Metapedia (Teil II): Über Gaskammerärzte und Ungeziefer

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Nach unse­rem ers­ten Bei­trag über Metape­dia war die rechts­extre­me Enzy­klo­pä­die wie­der ein­mal tage­lang off­line. Das pas­siert in den letz­ten Jah­ren immer häu­fi­ger. Ob Atta­cken die Ursa­che sind oder die schlech­te War­tung der deutsch­spra­chi­gen Aus­ga­be durch die schwe­di­schen Betrei­ber, ist unklar. Sicher ist aller­dings, dass die deutsch­spra­chi­ge Edi­ti­on neo­na­zis­tisch und revi­sio­nis­tisch ist.

Metape­dia ist in allen ihren sprach­li­chen Vari­an­ten eine rechts­extre­me Inter­net-Enzy­klo­pä­die. Die deutsch­spra­chi­ge Aus­ga­be ent­hält aber auch zahl­rei­che Bei­trä­ge, die ein­deu­tig unter das NS-Ver­bots­ge­setz fal­len. In Deutsch­land ist Metape­dia indi­ziert, es darf Min­der­jäh­ri­gen nicht zugäng­lich gemacht wer­den. Aus die­sem Grund wird Metape­dia von ver­schie­de­nen Such­ma­schi­nen (wie z.B. Goog­le) in Deutsch­land nicht gelis­tet. In Öster­reich ist Metape­dia hin­ge­gen unein­ge­schränkt abrufbar.

Im Mai 2007 ist die deutsch­spra­chi­ge Metape­dia ans Netz gegan­gen. Obwohl bis Ende 2008 nur weni­ge Tau­send Bei­trä­ge ver­füg­bar waren, hat der Ver­fas­sungs­schutz Nord­rhein-West­fa­len schon in sei­nem Bericht für das Jahr 2008 anhand von zwei Ein­trä­gen (zu „Holo­caust“ und der „Reichs­po­grom­nacht“, die bei Metape­dia in kon­se­quen­ter Fort­set­zung der NS-Dik­ti­on „Reichs­kris­tall­nacht“ genannt wird), die ein­deu­tig „geschichts­re­vi­sio­nis­ti­schen und das NS-Regime ver­harm­lo­sen­den Züge“ (S. 88) von Metape­dia-Ein­trä­gen dar­ge­stellt. Die genann­ten Bei­trä­ge wur­den mehr­fach ver­än­dert, sodass sie mitt­ler­wei­le noch ein­deu­ti­ger und zyni­scher von einer „Sho­ah-Reli­gi­on“ bzw. vom „Sho­ais­mus“ spre­chen.

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Von öster­rei­chi­scher Sei­te hat es bis­lang kei­ne wirk­sa­men Schrit­te gege­ben, um die Ver­füg­bar­keit von Metape­dia ein­zu­schrän­ken. Wie der „Stan­dard“ Anfang Febuar 2016 erstaunt fest­stell­te, lan­det man beim Goo­geln von „Repu­blik Öster­reich“ auf der Metape­dia-Sei­te. Das Innen­mi­nis­te­ri­um erzähl­te dem „Stan­dard“ noch etwas von Ermitt­lun­gen bzw. davon, dass es kei­ne recht­li­che Hand­ha­be gegen­über Goog­le gebe. Deutsch­land zeigt jedoch das Gegenteil.

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Die „Repu­blik Öster­reich“ wird im Metape­dia-Ein­trag als „deut­scher Teil­staat“, „öster­rei­chi­sches Nach­kriegs­ge­bil­de“ und „Besat­zungs­kon­strukt“ bezeich­net – mit einem „Juden“ (gemeint ist Heinz Fischer) als Bun­des­prä­si­den­ten.  Der meist­ge­le­se­ne Ein­zel­bei­trag ist zu „Adolf Hit­ler“; er stellt eine Orgie aus Nazi-Schmalz- und Hit­ler-Ver­herr­li­chung dar, dem jeg­li­che Distanz fehlt. Dort heißt es etwa: „Seit 1945 kur­sie­ren diver­se, auch bös­ar­ti­ge, gegen das Deut­sche Volk, Deutsch­land, den Natio­nal­so­zia­lis­mus und sei­nen Begrün­der Adolf Hit­ler gerich­te­te, zu Umer­zie­hungs­zwe­cken pos­tu­lier­te The­sen bzw. Gerüchte.“

Zu den wider­lichs­ten Ein­trä­gen gehö­ren jene, die sich mit Gas­kam­mern beschäf­ti­gen. Alle die­se Bei­trä­ge – von „Gas­kam­mer­tem­pe­ra­tur“ über „Tötungs­zeit in Gas­kam­mern zur Men­schen­ver­nich­tung“ bis hin zu „Gas­kam­mern zur Ver­nich­tung von Unge­zie­fer“ – haben ein ein­zi­ges Ziel: die indus­tri­el­le Ver­nich­tung in Gas­kam­mern durch die Nazis lächer­lich zu machen bzw. zu leug­nen. In ver­stie­ge­nen Argu­men­ta­ti­ons­ket­ten wird etwa behaup­tet, dass die Deut­schen den Holo­caust nicht durch­ge­führt haben konn­ten, son­dern die­ser aus unbe­kann­ten Grün­den von den Juden selbst durch­ge­führt wur­de – sowohl als Opfer wie auch als Täter. Der Holo­caust war offen­kun­dig eine rein inner­jü­di­sche Ange­le­gen­heit, von der die Deut­schen nicht ein­mal etwas geahnt hät­ten. (Metape­dia, Ein­trag „Gas­kam­mer­tem­pe­ra­tur“).

