Theorien und Diskurse
Insgesamt zwölf Beiträge umfasst der unter dem Titel „Ruck nach rechts? Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und die Frage nach Gegenstrategien“ im Barbara Budrich Verlag erschienene Band. Das in drei Teile untergliederte Werk widmet sich in einem ersten Abschnitt theoretischen Perspektiven. So nimmt Björn Milbrandt eine ideologiekritische Annäherung an Pegida vor, Rolf Pohl eine sozialpsychologische Erklärung der Konstruktion des „Eigenen“ und des „Fremden“ und Felix Knappertsbusch nähert sich aus sprachwissenschaftlicher Perspektive der Vorurteilsforschung.
Ein weiterer Schwerpunkt des Sammelbands richtet den Blick Diskurse und Medien. Dabei zeigt Margarete Jäger in einer prägnanten überblickshaften Analyse, wie sich rassistische Deutungsmuster in Deutschland seit dem Ersten Weltkrieg verändert haben und welche Elemente in den entsprechenden Diskursen gleich geblieben sind. In Hinblick auf aktuelle Debatten rund um Flucht und Asyl stellt sie fest, dass sich im Sinne einer Normalisierung rassistische Äußerungen ungeschönt und deutlich häufiger im Diskurs finden lassen, gleichzeitig aber auch deutlich mehr kritische Stimmen zu Wort kommen (Skandalisierung). In einer ebenfalls im Sammelband abgedruckten Gastrede (im Rahmen des Neujahrsempfang in Bremen 2016) macht sich Paul Mecheril für Solidarität in einer Weltgemeinschaft stark und ruft dazu auf, die eigenen identitären und materiellen Interessen weniger Ernst zu nehmen. Juline Lang setzt sich mit rechtsextremen Geschlechterpolitiken auseinander und verdeutlicht dabei, dass gerade „Themen von geschlechter- und familienpolitischer Relevanz“ eine Scharnierfunktion zwischen unterschiedlichen rechten Lagern zukommt. In „Das wird man wohl noch sagen dürfen!“ untersucht Volker Weiß rechte Diskurse über bzw. gegen so genanntes Gutmenschentum. Rolf von Raden wiederum entlarvt das massenwirksame Feindbild „Lügenpresse“ als „paranoische“ Verschwörungskonstruktion.

Gegenstrategien?
Obgleich die Frage nach Gegenstrategien im Titel groß angepriesen wird, sind ihnen im Buch selbst lediglich drei Texte gewidmet, deren Neuigkeitswert zudem gering ausfällt. So skizziert Floris Biskamp bisherige Erkenntnisse möglicher Umgangsformen mit rechtsextremen Denken aber auch Träger_innen dieses Gedankenguts in der politischen Bildungsarbeit. Eva Georg wiederum betont die Notwendigkeit aber auch Schwierigkeiten rassismuskritischer Bildungsarbeit unter Berücksichtigung der Tatsache, dass „allen Menschen eine Positionierung innerhalb einer rassistischen Ordnung zugewiesen wird“ und es daher die Aufgabe aller sei, „dieses Machtverhältnis nicht nur sichtbar zu machen, sondern gemeinsam an seiner Veränderung zu arbeiten“. Christopher Vogel wiederum fasst in aller Kürze Strategien gegen rechte/rechtsextreme Argumentationsweisen zusammen. Im Abschluss widmen sich die Herausgeber_innen des Sammelbands den Politiken der Angst sowie den politischen Konsequenzen, wenn die zumeist von rechten und rechtsextremen Akteur_innen inszenierten Ängste ernst genommen werden.
Insgesamt nähert sich der Sammelband aus durchweg unterschiedlichen Perspektiven dem Phänomen Rechtsextremismus, versucht dabei den facettenreichen Erscheinungsformen rechtsextremen Gedankenguts gerecht zu werden sowie dahinter stehende Ideologien offen zu legen und über rechtsextreme Deutungsmuster aufzuklären. Der Band fasst damit wichtige Ergebnisse der aktuellen Rechtsextremismusforschung zusammen und gibt einen guten Einblick in den bisherigen Stand der Forschung.
Milbradt, Björn/Biskamp, Floris/Albrecht, Yvonne/Kiepe, Lukas (Hrsg.innen) (2017): Ruck nach Rechts? Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und die Frage nach Gegenstrategien. Opladen; Barbara Budrich Verlag. 24,90 €