Der Mörder und die Neonazis

Sieben Wochen, nach­dem Ger­hard S. von einem Freigang nicht in die Jus­ti­zanstalt Garsten (OÖ) zurück­gekehrt ist, wird der flüchtige Häftling in Sach­sen-Anhalt von Zielfah­n­dern aufge­grif­f­en und nach Öster­re­ich rück­über­stellt. Soweit noch ziem­lich unspek­takulär. Aber Ger­hard S. ist 1997 wegen eines bru­tal­en Mordes an ein­er Pros­ti­tu­ierten verurteilt wor­den. Und wo wurde er gefun­den? Auf einem Neonazi-Bauernhof!

Die Mel­dun­gen in fast allen öster­re­ichis­chen Medi­en über den ent­flo­henen Häftling ließen keine Rückschlüsse auf weit­ere Auf­fäl­ligkeit­en zu: „Geflo­hen­er Mörder nach sieben Wochen im Aus­land ver­haftet“, titelte etwa die OÖN und führte aus, dass er das nach 22 Jahren „unauf­fäl­liger Haft“ gemacht habe. „Ich wollte ein­fach den Som­mer genießen“, soll er bei sein­er Fes­t­nahme erk­lärt haben.

Da stellt sich zunächst aber die Frage, warum ein Lebenslanger wie Ger­hard S. kurz vor ein­er zu erwartenden bed­ingten vorzeit­i­gen Ent­las­sung noch schnell ein­mal ab- und sich so mit Sicher­heit die bed­ingte Ent­las­sung verhaut.

Dann aber kommt schon die eben­so wichtige Frage, wohin der Ger­hard S. aus der Haft geflüchtet ist? Und da erleben wir eine große Über­raschung: Die „Kro­ne“ berichtet näm­lich unter dem roman­tis­chen Titel „Pros­ti­tu­ierten­mörder beim Kirsch­pflück­en ver­haftet“, dass Ger­hard S. „in der Neon­azi-Szene im deutschen Bun­des­land Sach­sen unter­ge­taucht“ ist.

Ein ent­flo­hen­er Mörder find­et also Unter­schlupf bei Neon­azis auf einem Bauern­hof. Weil Neon­azis so gast­fre­undlich sind? Oder weil sie auch Mördern eine Chance geben wollen? Spätestens hier wird’s höch­ste Zeit, die Ver­gan­gen­heit des Ger­hard S. etwas näher zu betrachten.

Anfang Dezem­ber 1996 wird Ger­hard S. ver­haftet, weil er drin­gend verdächtig ist, den Mord an der 19-jähri­gen Petra K. verübt zu haben. Petra K., die in Linz als Geheim­pros­ti­tu­ierte arbeit­ete, hat­te sich Wochen zuvor hil­fe­suchend an die Polizei gewandt, weil sie von ihrem Zuhäl­ter Georg W. mas­siv bedro­ht wurde. Seine Fes­t­nahme wurde aber von einem Jour­nal­richter rasch wieder aufge­hoben und was fol­gte, war der Auf­trag zum Mord („Die gehört weg­geräumt“), den Georg W. an Ger­hard S. erteilte. Die „Kro­ne“ (31.8.97) berichtete damals über den bru­tal­en Mord: „Die Frau mußte sich im Keller eines Abbruch­haus­es niederknien, S. (…) set­zte ihr einen Revolver am Genick an. Nach einem Fehlver­such drück­te er ein zweites Mal ab.

Kurz blitzte in der Prozess­berichter­stat­tung damals auch auf, dass es Kon­tak­te zu Küs­sel gab: Fotos im Akt belegten seine Kon­tak­te zu recht­sradikalen Kreisen. Sie zeigen den Waf­fen­nar­ren mit dem Neon­azi Got­tfried Küs­sel und bei Schießübun­gen vor einem Kleinkind. (Kro­nen Zeitung, 31.8.97)

Mit dem Waf­fen­nar­ren ist Georg W., der Zuhäl­ter, gemeint. Es dürfte aber auch für seine Pal­a­dine Ger­hard S. und Michael Sch. gegolten haben, die für W. die Dreckar­beit macht­en. Nach sein­er Fes­t­nahme führte Ger­hard S. die Polizei in den Wiener Res­sel­park, wo er neben ein­er Schule eine Hand­granate ver­bud­delt hat­te. Küs­sel, Waf­fen, Hand­granate und ein bru­taler Mord – damals wurde nicht weit­er über diese Zusam­men­hänge recher­chiert. Ger­hard S. als Täter und Georg W. als Auf­tragge­ber wur­den in einem Geschwore­nen­prozess in Linz im August 1997 zu lebenslanger Haft verurteilt, Georg W. starb dann 2001 an ein­er Über­do­sis Medika­mente, nach­dem er 1998 verge­blich eine Wieder­auf­nahme des Ver­fahrens ver­sucht hatte.

Ende Juni 2018 taucht dann der Mörder aus dem Rotlicht­bere­ich, Ger­hard S., bei den Neon­azis auf. Nicht in Sach­sen, wie die „Kro­ne“ irrtüm­lich schreibt, son­dern im Bun­des­land Sach­sen-Anhalt, im Bur­gen­land­kreis, ein­er Gegend, die immer wieder durch neon­azis­tis­che Aktiv­itäten auf­fällt. Und dort, in der Nähe der Stadt Naum­burg, gibt es auch einen Neon­azi- Bauern­hof mit guten Öster­re­ich-Con­nec­tions. Mit sehr auf­fäl­li­gen sog­ar, denn dort resi­dierte nicht nur der als „Reich­strunk­en­bold“ bekan­nte Neon­azi Philip T., …

Soli-Auifk­le­ber aus der Nazi-Szene für Philip T.

… son­dern auch der „Krafti“, der für das „Objekt 21“ im „S & K Man­age­ment“ tätig war, also im Rotlichtbereich.

„Krafti” und das S & K Management

Wer an den Oster­hasen glaubt, darf das alles nach wie vor für einen Zufall halten.