Grün gegen Blau: Verdacht der Verhetzung

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Was die Gra­zer FPÖ unter Kom­mu­nal­po­li­tik ver­steht, bringt sie in ihrer Publi­ka­ti­on „Uhr­turm“ zum Aus­druck. Fast alle 24 Sei­ten der Aus­ga­be Nr. 4 (2015) betref­fen Flücht­lin­ge. Auf den rest­li­chen Sei­ten domi­nie­ren die „Aus­län­der“. Ger­hard Wohl­fahrt, Klub­ob­mann der Grü­nen in Graz, und Susan­na Ecker, Vor­stands­spre­che­rin der Grü­nen, haben die blaue Bro­schü­re genau gele­sen und jetzt eine Sach­ver­halts­dar­stel­lung bei der Staats­an­walt­schaft eingebracht.

Ecker, die im Zivil­be­ruf Rechts­an­wäl­tin ist, sieht vor allem den Ver­dacht der Ver­het­zung (§ 283 StGB), aber auch den der Ver­brei­tung fal­scher, beun­ru­hi­gen­der Gerüch­te (§ 276 StGB) gege­ben. Die Titel­sei­te des blau­en Blätt­chens gibt den Grund­ton vor: „Wochen der Flut“ und „Ein­marsch 2015“ lau­ten da die Schlag­zei­len. Dazu die „Erläu­te­run­gen“: „Wir wis­sen nicht, wer sie sind!“, „Wir wis­sen nicht, woher sie kom­men!“, „Wir wis­sen nicht, wie­viel sie sind!“

Aus den „Wochen der Flut“ wer­den im Blatt­in­ne­ren dann zwar nur „Tage der Flut“, aber mit der „Flut“ sind Men­schen gemeint, die vor Krieg und Ter­ror flüch­ten. Im „Uhr­turm“ wer­den sie „Okku­pan­ten“ und „Asyl-Opti­mie­rer“ genannt , die eine „Zivil­in­va­si­on“ machen. Der Klub­ob­mann der FPÖ im Gra­zer Gemein­de­rat, Armin Sip­pel, schreibt in sei­nem Bei­trag einen „trau­ri­gen Zusam­men­hang“ zwi­schen „Flücht­lings­ka­ta­stro­phe“ und „grau­sa­men Ter­ror­an­schlag von Paris“ her­bei. Der mili­tä­ri­sche Ruhe­ständ­ler und „Zur Zeit“-Kolumnist Rudolf Moser, des­sen Hetz­text über sei­ne „Ein­drü­cke“ von einem Kurz­auf­ent­halt in Spiel­feld in den ein­schlä­gi­gen Foren mona­te­lang her­um­ge­reicht wur­de, darf sich im „Uhr­turm“ ein wei­te­res Mal geis­tig ent­äu­ßern und „über das trau­ri­ge Bild eines abge­ris­se­nen, ver­lump­ten und ver­dreck­ten Men­schen­zu­ges“ her­zie­hen. Mer­ke: Flücht­lin­ge sind für Rechts­extre­me immer falsch ange­zo­gen, egal, ob sie abge­ris­se­ne Klei­dung tra­gen odern geschenk­te Desi­gner­kla­mot­ten. Wohl­fahrt und Ecker begrün­den mit sol­chen und wei­te­ren Sät­zen ihren Ver­dacht der Ver­het­zung bzw. der Ver­brei­tung beun­ru­hi­gen­der Gerüchte.

Uns ist im „Uhr­turm“ noch ein ande­rer Satz auf­ge­sto­ßen: der Vor­wurf des FPÖ-Stadt­ra­tes Mario Eustac­chio an den Bun­des­kanz­ler, dass des­sen Poli­tik an „Ver­rat am Volk“ gren­ze. „Volks­ver­rat“ ist ein­schlä­gi­ge Ter­mi­no­lo­gie, die unter Rechts­extre­men und Neo­na­zis im Netz immer häu­fi­ger wie­der­ver­wen­det wird, im Ursprung aber auf das NS-Regime zurück­geht, wo unter dem Begriff „Volks­ver­rat“ die straf­recht­li­chen Delik­te „Hoch­ver­rat“, „Lan­des­ver­rat“ und „Ver­rat mili­tä­ri­scher Geheim­nis­se“ zusam­men­ge­fasst wur­den. Mit der von Hit­ler dik­tier­ten „Ver­ord­nung des Reichs­prä­si­den­ten gegen Ver­rat am Deut­schen Vol­ke und hoch­ver­rä­te­ri­sche Umtrie­be“ konn­te ab Anfang März 1933 die Todes­stra­fe ver­hängt werden.