Wie unglaub­lich zynisch die Metape­dia-Schrei­ber mit dem Holo­caust umge­hen, wird in den nur schwer ein­seh­ba­ren Dis­kus­si­ons­sei­ten zu den Bei­trä­gen sicht­bar. Da wird gespöt­telt über die Fra­ge, ob man als „Ver­ga­sungs­arzt“ auch pro­mo­vie­ren konn­te bzw. dass es wohl einen „Dr. rer.Vergasung geben“ müss­te, weil ja die „phy­si­ka­li­schen Geset­ze für Ange­hö­ri­ge des jüdi­schen Vol­kes nicht gelten.

Der Metapedia-User "Rauhreif" zum Geburtstag des Führers

Der Metape­dia-User „Rauh­reif” zum Geburts­tag des Führers

So sehr die Metape­dia-Schrei­ber einer­seits ver­su­chen, die Spu­ren zum Holo­caust zu ver­wi­schen, so klar beken­nen sie sich ande­rer­seits auch zum sys­te­ma­ti­schen Mas­sen­mord durch Ver­ga­sung an Men­schen mit Behin­de­run­gen, wie er in der Akti­on T4 durch­ge­führt und dann über per­so­nel­le Kon­ti­nui­tä­ten in der „End­lö­sung der Juden­fra­ge“ in den Ver­nich­tungs­la­gern wei­ter prak­ti­ziert wur­de. Da ist zu lesen:

Das muß in dem Arti­kel eben dann auch dar­ge­legt wer­den, daß Eutha­na­sie an Schwer­kran­ken und Behin­der­ten kein Ver­bre­chen ist. Das Leben ist eben nun mal nicht so, wie Frau Roth sich das erträu­men mag mit Son­ne, Mond und Ster­ne! Ein Ver­bre­chen ist es aber, gesun­de deut­sche Kin­der bereits vor der Geburt zu ermor­den, um danach mit schein­hei­li­gen Begrün­dun­gen ana­to­li­sche Zie­gen­hir­ten hier rein­zu­ho­len mit dem Ziel der End­lö­sung der deut­schen Fra­ge. Das ist ein Ver­bre­chen! Für den Arti­kel bin ich aber momen­tan ein­fach nicht gut drauf genug. Das kann noch dau­ern. (Rauh­reif, 20.1.2011)

Eini­ge Tage spä­ter war „Rauh­reif“ dann für den Arti­kel gut genug drauf. Im Ein­trag zur Mord­ak­ti­on „T4“ heißt es:

Nicht zuletzt auf­grund der über­trie­be­nen und ver­zerr­ten Berich­te der Alli­ier­ten kam es zu Wider­stand in der Bevöl­ke­rung, und am 24. August 1941 gab Adolf Hit­ler des­halb sei­nem Begleit­arzt Brandt und Reichs­lei­ter Bouh­ler die münd­li­che Anwei­sung, die Erlö­sung unheil­bar Kran­ker von ihrem Lei­den wie­der einzustellen.

Hin­ter dem Anspruch von Metape­dia, „durch Bereit­stel­lung wahr­heits­ge­mä­ßer lexi­ka­li­scher Infor­ma­tio­nen, wie kon­for­me Medi­en sie nicht bie­ten“, die Öffent­lich­keit zu „unter­rich­ten“, ver­birgt sich Nazi-Müll, ver­mengt mit revi­sio­nis­ti­scher, ras­sis­ti­scher und anti­se­mi­ti­scher Propaganda.

Das wur­de auch im Ver­fas­sungs­schutz Nord­rhein-West­fa­len aus 2008 so beschrie­ben: „Ziel der (…) ‚Metape­dia’ ist offen­sicht­lich, mit einem auf den ers­ten Blick seri­ös wir­ken­den Erschei­nungs­bild mani­pu­la­tiv auf den Leser ein­zu­wir­ken und ihm rechts­extre­mis­ti­sches Gedan­ken­gut nahe zu bringen.“

➡️ Metape­dia (Teil I): „Aur­van­dil“ beim Burschenschafterball
➡️ Metape­dia (Teil III): Hit­lers Kämpfer
➡️ Metape­dia (Teil IV): Kon­kur­ren­ten und Klone