Bis vor wenigen Tagen war Holger Arppe stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Alternative für Deutschland (AfD) im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Dann veröffentlichten die TAZ und der Norddeutsche Rundfunk (NDR) Auszüge aus Chatprotokollen mit dem rechtsextremen Politiker. Vergewaltigungs‑, pädophile Sex– und Mordphantasien und Umsturzpläne entlockten sogar seinem Fraktionschef Leif-Erik-Holm den Kommentar “Haarsträubend bis ekelerregend“.
Arppe trat nach den Enthüllungen über seine Chats aus der AfD-Fraktion und der Partei aus, will aber sein Mandat im Landtag behalten. Bei den Wahlen zum Landtag im September des Vorjahres hatte die AfD 20.8 Prozent der Stimmen erhalten und war damit zur zweitstärksten Kraft (18 Mandate) hinter der SPD (26 Mandate), aber noch vor der CDU (16 Mandate) geworden.
Die Chats bestreitet Arppe, der schon 2015 — nicht rechtskräftig- wegen eines hetzerischen Kommentars im Internet gegen Muslime zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Auch damals stritt er die Urheberschaft ab. Die Chat-Protokolle liefern allerdings einen Beleg dafür, wie Arppe damals mit der Berichterstattung über ihn umgehen wollte:
„Als ein Journalist der „Ostsee-Zeitung” von den Vorwürfen gegen Arppe berichtete, diskutierte er mit Parteifreunden, wie man dem Journalisten schaden könne. Ein Mitglied schlug vor, unter dem Namen des Journalisten Nutzerkonten zu eröffnen und Hassbotschaften im Internet zu verbreiten. Ziel sei es, den Journalisten und damit seine Meldung über Arppe zu diskreditieren“ (NDR).
In einem anderen Diskussionsstrang fantasierten Arppe & Co darüber, wie sie ein weibliches Parteimitglied vor einem Asylwerberheim postieren und damit für Aufregung sorgen könnten: „Natürlich unter Aufsicht. Wenn die sie angreifen kommen wir und dann gibt schacht [sic]“. Etwas später dann Arppe dazu:
„Ich kann mir jetzt erklären, warum Revolutionen immer so blutig verliefen. Da muss man einfach ausrasten und erstmal [sic] das ganze rotgrüne Geschmeiß aufs Schafott schicken. Und dann das Fallbeil hoch und runter, dass die Schwarte kracht!”.
Der NDR, der den Gesprächsverlauf wiedergibt, weiter dazu:
„Im Verlauf des Gesprächs steigerte sich Arppe offenbar immer weiter in Gewaltfantasien: „Wir müssen ganz friedlich und überlegt vorgehen, uns ggf. anpassen und dem Gegner Honig ums Maul schmieren aber wenn wir endlich sowei [sic] sind, dann stellen wir sie alle an die Wand.” Für die „widerlichen grünen Bolschewisten” solle man eine „Grube ausheben, alle rein und Löschkalk oben rauf”. Einige Wochen später schrieb Arppe an seine Mitstreiter: „Ich habe jetzt eine Vision: wenn es hier in Deutschland gut läuft, werden wir am Ende so eine Art Apartheidstaat haben wie damals in Südafrika, wo die Weißen den Rest einfach nur irgendwie in Schach halten”.
Arppe, der öffentlich mehrmals gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD mit den Identitären Stellung genommen hat, tauschte sich vor allem mit Daniel Fiß, einem Aktivisten der Identitären Deutschlands und engen Freund von Martin Sellner, zu „Strategien und Veranstaltungen“ (TAZ) aus. Interessant ist dabei folgender Eintrag von Arppe vom 15. Oktober 2015:
„Daniel könnten von Euch welche als Ordner fungieren bei unserer Demo am Samstag? Wir brauchen noch ein paar ordentliche Nazis als Freiwillige“. Als ein Journalist zu den Verbindungen zwischen Arppe und Fiß recherchiert und diesen befragt, berichtet der Arppe im Chat ganz offenherzig: „Ich habe die organisatorische Verbindung und persönliche Kontakte grundsätzlich verneint, da dies vor der Wahl vllt. nicht so günstig wäre. Falls der bei euch auch nochmal nachfragt wollte ich nur Bescheid geben, dass da keine Widersprüchlichkeiten entstehen“ (TAZ).
Besonders widerlich die sexuellen Phantasien. Noch einmal ein Auszug aus der TAZ:
In einem Chat vom 17.3.2012 fantasiert Arppe laut den Chat-Protokollen, wie er mit einem Freund gegen einen Bekannten vorgehen könnte: „Vielleicht sollten wir (Name) Mutter entführen, sie brutal vergewaltigen lassen von einem wilden Schimpansen und ihm (dem Bekannten) dann jeden Tag einen Finger zuschicken“, schreibt er am 17. März 2012.
Im Chat schwärmt er am 13. Oktober 2011, dass man „auf so’ner Springburg (…) schön ficken“ kann. „Hunderte Kinder und deren Familien stehen um die Hüpfburg herum und gucken“ schreibt er. Und weiter: „Dann wollen die Kinder alle mitspielen. So´n schönes zehnjähriges Poloch ist sicher schön eng…“
Am 16. Februar 2012 schreibt er: „Dann besaufen wir uns hemmungslos und pissen alles voll. Anschließend laden wir uns einen Stricher ein, vergewaltigen ihn und essen danach seine Leiche auf“.
An den Chats waren auch Fraktionskollegen von Arppe aus der AfD beteiligt. Einer von ihnen äußert seine Vorstellungen über Saalordner, die so ziemlich dem entsprechen, was sich Arppe bei dem Identitären Fiß bestellt hat: eine Vorstrafe „sollte Voraussetzung sein“ (TAZ), außerdem sollten sie „groß, kahl und tätowiert“ sein.
Abgesehen von dem Austritt Arppes aus der AfD gibt es aber bislang keine weiteren Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft sieht bislang keine strafrechtliche Relevanz in den Postings, weil diese sehr „allgemein“ seien und in einem privaten Kreis geäußert worden seien. Der Kinderschutzbund prüft allerdings eine Anzeige gegen Arppe und der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern soll nach Vorstellung seiner Präsidentin das Instrument der Abgeordneten-Anklage einführen, um mit Fällen wie dem von Arppe umgehen zu können.