Der für die Gemeinderatswahl 2015 von der ÖVP innerparteilich beschlossene Vorzugsstimmen-Modus hat Gudrun Kugler trotz eines katastrophalen Wahlergebnisses (7 statt 13 Mandate) einen Platz im Gemeinderat beschert. Kugler, die auf Platz 13 gereiht war, schaffte mit 2.276 Vorzugsstimmen, was ihr 2005 mit 2.413 bzw. bei der Nationalratswahl mit 3.943 Vorzugsstimmen noch verwehrt war: ein Mandat. Die Wiener ÖVP wollte die katholische Fundamentalistin offenbar fast um jeden Preis im Gemeinderat haben.
„Lebensschützer“ Fischer unterstützt Gudrun Kugler
Das war bei ihrem ersten Antreten 2005 noch nicht so. Kugler, die damals als Parteilose auf der ÖVP-Liste kandidierte, wurde von diversen Abtreibungsgegnern, „Lebensschützern“ und deren Organisationen bei ihrem Vorzugsstimmen-Wahlkampf unterstützt. Mit einem „Gebets-Sturm“ und einem Flyer wollte etwa der radikale Abtreibungsgegner Dietmar Fischer die „großartige Pro-Life-Kandidatin“ unterstützen. Anonyme UnterstützerInnen waren dabei wenig zimperlich, berichtete damals der „Standard“ (18.10. 2005): „Im Internet kursiert ein Plakatsujet, das der laufenden Wahlkampagne der SPÖ nachgestellt wurde. Darauf zu sehen: ein abgetriebener Embryo sowie der Slogan: ‚Wählen wir Abtreibung. Wählen wir Mord.’ Darunter befindet sich ein Foto von Frauenstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ).“
Nach heftigen Protesten von SPÖ und Grünen gab es dann eine Distanzierung nach freiheitlicher Art durch Kugler. Mit Stil und Inhalt der im Bezirk kursierenden Postwurfsendungen und Flugblätter habe sie nichts zu tun, manche Unterstützer hätten ohne ihr Wissen „militante oder unadäquate Texte ausgesandt“, beklagte sie in einer Presseaussendung. Bei dem Plakatsujet im Internet ging sie aber sofort in den Angriffsmodus über und dachte laut darüber nach, dass radikale Abtreibungsbefürworter hinter dem Sujet stehen könnten: „Ich kann mir nicht vorstellen, wer in Österreich so etwas tun könnte und lehne auch jede Zusammenarbeit mit so einer Kampagne ab. Es ist leider durchaus möglich, dass dieses email-Inserat von radikalen Abtreibungsbefürwortern zur Provokation ins Netz gestellt wurde.” (OTS-Aussendung zit. nach derstandard.at, 19.10.05)
Angesichts des Umstandes, dass radikale Abtreibungsgegner und „Lebensschützer“aus Österreich hinter der mittlerweile versunkenen Hetzseite „kreuznet“ standen, eine ziemlich freche Verdrehung der Fakten!
„Lebensschützer“ Fischer unterstützt Barbara Rosenkranz (auf kreuznet)
Schon 2004 hatte Kugler bei einem Kongress der „Weltjugendallianz“ deutlich gemacht, dass sie selbst zu den radikalen AbtreibungsgegnerInnen zu rechnen ist. „Falsche Ideen töten: gerade das muss unsere Generation aus dem 20.Jahrhundert mit seinen 120 Millionen aus politischen Gründen Getöteten lernen“ (APA, 7.11.2004), erklärte sie damals und vermengte so den systematischen Massenmord der Nazis, die stalinistischen Morde und Hungertoten mit der Abtreibungsfrage.
Die Juristin und Theologin Kugler ist auch Gründerin des Partnerdienstes „KathTreff“, einer katholischen Single-Börse im Internet, bei der gläubige Singles gegen Geld (Jahresbeitrag: 79 Euro) andersgeschlechtliche gläubige Singles anbaggern können. Mit Fragen wie „Was bedeutet Ihnen Gott?”, „Welches Gebet beten Sie am liebsten?” oder „Welcher Heilige beeindruckt Sie am meisten und warum?” (Die Neue, 14.6.05), aber auch der Beschränkung auf Singles, die kirchenrechtlich heiraten können, wurde von Beginn an für rechte Selektion gesorgt.
Was die „katholische Kupplerin“ (APA) Kugler mit ihren Positionen (gegen strengere Gleichbehandlung, gegen Sexualaufklärung, gegen angebliche Christendiskriminierung in Europa und natürlich gegen die Fristenlösung) im Wiener Gemeinderat bewirken will, ist unklar. Als im November 2013 eine „Pro Life“ Kundgebung vor der Wiener ÖVP-Zentrale stattfand, mit der ein weiteres „Gebetsfasten“ des „Lebensschützers“ Josef Preßlmayer gegen die angeblich lasche Haltung der ÖVP zur Fristenlösung unterstützt wurde, geriet auch Kugler in die Kritik, weil sie ein Mail nicht beantwortet hatte. Bei der Gemeinderatswahl 2015 haben die radikalen „Lebensschützer“ aber Kugler wieder unterstützt.
Preßlmayer im Hungerstreik