ÖVP Wien: „Katholische Kupplerin“ und radikale Abtreibungsgegnerin im Gemeinderat

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Für die ÖVP Wien kan­di­dier­te am 13. Platz eine Frau, die schon mehr­mals ver­sucht hat, mit einem Vor­zugs­stim­men­wahl­kampf ein Man­dat zu erhal­ten. Dies­mal hat es geklappt. Gud­run Kug­ler (39), die sich als vehe­men­te Abtrei­bungs­geg­ne­rin und „Pro Life“-Aktivistin einen Namen gemacht hat, zieht in den Wie­ner Land­tag (und Gemein­de­rat) ein. Als sie 2005 zum ers­ten Mal kan­di­dier­te, gab es hef­ti­ge Pro­tes­te aus der SPÖ und von den Grü­nen. Aber auch in den eige­nen Rei­hen war ihre Kan­di­da­tur umstritten.

Der für die Gemein­de­rats­wahl 2015 von der ÖVP inner­par­tei­lich beschlos­se­ne Vor­zugs­stim­men-Modus hat Gud­run Kug­ler trotz eines kata­stro­pha­len Wahl­er­geb­nis­ses (7 statt 13 Man­da­te) einen Platz im Gemein­de­rat beschert. Kug­ler, die auf Platz 13 gereiht war, schaff­te mit 2.276 Vor­zugs­stim­men, was ihr 2005 mit 2.413 bzw. bei der Natio­nal­rats­wahl mit 3.943 Vor­zugs­stim­men noch ver­wehrt war: ein Man­dat. Die Wie­ner ÖVP woll­te die katho­li­sche Fun­da­men­ta­lis­tin offen­bar fast um jeden Preis im Gemein­de­rat haben.


„Lebens­schüt­zer“ Fischer unter­stützt Gud­run Kugler

Das war bei ihrem ers­ten Antre­ten 2005 noch nicht so. Kug­ler, die damals als Par­tei­lo­se auf der ÖVP-Lis­te kan­di­dier­te, wur­de von diver­sen Abtrei­bungs­geg­nern, „Lebens­schüt­zern“ und deren Orga­ni­sa­tio­nen bei ihrem Vor­zugs­stim­men-Wahl­kampf unter­stützt. Mit einem „Gebets-Sturm“ und einem Fly­er woll­te etwa der radi­ka­le Abtrei­bungs­geg­ner Diet­mar Fischer die „groß­ar­ti­ge Pro-Life-Kan­di­da­tin“ unter­stüt­zen. Anony­me Unter­stüt­ze­rIn­nen waren dabei wenig zim­per­lich, berich­te­te damals der „Stan­dard“ (18.10. 2005): „Im Inter­net kur­siert ein Pla­kat­su­jet, das der lau­fen­den Wahl­kam­pa­gne der SPÖ nach­ge­stellt wur­de. Dar­auf zu sehen: ein abge­trie­be­ner Embryo sowie der Slo­gan: ‚Wäh­len wir Abtrei­bung. Wäh­len wir Mord.’ Dar­un­ter befin­det sich ein Foto von Frau­en­stadt­rä­tin Son­ja Weh­se­ly (SPÖ).“

Nach hef­ti­gen Pro­tes­ten von SPÖ und Grü­nen gab es dann eine Distan­zie­rung nach frei­heit­li­cher Art durch Kug­ler. Mit Stil und Inhalt der im Bezirk kur­sie­ren­den Post­wurf­sen­dun­gen und Flug­blät­ter habe sie nichts zu tun, man­che Unter­stüt­zer hät­ten ohne ihr Wis­sen „mili­tan­te oder unad­äqua­te Tex­te aus­ge­sandt“, beklag­te sie in einer Pres­se­aus­sendung. Bei dem Pla­kat­su­jet im Inter­net ging sie aber sofort in den Angriffs­mo­dus über und dach­te laut dar­über nach, dass radi­ka­le Abtrei­bungs­be­für­wor­ter hin­ter dem Sujet ste­hen könn­ten: „Ich kann mir nicht vor­stel­len, wer in Öster­reich so etwas tun könn­te und leh­ne auch jede Zusam­men­ar­beit mit so einer Kam­pa­gne ab. Es ist lei­der durch­aus mög­lich, dass die­ses email-Inse­rat von radi­ka­len Abtrei­bungs­be­für­wor­tern zur Pro­vo­ka­ti­on ins Netz gestellt wur­de.” (OTS-Aus­sendung zit. nach derstandard.at, 19.10.05)

