Wien: Nazi-Schmierereien, tätliche Angriffe und Kunstblut

In ein­er Stel­lung­nahme äußerte sich der linke Wiener Kul­turvere­in W23 zu unter­schiedlichen recht­sex­tremen und neon­azis­tis­chen Angrif­f­en, denen ihre Vere­in­sräum­lichkeit­en im Laufe ihres zehn­jähri­gen Beste­hens aus­ge­set­zt waren. 

Seit zehn Jahren beste­ht der Kul­turvere­in W23 und behei­matet unter­schiedliche Grup­pen und Pro­jek­te, deren Ver­anstal­tun­gen sowie auch eine Bib­lio­thek. Immer wieder kam es im Laufe der Jahre auch zu recht­sex­tremen und neon­azis­tis­chen Angrif­f­en. Waren es anfangs noch „ein­fache“ Nazi-Schmier­ereien gewe­sen, steigerte sich die Qual­ität dieser Ein­schüchterungsver­suche, als im Okto­ber 2008 rund zehn ver­mummte Neon­azis pro­bierten, in die Vere­in­sräum­lichkeit­en zu kom­men und die dort anwe­senden Gäste zu attack­ieren. Auch in den darauf fol­gen­den Jahren kam es immer wieder zu Schmier­ereien, Manip­u­la­tio­nen der Schlöss­er sowie vor weni­gen Wochen zu ein­er „Attacke mit Kun­st­blut, welch­es an die Wand und Ein­gangstür der w23 geschüt­tet wurde“ verse­hen mit einem Zettel, auf dem „Öster­re­ich blutet auch durch eure Schuld“ stand. Kun­st­blut wurde auch im Übri­gen auch bei den Angrif­f­en auf den „Mus­lim Lifestyle Shop“ sowie die „Anar­chis­tis­che Buch­hand­lung“ ver­wen­det, die eben­falls erst kür­zlich in Wien stattfanden.

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Hier die Stel­lung­nahme im Volltext:

State­ment zu recht­sex­tremen Angrif­f­en in Wien
Anfang Okto­ber feierte der Kul­turvere­in w23 sein zehn­jähriges Beste­hen. In den Räum­lichkeit­en find­en regelmäßig Diskus­sionsver­anstal­tun­gen, Filmabende, Lesun­gen, Work­shops und vieles mehr statt, außer­dem gibt es eine Bib­lio­thek von unten und ein Archiv der sozialen Bewegungen.

Im Laufe des Beste­hens kam es — wie bei anderen linken Loca­tions auch — immer wieder zu Störun­gen durch (Neo)Nazis und andere, die sich durch die bloße Exis­tenz von linken Pro­jek­ten oder „dem Anderen” bedro­ht fühlen.

Dabei ist klar zu beobacht­en: je stärk­er der gesellschaftliche Rück­en­wind für ras­sis­tis­che und faschis­tis­che Ide­olo­gien, desto sicher­er fühlen sich diverse Neon­azi-Grup­pen, denen die Online-Het­ze irgend­wann nicht mehr aus­re­icht und die stattdessen direkt zur Tat schreiten.

Während es in den ersten Jahren ziem­lich ruhig war, kam es mit den ver­stärk­ten Aktiv­itäten von Alpen-Donau und anderen neon­azis­tis­chen Grup­pierun­gen zu ein­er Häu­fung von Vorkomm­nis­sen rund um die Räumlichkeiten.

Erst waren es gele­gentlich Nazi-Schmier­ereien (z.B.: das Logo von „Der Funke” — im Nahev­er­hält­nis der jet­zi­gen Iden­titären anzusiedeln), Manip­u­la­tio­nen der Schlöss­er, dann wurde ver­sucht die Räume „auszukund­schaften”.

Aus den Angrif­f­en gegen die Räume wur­den dann Angriffe gegen Menschen:
In der Nacht vom 25. auf den 26. Okto­ber 2008 stürmte ein Trupp von zehn mask­ierten Neon­azis die Räum­lichkeit­en und begann wahl­los in die Menge der anwe­senden Per­so­n­en zu prügeln. Dieser geplante Angriff kon­nte schnell abgewehrt und Schlim­meres ver­hin­dert wer­den. Es gab zwei Leichtver­let­zte und gerin­gen Sachschaden.

Im let­zten Jahr kommt es wieder gehäufter zu Sachbeschädi­gun­gen bei den Räu­men der w23. Wieder sind es Schmier­ereien, Manip­u­la­tio­nen der Schlöss­er und vor ein paar Wochen dann eine Attacke mit Kun­st­blut, welch­es an die Wand und Ein­gangstür der w23 geschüt­tet wurde. Ein Zettel mit der Auf­schrift „Öster­re­ich blutet auch durch eure Schuld” wurde hinterlassen.
Weit­ere Angriffe mit Kun­st­blut gab es jet­zt auf die „Anar­chis­tis­che Buch­hand­lung” sowie den „Mus­lim Lifestyle Shop” in Wien.

Diese Angriffe und Attack­en sind Ein­schüchterungsver­suche. Sie sollen Angst schüren und das Gefühl der ständi­gen Bedro­hung ver­mit­teln. Sie sind eine logis­che Folge des autoritären Kli­mas. In den let­zte Jahren sind die Aktiv­itäten von neo­faschis­tis­chen und anderen recht­sex­tremen Grup­pen mas­siv angestiegen, sie fühlen sich in ein­er zunehmend autoritären und ras­sis­tis­chen Gesellschaft sicher­er und bestärkt.

Bestä­ti­gung in dieser Annahme find­en sie auch in der Umgangsweise der Behör­den: Angriffe mit Totschläger und Gür­tel auf Antifaschist_innen -> eingestellt. Geplanter Über­fall auf Gew­erkschaftsver­anstal­tung durch Neon­azi-Hooli­gans -> u.a. Verurteilung von Betrof­fe­nen. Und bei ein­deutig ras­sis­tis­chen Anschlä­gen wird von den Behör­den mit dem Hin­weis, dass „in alle Rich­tun­gen ermit­telt” wird, verharmlost.

Bei all der notwendi­gen Auseinan­der­set­zung mit Angrif­f­en auf die eigene Infra­struk­tur, wollen wir eines fes­thal­ten: All diese Attack­en sind in einem größeren Kon­text zu sehen. Insofern hal­ten wir es für pri­or­itär, den Blick auf die herrschen­den Zustände zu richt­en und sich gegen die ras­sis­tis­che und faschis­tis­che Nor­mal­isierung generell zu stellen.
Ort: Wip­plinger­str. 23 / 1010 Wien / Kul­turvere­in w23
host­ed by: w23

...sowie die dazugehörige "Botschaft".

…sowie die dazuge­hörige „Botschaft”.