Wien: Diversion für Hetzposting auf Straches FB-Seite

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Als sich im Okto­ber 2016 ein psy­chisch kran­ker syri­scher Asyl­wer­ber in Wien-Favo­ri­ten vor eine Stra­ßen­bahn leg­te, danach vor ein Auto und schließ­lich auf das Dach einer Bim klet­ter­te, um sich durch einen Griff auf die Ober­lei­tung selbst zu töten, teil­te FPÖ-Par­tei­chef Stra­che auf Face­book einen Link zum ent­spre­chen­den „Krone“-Bericht und kom­men­tier­te den Sui­zid-Ver­such zynisch mit „Fas­sungs­los!“, wor­auf etli­che sei­ner Fans kom­plett die Fas­sung verloren.

Für den Pon­ti­us-Pila­tus-Kom­men­tar von Stra­che gab es mehr als 4.700 Likes und 1.400 Tei­lun­gen. In vie­len der 1.000 Kom­men­ta­re wur­de gehetzt, was das Zeug hielt. Die „Tiro­ler Tages­zei­tung“, die damals – so wie vie­le ande­re Medi­en — über die­se Hass­or­gi­en berich­te­ten, schrie­ben:

„Die Inten­si­tät der Pos­tings, die sich zwi­schen Unver­ständ­nis, Spott und offe­nem Ras­sis­mus bewe­gen, vari­iert. Der scho­ckie­rend hass­erfüll­te Tenor zieht sich aber durch den Groß­teil der Kom­men­ta­re. So man­cher Stra­che-Fan wünsch­te dem Mann gar den Tod. „I hätt nit gebremst“ oder „Ja so ver­geht die Zeit. Frü­her hat­ten wir dazu Duschen. Und gleich dane­ben den Hei­zungs­raum“, ist unter ande­rem zu lesen“.

Das Posting von HC Strache auf Facebook - das die entsprechenden Kommentare auslöste...

Das Pos­ting von HC Stra­che auf Face­book — das die ent­spre­chen­den Kom­men­ta­re auslöste…

Am Don­ners­tag, 9.2., muss­te sich eine Pos­te­rin vor dem Lan­des­ge­richt Wien wegen Belei­di­gung ver­ant­wor­ten. Sie hat­te fol­gen­den Kom­men­tar zu Stra­ches Mel­dung abgegeben:

„Scha­de, dass er nicht ver­reckt ist mit’n Strom­schlag. Und er hat fix einen Scha­den ver­ur­sacht am Fahr­zeug, und wer bezahlt das dem Fahr­zeug­hal­ter? Genau nie­mand, weil so ein dre­cki­ger Aus­län­der glaubt, er muss durch­dre­hen in unse­rem Land. Raus damit!”.

Vor Gericht ver­such­te es die Frau (übri­gens selbst zuge­wan­dert) mit der inzwi­schen auch schon ziem­lich abge­lutsch­ten Stan­dard-Aus­re­de, ihr Face­book-Pro­fil sei gehackt wor­den. Ihr Anwalt brach­te dafür Ex-Freun­de und sogar Arbeits­kol­le­gen ins Spiel. Nach einer ein­ge­hen­den Beleh­rung des Rich­ters leg­te die Frau dann aber doch ein Geständ­nis ab.

Wegen einer Tren­nung sei sie damals wohl etwas aus der Fas­sung gewe­sen, außer­dem hät­ten Asyl­wer­ber ihren Zaun demo­liert – es sei ein Black­out gewe­sen damals, mitt­ler­wei­le habe sie ihr Face­book-Pro­fil gelöscht. Der Rich­ter ent­schied sich tat­säch­lich dann für die bereits ange­kün­dig­te diver­sio­nel­le Erle­di­gung: 400 Euro Buß­geld und die Ver­fah­rens­kos­ten von 200 Euro muss die Frau zah­len und ent­geht somit einer Ver­ur­tei­lung. Die Staats­an­walt­schaft gab aller­dings noch kei­ne Erklä­rung ab. Ein Bericht über die Ver­hand­lung ist – aus­ge­rech­net – auf krone.at zu finden.

Die Staats­an­walt­schaft Wien hat­te schon im Okto­ber 2016 ange­kün­digt, von Amts wegen die zahl­rei­chen het­ze­ri­schen Pos­tings unter dem Stra­che-Kom­men­tar auf ihre straf­recht­li­che Rele­vanz zu prü­fen. Erst als der Grund für den psy­chi­schen Aus­nah­me­zu­stand des jun­gen Syrers bekannt wur­de, der kurz zuvor die Nach­richt bekom­men hat­te, dass sein Vater bei einem Bom­ben­an­griff in Damas­kus ums Leben gekom­men ist, nah­men die Admins der Stra­che-Sei­te ver­ein­zelt Löschun­gen vor — wobei:

„Sich zu distan­zie­ren oder gar eine Rich­tig­stel­lung zu publi­zie­ren lag der FPÖ aller­dings fern“ (Tiro­ler Tageszeitung).

Und wei­ter im Bericht der „Tiro­ler Tages­zei­tung“ vom 17.10.2016:

„Sehr rasch zen­siert wur­den hin­ge­gen Kom­men­ta­re von Kri­ti­kern wie Klaus Schwert­ner (Geschäfts­füh­rer Cari­tas Wien), Flo­ri­an Klenk (Chef­re­dak­teur Fal­ter) oder Julya Rabi­no­wich (Schrift­stel­le­rin). Schwert­ner warf der FPÖ einen frag­wür­di­gen Umgang mit der Mei­nungs­frei­heit vor, denn es wür­den zwar Gewalt­auf­ru­fe auf der Face­book-Sei­te gedul­det, sein „Auf­ruf zur Mäßi­gung“ sei hin­ge­gen gelöscht worden.
FPÖ-Gene­ral­se­kre­tär Her­bert Kickl begrün­de­te die zöger­li­chen Löschun­gen der Hass­pos­tings mit Res­sour­cen­man­gel und das obwohl man mit dem Social-Media-Team „erheb­li­che Mit­tel“ ein­set­ze, um die Kom­men­ta­re „umfas­send zu kon­trol­lie­ren“. Es sei „ungleich schwe­rer“, Sei­ten, „die sich einer der­art gro­ßen Reich­wei­te erfreu­en“ wie Stra­ches Face­book-Auf­tritt, lücken­los zu kon­trol­lie­ren. „In Ein­zel­fäl­len“ kön­ne es auf­grund der Viel­zahl der Kom­men­ta­re län­ger dau­ern und ein „gewis­ser Rück­stau“ — wie am Wochen­en­de — ent­ste­hen, der nach und nach abge­ar­bei­tet wer­den müs­se, so Kickl.
Kri­ti­sche Kom­men­ta­re auf den FPÖ-Sei­ten wür­den vor allem dann gelöscht, wenn „offen­sicht­lich“ sei, dass sie nur dazu dien­ten, „Gegen­re­ak­tio­nen zu erzeu­gen und die Dis­kus­si­on wei­ter anzuheizen“.