinghofer war mit Sicherheit kein österreichischer Patriot. Die wahren Patrioten haben im Widerstand für Österreich gekämpft. Viele wurden von den braunen Zerstörern Österreichs, denen sich Dinghofer anschloss, in Konzentrationslagern und Gestapo-Gefängnissen ermordet“, stellt Willi Mernyi fest. „Die Konsequenzen sind klar: Der ORF darf diese Geschichtsverfälschung nicht länger verbreiten und muss sich bei den Zuschauerinnen und Zuschauern entschuldigen. Und die FPÖ wäre gut beraten, ihr Dinghofer-Institut aufzulösen – außer sie will ihr Verhältnis zu Israel verbessern, indem sie weiter einen Nazi hochjubelt.“
NSDAP-Mitgliedskartei Dinghofer (Hinweis: Die PDF-Datei im Anhang, die die NSDAP-Mitgliedskarte von Franz Dinghofer wiedergibt, wurde uns freundlicherweise vom Bundesarchiv in Berlin zur Verfügung gestellt. Alle Rechte an dieser PDF-Datei liegen beim Bundesarchiv in Berlin.)
Quelle: mkoe.at