Mittlerweile ist der Mindestsicherungsbescheid, der von Hardys Facebook-Profil binnen kürzester Zeit mehrere Hundert Mal geteilt wurde, von Hardys Account gelöscht. Auf anderen FB-Seiten wird er weitergereicht wie eine Monstranz. Vor allem blaue und braun angehauchte FB-Seiten sehen in dem Bescheid, der für eine sechsköpfige Familie rund 2.000 Euro pro Monat vorsieht, ein Dokument der Kapitulation österreichischer Behörden vor angeblichen Flüchtlingsfluten und eine Steilvorlage für Hetze.
Für die Hetzer gibt es allerdings einige Probleme!
- Die Behauptung, der Bescheid belege, was eine Flüchtlingsfamilie erhalte, ist falsch. Es handelt sich nicht um eine Flüchtlingsfamilie! Die Familie lebt seit rund 30 Jahren in Wien. Die Familienmitglieder haben die österreichische Staatsbürgerschaft. Sonst noch Fragen? Müssen sie jetzt auch noch eine Blutprobe abgeben, ob genügend „arisches“ Blut durch ihre Adern pulst?
- Auch die Behauptung, die Familie komme zur Mindestsicherung, ohne je gearbeitet zu haben, ist falsch. Nach jahrzehntelanger Arbeit des Familienvaters folgte eine schwere Erkrankung, die letztendlich die Mindestsicherung auslöste.
- Die Veröffentlichung des Bescheids mit Namen und Anschrift der Betroffenen stellt einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz, möglicherweise auch gegen das Briefgeheimnis dar. Außerdem sind privatrechtliche Ansprüche gegeben und damit empfindliche Geldstrafen möglich.
Seit 24.6.2015 kursiert der Mindestsicherungsbescheid in ungeschwärzter und geschwärzter Variante tausendfach im Internet. In fast allen Varianten wird beklagt, wie leicht es für Flüchtlinge sei, zu Sozialleistungen zu kommen. In den meisten Kommentaren wird außerdem gemutmaßt bzw. gehetzt, dass diese Sozialleistung für die Familie (Mindestsicherung) höher sei als die für eine „österreichische“ Familie.
Hetze auf Facebook
Für die blaue Internet-Postille „erstaunlich.at“ scheint völlig klar, dass es sich um eine Flüchtlingsfamilie handelt, die „über 24.000,- (!) Euro netto jährlich fürs Nichtstun erhält. Natürlich zudem eine Kranken- und Unfallversicherung, für die ein arbeitender Mensch zusätzlich bezahlen muss. In Österreich gibt es unzählige Familien, die durch Arbeit nicht auf einen derartig jährlichen Nettobetrag kommen.“
Hetze auf erstaunlich.at (von SdR nachgeschwärzt)
Zynisch wird über die „helle Aufregung unter den linken Gutmenschen“ gehöhnt, die die Veröffentlichung des Bescheids verursacht habe. Bei „erstaunlich.at“ werden die Personalia geschwärzt – die Postille ist mit der Hetzbotschaft zufrieden, dass eine angebliche Flüchtlingsfamilie fürs Nichtstun Geldsummen erhält, die „unzählige“ österreichische Familien nicht einmal durch Arbeit bekommen. Das hat zwar nichts mit den Fakten zu tun, aber für einen kleinen Hetzbericht ohne jede Recherche reicht es.
Viele übernehmen den ursprünglichen, ungeschwärzten Bescheid, den sich Hardy alias „Blackfinger“ vermutlich durch eine manifeste Verletzung des Briefgeheimnisses organisiert hat. Eine Anzeige dazu gibt es bereits. Aber auch auf die, die den ungeschwärzten Bescheid weiterverbreiten, könnten noch unangenehme privatrechtliche Klagen zukommen.
Christian Höbart, der FPÖ-Nationalratsabgeordnete, braucht derartiges nicht zu befürchten. Er hat auf dem Facebook-Profil eines Hetzers aus Perchtoldsdorf, der den Bescheid geschwärzt veröffentlichte und darüber wütete, einfach ein „Gefällt mir“ hinterlassen. So funktioniert die Arbeitsteilung bei Hetzern.
Höbart und die Hetze (von SdR nachgeschwärzt)