MKÖ: „Unerträgliches Schweigen zu Österreichs Stimmenthaltung bei UN-Resolution gegen Neonazismus“

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Maut­hau­sen Komi­tee kri­ti­siert Außen­mi­nis­ter Kurz. Kei­ne Ant­wort trotz aus­drück­li­cher Zusage.

Wien (OTS) — Mehr als pein­lich scheint Außen­mi­nis­ter Sebas­ti­an Kurz eine Anfra­ge des Maut­hau­sen Komi­tees Öster­reich (MKÖ) an ihn zu sein: Die­ses woll­te von Kurz wis­sen, war­um sich Öster­reich in der UN-Gene­ral­ver­samm­lung bei einer Reso­lu­ti­on gegen Neo­na­zis­mus der Stim­me ent­hal­ten hat. Die Reso­lu­ti­on wur­de am 21. Novem­ber 2014 mit einer deut­li­chen Mehr­heit von 115 Län­dern, dar­un­ter auch Isra­el, angenommen.

Das MKÖ, das die Über­le­ben­den des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Maut­hau­sen und ihre For­de­rung „Nie wie­der!” ver­tritt, schrieb heu­er am 6. Febru­ar an den Außenminister:

„Mit gro­ßem Befrem­den hat das Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich erfah­ren, dass sich Öster­reich bei der Abstim­mung über die­se Reso­lu­ti­on ‑gemein­sam mit den ande­ren EU-Län­dern — der Stim­me ent­hal­ten hat. Dies kommt einer Ableh­nung gleich.

Dass sich Öster­reich bei der besag­ten Abstim­mung offen­bar Vor­ga­ben aus Brüs­sel und Ber­lin ange­schlos­sen hat, ist nicht nur poli­tisch skan­da­lös, es ist ein offe­ner Bruch der eige­nen Ver­fas­sung und der völ­ker­recht­li­chen Ver­pflich­tun­gen, die Öster­reich mit dem Staats­ver­trag 1955 ein­ge­gan­gen ist. So ver­pflich­tet sich Öster­reich im Arti­kel 9 des Staats­ver­tra­ges dazu, „aus dem öster­rei­chi­schen poli­ti­schen, wirt­schaft­li­chen und kul­tu­rel­len Leben alle Spu­ren des Nazis­mus zu ent­fer­nen” und „alle nazis­ti­sche oder mili­ta­ris­ti­sche Tätig­keit und Pro­pa­gan­da in Öster­reich zu ver­hin­dern”. Genau die­sen Sinn­ge­halt — nur auf natio­na­ler und inter­na­tio­na­ler Ebe­ne — hat die UN-Reso­lu­ti­on, der Öster­reich unter Ihrer Res­sort­ver­ant­wor­tung die Zustim­mung ver­wei­gert hat.

Die Tat­sa­che, dass zu jenen Staa­ten, die die Reso­lu­ti­on ein­ge­bracht oder unter­stützt haben, auch sol­che gehö­ren, deren Poli­tik in man­cher Hin­sicht von Öster­reich oder der EU abge­lehnt wird, hät­te kei­nes­falls dazu füh­ren dür­fen, dass Öster­reich die Reso­lu­ti­on trotz ihrer rich­ti­gen und äußerst wich­ti­gen Inhal­te nicht unter­stützt. Lie­ße man sich näm­lich auf die­se Logik ein, gäbe es wohl nur mehr weni­ge UN-Reso­lu­tio­nen, denen Öster­reich noch zustim­men könnte.

Auch die Inter­na­tio­na­le Föde­ra­ti­on der Wider­stands­kämp­fer (FIR) hat in einer Erklä­rung die Annah­me der Reso­lu­ti­on durch die Gene­ral­ver­samm­lung der Ver­ein­ten Natio­nen begrüßt und das Stimm­ver­hal­ten der EU-Län­der kritisiert.

Unser Schrei­ben an den Stän­di­gen Ver­tre­ter Öster­reichs bei den Ver­ein­ten Natio­nen, Dr. Mar­tin Saj­dik, wur­de von die­sem zwar beant­wor­tet. Auf unse­re Nach­fra­ge hin hat er uns aber kei­nen ein­zi­gen kon­kre­ten Punkt der Reso­lu­ti­on genannt, der die Unter­stüt­zung Öster­reichs (und der ande­ren EU-Län­der) nicht ver­dient hät­te. Wäre die Reso­lu­ti­on wirk­lich unaus­ge­wo­gen oder gegen den Wes­ten gerich­tet, wie von Bot­schaf­ter Dr. Saj­dik behaup­tet, hät­te Isra­el, der Staat der Holo­caust-Über­le­ben­den, sie mit Sicher­heit abge­lehnt. So bleibt das beschä­men­de Fazit, dass Isra­el die Reso­lu­ti­on ange­nom­men hat, wäh­rend die Täter­län­der Öster­reich und Deutsch­land sich zu kei­ner Zustim­mung durch­rin­gen konnten.

Namens des Maut­hau­sen Komi­tees Öster­reich ersu­chen wir Sie, sehr geehr­ter Herr Bun­des­mi­nis­ter, um Ihre Stel­lung­nah­me zur Stimm­ent­hal­tung Öster­reichs bei der UN-Reso­lu­ti­on gegen Neonazismus.”

Am 11. Febru­ar bedank­te sich das Kabi­nett des Minis­ters für das Schrei­ben des MKÖ und ver­sprach eine bal­di­ge Ant­wort. Als die­se am 13. April, mehr als zwei Mona­te spä­ter, noch immer nicht erfolgt war, erin­ner­te das MKÖ mit einem wei­te­ren Schrei­ben an die Anfra­ge. Doch sei­tens Kurz‘ und sei­nes Minis­te­ri­ums gab es kei­ne Reak­ti­on mehr.

„Wenn der Außen­mi­nis­ter der Repu­blik zu einer Fra­ge von natio­na­ler und inter­na­tio­na­ler Bedeu­tung schweigt, obwohl sein Kabi­nett eine Stel­lung­nah­me aus­drück­lich ver­spro­chen hat, ist das uner­träg­lich”, betont MKÖ-Vor­sit­zen­der Wil­li Mer­nyi. „Wir sehen dar­in nicht nur eine gro­be Ver­let­zung der übli­chen Umgangs­for­men und der demo­kra­ti­schen Stan­dards, son­dern auch eine Miss­ach­tung der KZ-Über­le­ben­den und des anti­fa­schis­ti­schen Auf­trags unse­rer Bun­des­ver­fas­sung. Zum Neo­na­zis­mus und sei­ner Bekämp­fung muss Öster­reich eine glas­kla­re Hal­tung ein­neh­men. Alles ande­re ist ein Armuts­zeug­nis, für das im Fall der UN-Reso­lu­ti­on der Außen­mi­nis­ter die Ver­ant­wor­tung trägt!”