Ange­sichts des Umstan­des, dass radi­ka­le Abtrei­bungs­geg­ner und „Lebensschützer“aus Öster­reich hin­ter der mitt­ler­wei­le ver­sun­ke­nen Hetz­sei­te „kreuz­net“ stan­den, eine ziem­lich fre­che Ver­dre­hung der Fakten!


„Lebens­schüt­zer“ Fischer unter­stützt Bar­ba­ra Rosen­kranz (auf kreuznet)

Schon 2004 hat­te Kug­ler bei einem Kon­gress der „Welt­ju­gend­al­li­anz“ deut­lich gemacht, dass sie selbst zu den radi­ka­len Abtrei­bungs­geg­ne­rIn­nen zu rech­nen ist. „Fal­sche Ideen töten: gera­de das muss unse­re Gene­ra­ti­on aus dem 20.Jahrhundert mit sei­nen 120 Mil­lio­nen aus poli­ti­schen Grün­den Getö­te­ten ler­nen“ (APA, 7.11.2004), erklär­te sie damals und ver­meng­te so den sys­te­ma­ti­schen Mas­sen­mord der Nazis, die sta­li­nis­ti­schen Mor­de und Hun­ger­to­ten mit der Abtreibungsfrage.

Die Juris­tin und Theo­lo­gin Kug­ler ist auch Grün­de­rin des Part­ner­diens­tes „Kath­Treff“, einer katho­li­schen Sin­gle-Bör­se im Inter­net, bei der gläu­bi­ge Sin­gles gegen Geld (Jah­res­bei­trag: 79 Euro) anders­ge­schlecht­li­che gläu­bi­ge Sin­gles anbag­gern kön­nen. Mit Fra­gen wie „Was bedeu­tet Ihnen Gott?”, „Wel­ches Gebet beten Sie am liebs­ten?” oder „Wel­cher Hei­li­ge beein­druckt Sie am meis­ten und war­um?” (Die Neue, 14.6.05), aber auch der Beschrän­kung auf Sin­gles, die kir­chen­recht­lich hei­ra­ten kön­nen, wur­de von Beginn an für rech­te Selek­ti­on gesorgt.

Was die „katho­li­sche Kupp­le­rin“ (APA) Kug­ler mit ihren Posi­tio­nen (gegen stren­ge­re Gleich­be­hand­lung, gegen Sexu­al­auf­klä­rung, gegen angeb­li­che Chris­ten­dis­kri­mi­nie­rung in Euro­pa und natür­lich gegen die Fris­ten­lö­sung) im Wie­ner Gemein­de­rat bewir­ken will, ist unklar. Als im Novem­ber 2013 eine „Pro Life“ Kund­ge­bung vor der Wie­ner ÖVP-Zen­tra­le statt­fand, mit der ein wei­te­res „Gebets­fas­ten“ des „Lebens­schüt­zers“ Josef Preßl­may­er gegen die angeb­lich lasche Hal­tung der ÖVP zur Fris­ten­lö­sung unter­stützt wur­de, geriet auch Kug­ler in die Kri­tik, weil sie ein Mail nicht beant­wor­tet hat­te. Bei der Gemein­de­rats­wahl 2015 haben die radi­ka­len „Lebens­schüt­zer“ aber Kug­ler wie­der unterstützt.


Preßl­may­er im Hungerstreik