Die neue Hass- und Lügen-Mail fährt wie immer bestens im Schneeballsystem. Und weil sie mit den Mailadressen von Bekannten, Freunden, Familie verbreitet wird, wirkt sie zunächst einmal überzeugend. Manche fügen noch ihre persönlichen Anmerkungen hinzu. Etwa der Beamte aus dem Finanzministerium, der seine dienstliche Mailadresse für den weiteren Versand der Hassbotschaft nutzt: „Natürlich glaube ich das alles nicht, gewiß nur böswillige Propaganda. Das weiß ich ganz sicher, weil ich das Seminar Interkulturelle Kompetenz besucht habe.“
Der eigentliche Inhalt der Mail ist schnell erzählt: Eine Freundin in Prag kennt einen pensionierten Arzt, der jetzt in München wieder als Anästhesist zu arbeiten begonnen hat und von den katastrophalen Zuständen in Münchner Spitälern berichtet. Der Fernsehsprecher ist in schriftlichem Kontakt mit der Freundin des Arztes, von dem der Bericht stammt. In München geht es demnach ordentlich rund. Die Situation im Spital des ärztlichen Pensionisten und in anderen Spitälern sei unerträglich, klagt er. Migranten, die ein Spital aufsuchen wollen, müssen in München „seit dem letzten Wochenende“ von Polizisten mit Polizeihunden begleitet werden.
„Viele Mohammedaner verweigern die Behandlung durch weibliches Personal. Andererseits verweigert das weibliche Personal, unter diese Tiere zu gehen, besonders wenn diese aus Afrika stammen.“ Ein tschechischer Fernsehsprecher, der ‚Mohammedaner‘ als ‚Tiere‘ bezeichnet? Aber eigentlich ist es ärger: Es ist der Arzt, der das und noch viel mehr erbricht, etwa über die unzähligen Krankheiten der ‚vielen‘ Migranten, „von denen wir in Europa keine Vorstellung über deren Behandlung haben“. In den Apotheken würden die Migranten durchdrehen, wenn Geld für das Rezept verlangt werde (der Arzt, der keine Vorstellung über die Behandlung bestimmter Krankheiten hat, verschreibt trotzdem Medikamente?). Wegen dieser Gewaltausbrüche „muss die Polizei nicht nur die Arztpraxen und Spitäler bewachen, sondern auch die großen Apotheken“.
Demnach müsste ganz München voll von Polizei sein, die Arztpraxen, Spitäler und Apotheken bewacht. Eigenartigerweise werden in dem TV-Bericht keine Bilder aus dem polizeilich bewachten München eingeblendet. Auf den Monitoren im Hintergrund ist auch kein Flimmern, kein bewegtes Bild zu entdecken. Die Arbeitsplätze im Studio sind nicht besetzt. Das Studio ist ein Potemkinsches Dorf, eine Attrappe. Und der Sprecher?
Der betreibt jetzt eine andere Seite, denn die Seite von CNTV, das natürlich nicht das Tschechische Fernsehen war, sondern eine Internetseite mit Videobetrieb, gibt’s nicht mehr. Dafür aber die Seite „New World Order Opposition“, die auch vom Sprecher Petr Richard Ortek betrieben wird.
Auf dieser Seite stehen auch Videos zum Download bereit. Zum Beispiel eines von David Duke, dem wilden Antisemiten und ehemaligen KuKluxKlan-Mann.
David Duke und „New World Order Opposition“
Das Video ist über „LiveLeak“ abrufbar. Dort wurde es am 7. Oktober hochgeladen. In Berlin. Von „Eeyorevladtepe“. Wer auch immer das ist, er oder es hat seinen virtuellen Sitz in Kanada und vertreibt über „LiveLeak“ wilde Hetze über den Islam und Muslime.
Beispiel: Muslim ermordet Mutter, masturbiert auf die Leiche und schneidet ihr das Herz heraus. Diese Sparte von rechten Hetzern nennt sich selbst Counter-Jihadisten, will heißen, sie sind genau so vertrottelt wie die Jihadisten.
Bis auf den Sprecher im Studio, der die Seite mit der Opposition zur Neuen Weltordnung betreibt, sind alle Personen anonym. Ein Kanadier, der in Berlin ein Video hochlädt, in dem der Sprecher einer rechtsextremen Seite darüber berichtet, dass er von einer Freundin über die Mail informiert wurde, die ihr ein pensionierten Arzt aus München geschrieben hat. Die Übersetzung stammt von dem antiislamischen, counter-jihadistischen Blog „Xanthippa’s Chamberpot“, der angeblich von einer Kanadierin mit dem Vornamen Alexandra betrieben wird.
Hochgeladen aus Berlin
Aus dem Inhalt des Nachttopfes von Xanthippe stammt auch der Rest der Nachricht des angeblichen Arztes aus München. Der jammert nach seinen Einleitungssätzen über die Situation in Spitälern und Apotheken in der Folge über die Arbeitslosenzahlen, die wegen der Flüchtlinge bald steigen würden, über die häufig schwangeren Frauen der Flüchtlinge, über die vielen Kinder der Flüchtlinge und darüber, dass das „eines Tages in Tschechien auch so sein“ könnte. Und dann der Satz für die Tschechen: „Niemand, der mit denen noch nicht in Kontakt gewesen ist, hat eine Vorstellung, was von eine Art von Tieren das sind, besonders die aus Afrika und wie Mohammedaner sich in Hinblick auf ihre Religionszugehörigkeit überheblich gegenüber unserem Personal verhalten.”
Gegen Ende seiner Mail folgt eine weitere Horrorgeschichte:
In einem bekannten Kinderspital am Rhein haben die Migranten das Personal mit Messern angegriffen, nachdem sie ihnen ein 8 Monate altes Kind an der Schwelle des Todes übergeben hatten, das sie seit drei Monaten quer durch halb Europa geschleppt hatten. Das Kind starb nach zwei Tagen, obwohl es Spitzenversorgung in einer der besten Kinderkliniken Deutschlands bekommen hatte. Der Arzt musste notoperiert werden und zwei Krankenschwestern landeten auf der Intensivstation. Niemand wurde bestraft! Der lokalen Presse ist es verboten, über diese Vorfälle zu schreiben.
Der letzte Satz ist der entscheidende. Niemand darf berichten, niemand kann daher diese Lügengeschichte wirklich überprüfen. Nur der ärztliche Pensionist in München darf auf verschlungenen Wegen die Botschaft weitergeben. An Sie, an Dich, an uns – ein wahrer Freund der Menschheit, zu der nun einmal „Tiere“ nicht zählen! Wie er wohl von dem Vorfall in dem „bekannten Kinderspital“ erfahren haben mag? Vermutlich über eine Mail mit dem Hinweis „Bitte lesen! Gut ansehen!“