Im Wahlkampf zu den Parlamentswahlen überboten sich die meisten Parteien gegenseitig an Fremdenfeindlichkeit. Richard Sulik, dessen Partei „Freiheit und Solidarität“ noch immer als „liberal“ gehandelt wird, obwohl sie in wesentlichen Punkten aggressiv neoliberal ist, fiel zuletzt am Tag nach der Wahl durch seinen Auftritt in der Talk-Show „Anne Will“ mit dem widerlichen Spruch über Flüchtlinge „Man muss ja nicht gleich alle umbringen“ (aber Gewalt anwenden) auf. Seine Partei ist jetzt die zweitstärkste mit zwölf Prozent und hat sich verdoppelt.
Auf der rechten Seite des Parteienspektrums haben sich etliche Parteien gegenseitig kannibalisiert. „Abgesehen von den Extremisten sind die rechten Stimmen nun auf sechs Parlamentsparteien verteilt. Wir haben also ein ernstes Problem“, analysierte der slowakische Politiologe Alexander Duleba im „Standard“ das Wahlergebnis. In seiner Betrachtung ist nur eines falsch: Es sind zumindest zwei der insgesamt acht im Parlament vertretenen Parteien rechtsextrem.
Der Wahlkampf der sozialdemokratischen Regierungspartei Smer von Robert Fico, die stark verloren hat (von 44 auf 28 Prozent), wurde in erster Linie gegen die Aufnahme von Flüchtlingen geführt. Die tatsächlichen Probleme des Landes blieben damit weitgehend ausgeblendet: Korruption und Klientelismus, Missstände im Bildungs- und Gesundheitswesen, starke soziale Unterschiede zwischen den Regionen und eine Roma-Minorität, die von jeder Entwicklung ausgesperrt bleibt. Die WählerInnen honorierten den Rechtsruck der Sozialdemokraten nicht, sondern gingen gleich zu offen rechtsextremen und rechten Parteien.
In der Slowakei gibt es weder Flüchtlinge noch Muslime; dennoch fürchtete sich die überwiegende Mehrheit so vor ihnen, als ob sie das Land überrollen würden. Kotleba, der 2013 in einer der ärmsten Regionen der Slowakei zum Regionalpräsidenten gewählt wurde, hat für alle diese Probleme eine einfache Lösung: Ausländer, Flüchtlinge, Muslime und Roma raus. Der Parteichef, der sich bis vor kurzem immer in einer Uniform zeigte, die sich an der faschistischen, antisemitischen und pronazistischen Hlinka-Garde orientierte, trägt mittlerweile Schnürlsamt – braun natürlich.
Nach der Wahl hielt sich Kotleba, der sich auch gerne als „Führer“ anreden lässt, vornehm zurück, bedankte sich nur auf der Internetseite seiner Partei bei „all jenen Wählern, die sich nicht von der Lügenpresse beeinflussen ließen“ (Die Presse, 7.3.16). Dafür durfte sein Stellvertreter erklären: „Unsere Partei will in erster Linie Gott danken, ohne dessen Hilfe wir diesen Wahlerfolg nicht geschafft hätten.“ (Die Presse) Für die BBC (6.3.16), um eine unverdächtige Quelle zu zitieren, handelt es sich bei der Kotleba-Partei nicht bloß um eine rechtsextreme Partei wie den Front National, sondern um eine Nazi-Partei.
Während die Kotleba-Partei von 1,6 auf acht Prozent zunahm und damit den Sprung ins Parlament locker schaffte, konnte sich die „alte“ rechtsextreme Partei SNS (Slowakische Nationalpartei), die zuletzt bis 2010 mit den Smer-Sozialdemokraten eine Regierungskoalition bildete, „nur“ verdoppeln: von 4,3 auf 8,6 Prozent. Die SNS, eine offen rassistische, antiziganistische und antiungarische Partei unterzeicnete 2011 mit der FPÖ ein Partnerschaftsabkommen, dem der praktische Erfolg – eine gemeinsame Fraktion im Europäischen Parlament (EP) – bisher versagt blieb, weil die SNS den Einzug ins EP nicht schaffte.
Katastrophal war das Abschneiden für die christlich orientierten konservativen Rechtsparteien SDKU und die KDH, die – beide frühere Regierungsparteien – nicht mehr im Parlament vertreten sind Ab Juli übernimmt die Slowakei die EU-Ratspräsidentschaft für ein halbes Jahr. Es wird damit gerechnet, dass spätestens nach dem Ende der Vorsitzperiode neuerlich Wahlen stattfinden werden.