Die Anklage hat einiges zusammengetragen, was sie dem Trio aus dem Bezirk Braunau anlastete. Dürfte nicht besonders schwierig gewesen sein, denn die drei sind trotz ihres jungen Alters schon seit Jahren in der Szene aktiv, haben teilweise sogar noch die kurze Scheinblüte des politischen Projekts „Objekt 21” erlebt – und das ist ja schon einige Jahre her.
Jetzt mimten sie Einsicht vor Gericht, was wenig glaubwürdig erscheint, wenn man weiß, dass der Zweitangeklagte (23), der Mann mit der Kartoffel im Fake-Namen, die Nazi-Nibelungen-Nacht im Visier hat. Der Drittangeklagte (23) brüstet sich auf Facebook mit dem Bekenntnis, „Ich bin Horst Mahler“, also mit einem bekennenden und mehrfach verurteilten Neonazi. Wünscht er sich auch dessen Haftstrafen? Auf seiner Brust hat er das Tattoo „Meine Ehre heißt Treue“, das er sich noch nächste Woche bei seinem Tätowierer wegmachen lassen will. Das „Horst Mahler“-Bekenntnis will er offensichtlich nicht wegmachen und auch das Foto nicht, das ihn mit einem T‑Shirt der Nazi-Combo „Sonderkommando Dirlewanger“ zeigt. Die „OÖN“ (5.10.17) zitieren ihn aus der Verhandlung so:
Als er von der Schwangerschaft seiner Freundin erfuhr, habe er gewusst, dass es Zeit ist, sich von der Szene zu lösen. Seit der „Babypartie“ habe er von den ehemaligen Bekannten aus der rechten Szene so gut wie nichts mehr gehört. Auch neue Freunde habe er gefunden, sagt er zum Geschworenengericht. Er sehe viele Dinge jetzt mit völlig anderen Augen.
Der Zweitangeklagte, jener mit der Kartoffel im Nickname und der Odalrune am Fuß, will mit seiner früheren Gesinnung auch nichts mehr zu tun haben, aber mit Philipp Hasselbach, einem deutschen Obernazi, offensichtlich schon noch. Als Hasselbach im Juli 2015 sein Profilbild auf Facebook mit „25 Punkte Keine Diskussion“ füllte, gefiel das der „Kartoffel”. Einem Nazi muss das einzige Parteiprogramm der NSDAP, die 25 Punkte aus 1920, natürlich gefallen.
Sein Damaskus-Erlebnis, die Bekehrung des Saulus zum Paulus, will „Kartoffel” durch die Hausdurchsuchung erfahren haben. „Da habe ich gewusst, so kann es nicht mehr weitergehen“, zitieren ihn die OÖN (5.10.17).
Bleibt noch der Erstangeklagte (21), der das Bild der wenig glaubwürdigen braunen Häschen dadurch komplettiert, dass er einerseits zwar zugeben muss, im Dezember 2015 die Stadtmauer von Braunau am Inn mit Hakenkreuzen beschmiert zu haben, andererseits von totaler Läuterung spricht, obwohl er zuletzt im September 2016 in Salzburg die Hand zum Hitlergruß erhoben „und dabei immer wieder das Wort ‚Hakenkreuze’ geschrien“ (OÖN) habe.
Was haben die drei Neonazis sonst noch so getrieben? Da ist einmal zunächst die Anmerkung wichtig, dass sie bei ihren Aktionen nicht alleine waren. Etwa bei ihren Wehrsportübungen im Kobernaußerwald, von denen sie sogar Fotos auf Facebook stellten. Auf einem Foto, bei dem dankenswerterweise auch ihre Namen angeführt sind, posieren acht Kameraden für die Kamera.
Silvester 2015 feierten die Angeklagten vermutlich auch nicht zu dritt in ihrem mit der Reichskriegsflagge mit Hakenkreuz dekorierten Partyraum. In geheimen Gruppen in den sozialen Netzwerken wie „Reisegruppe“ oder „Stammtisch FB“, was nicht für Facebook, sondern für „Freier Bezirk“ steht, tauschten sie sich über Aktionen und Reisen, etwa zur Gedenkstätte KZ Mauthausen oder zum Obersalzberg aus. Ihre Facebook-Konten geben noch immer deutliche Auskunft darüber, wie gut vernetzt sie in der Nazi-Szene weit über die Grenzen des Bezirks sind.
Ihre Beteuerungen von Abkehr und Einsicht haben ihnen die Geschworenen nicht abgenommen. Die sprachen alle drei schuldig im Sinne der Anklage. Das Urteil fiel dennoch ziemlich mild aus: jeweils ein Jahr bedingt. Weil sich die Staatsanwaltschaft noch nicht erklärt hat, ist es noch nicht rechtskräftig.