Tschechien: Populist oder Rechtsextremer?

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Tomia Oka­mu­ra ist Senats­ab­ge­ord­ne­ter in Tsche­chi­en und Chef einer Par­tei, die sich “Mor­gen­rö­te der direk­ten Demo­kra­tie“ nennt. Beruf­lich ist er Unter­neh­mer in der Rei­se­bran­che, poli­tisch ist er Rechts­extre­mer. Hier­zu­lan­de nen­nen ihn Medi­en noch immer einen Popu­lis­ten, obwohl er erst vor weni­gen Mona­ten die Exis­tenz eines tsche­chi­schen KZ geleug­net hat und neu­er­dings zum Boy­kott von Geschäf­ten auf­for­dert, in denen Mus­li­me arbeiten.

Die von Oka­mu­ra im Mai 2013 gegrün­de­te Par­tei ‚Úsvit pří­mé demo­kra­cie‘ erreich­te bei den Par­la­ments­wah­len im Novem­ber 2013 6,9 Pro­zent der Stim­men bzw. 14 von 200 Man­da­ten im Abge­ord­ne­ten­haus. Oka­mu­ra war schon im Wahl­kampf dadurch auf­ge­fal­len, dass er die tsche­chi­schen Roma auf­for­der­te, das Land zu ver­las­sen und in Indi­en ihren eige­nen Staat zu gründen.


Úsvit pří­mé demokracie
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Das reich­te den Medi­en, um ihm bzw. sei­ner Par­tei den ver­harm­lo­sen­den Sta­tus „popu­lis­tisch“ bzw. „rechts­po­pu­lis­tisch“ zu ver­lei­hen. Auch der Name der Par­tei mach­te die Medi­en nicht stut­zig: zumeist wird sie als „Tages­an­bruch“ oder „Mor­gen­däm­me­rung“ der „direk­ten Demo­kra­tie“ über­setzt — „Mor­gen­rö­te“ und damit ein poli­tisch- ideo­lo­gi­scher (kein orga­ni­sa­to­ri­scher) Bezug zu den grie­chi­schen Neo­na­zis wür­de aber durch­aus mehr Sinn machen.

Für die Wah­len ins euro­päi­sche Par­la­ment im Früh­jahr 2014 ver­wen­de­te die Par­tei den Slo­gan: „Unter­stüt­zung für Fami­li­en, nicht für Unan­ge­pass­te. Arbeit für die Uns­ri­gen, nicht für Immi­gran­ten“.

Die­ser Slo­gan, der abge­wan­delt auch in Öster­reich Ver­wen­dung fin­det, aber vor allem der Ter­mi­nus „Unan­ge­pass­te“ stammt aus der Gift­kü­che der tsche­chi­schen Neo­na­zis von der „Arbei­ter­par­tei“ DSSS (die Neo­na­zi-Par­tei Děl­nická stra­na (DS) wur­de zwar 2010 gericht­lich ver­bo­ten und auf­ge­löst, arbei­tet aber unter dem Namen Děl­nická stra­na sociální spra­vedl­nos­ti (DSSS) wei­ter). Bei den Euro­pa-Wah­len konn­te die „Mor­gen­däm­me­rung“ kei­nen Erfolg ein­fah­ren. Mit etwas mehr als drei Pro­zent der Stim­men ver­fehl­te die Par­tei den Ein­zug ins Euro­päi­sche Parlament.

Im August 2014 unter­strich Oka­mu­ra ein wei­te­res Mal, dass er eigent­lich ein rechts­extre­mer Poli­ti­ker ist. In einem Inter­view pro­vo­zier­te er mit der Behaup­tung, dass die Exis­tenz eines Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers für Roma im süd­böh­mi­schen Lety eine Lüge und in dem dor­ti­gen „Arbeits­la­ger“ nie­mand ermor­det wor­den sei: „Die Men­schen star­ben an den Fol­gen von Alter und Krank­heit“ und „Der Mythos von einem Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger für Roma ist nach ver­füg­ba­ren Infor­ma­tio­nen eine Lüge“, wird Oka­mu­ra vom „Spie­gel“ zitiert. Die Auf­for­de­rung des tsche­chi­schen Men­schen­rechts­mi­nis­ters Juri Dienst­bier an Oka­mu­ra, alle poli­ti­schen Ämter nie­der­zu­le­gen, ver­hall­te eben­so unge­hört wie sei­ne eigent­li­che Bot­schaft. Oka­mu­ra wur­de wei­ter­hin als „Popu­list“ bezeichnet.

Auch sei­ne jüngs­te Hass­bot­schaft änder­te nichts dar­an. Via Face­book gab Oka­mu­ra den Tsche­chen Rat­schlä­ge, wie sie sich gegen eine angeb­lich dro­hen­de Isla­mi­sie­rung Tsche­chi­ens weh­ren könn­ten: etwa, in dem sie Hun­de und Schwei­ne züch­ten und auf­zie­hen und mit ihnen Spa­zier­gän­ge in der Umge­bung von Moscheen unter­neh­men. Oder auch Gast­häu­ser zur Belei­di­gung von Mus­li­men mit Namen wie „Zum bra­ven Hund“ oder „Zum lus­ti­gen Schwein­chen“ versehen.


Tomia Oka­mu­ra
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Ziem­lich direk­te Anlei­he bei den Nazis nahm Oka­mu­ra mit der Emp­feh­lung, nicht mehr in Geschäf­ten mit mus­li­mi­schen Ver­käu­fern ein­zu­kau­fen und gene­rell Geschäf­te mit Mus­li­men zu mei­den: “Jeder gekauf­te Kebab ist nur ein wei­te­rer Schritt in Rich­tung Bur­kas”.

Die neue Het­ze von Oka­mu­ra ist also nicht mehr nur gegen Roma gerich­tet. Auch in ande­ren Punk­ten wie etwa der Putin-Ver­herr­li­chung ori­en­tiert sich Oka­mu­ra am rechts­extre­men euro­päi­schen Main­stream. Sei­nen Anti­se­mi­tis­mus kann er aller­dings nur not­dürf­tig hin­ter einem „Anti­zio­nis­mus“ ver­ste­cken. Für die meis­ten Medi­en – wie etwa die „Klei­ne Zei­tung“ – bleibt Oka­mu­ra trotz­dem ein „Popu­lis­ten­chef“. Für uns ist er ein Rechtsextremer.