Ewald Stadler beobachtet nicht zum ersten Mal Pseudowahlen. Auch beim Krim-Referendum im März 2014 konnte der von der FPÖ und dann vom BZÖ verstoßene Ex-Abgeordnete schon feststellen, dass alles in Ordnung ist mit der Abstimmung. Damals fiel Stadler vor allem dadurch auf, dass er nach eigenen Angaben keine Ahnung hatte, wer ihm Reise und Aufenthalt bezahlte.
Stadler & Co als Wahlbeobachter, Quelle: wirtschaftsblatt.at
So stellt man sich einen wahrhaft objektiven und unabhängigen Beobachter vor! Er fragt nicht lange, warum ausgerechnet er, weshalb und wer das alles bezahlen soll und er greift einfach zu, wenn ihm ein Ticket angeboten wird.
Auf der Krim waren aus Österreich auch noch Wahlbeobachter von der FPÖ dabei: Johann Gudenus und Johannes Hübner, zwar die politische Konkurrenz im engeren Sinne, aber in der Sache und bei der Reisefinanzierung einig. Das „Eurasian Observatory for Democracy and Elections” (EODE) des rechtsextremen Belgiers Luc Michel war so frei und spendierte Tickets und Aufenthalt nicht nur für die Österreicher, sondern für eine stattliche Schar aus Beobachtern der extremen Rechten und der stalinistischen kommunistischen Parteien Griechenlands und Russlands.
Die waren auch diesmal wieder dabei in Donezk und Luhansk und haben möglicherweise schmerzlich die Kameraden von der FPÖ vermisst. Wegen der Absenz der echten Freiheitlichen blieb fast die ganze Last der Pseudobeobachtung von Pseudowahlen an Ewald Stadler hängen.
Mit der bereits durch die Beobachtung der Pseudowahlen im Juli 2012 in der armenischen Enklave Berg-Karabach erworbenen Routine konnte Stadler im Donbass feststellen, dass er „erstaunt über die Professionalität“ der Wahlen mitten im Bürgerkrieg sei. Außerdem hat Stadler schon nach dem ersten Wahllokal gesehen, dass „ein großer Andrang“ ist („die Leute wollen wählen“). Da kann er sogar über die fehlenden Wählerlisten nur mehr lächeln. Stadler hat sich damit eindeutig als Wahlbeobachter für Nordkorea qualifiziert.
2012 war ein starkes Wahlbeobachtungsjahr für Stadler und seine damalige politische Heimatpartei, das BZÖ:
- März 2012: Präsidentschaftswahlen in Russland. Während die OSZE-Wahlbeobachter Unregelmäßigkeiten feststellen, erklärt Ewald Stadler, der laut eigenen Angaben für eine NGO beobachtet hat, dies für „blanken Unsinn“ und einen „Schmarren“ der OSZE. Niemand fragt Stadler, für welche NGO er „beobachtet“ hat.
- Mai 2012: Parlamentswahlen in Armenien. Stadler ist hier Wahlbeobachter für das „International Expert Center for Electoral Systems“ (ICES)
- Juli 2012: Präsidentschaftswahlen in Berg-Karabach. Stadler nimmt auch hier als Wahlbeobachter des ICES teil, das die Wahlen als „demokratischen Ausdruck des Wählerwillens” einschätzt.
- Oktober 2012: Parlamentswahlen in der Ukraine. Stadler kann nicht, statt ihm „beobachtet” Gerhard Huber (BZÖ) für das „Europäische Zentrum für Geopolitische Analysen“ die Wahlen und befindet in einer Pressekonferenz mit Nick Griffin von der rechtsextremen BNP, dass die Wahlen fair waren und kritisiert die OSZE für ihre Kritik an der Wahl.
Mateusz Piskorski, der Chef des „Europäischen Zentrums für Geopolitische Analysen“ hat das Handwerk der Pseudowahlbeobachtung übrigens 2010 in Weißrussland erstmals praktiziert. Er hat die Präsidentschaftswahlen des Despoten Lukaschenko als fair bezeichnet – wie auch Hubert Gorbach (BZÖ-Vizekanzler unter Schüssel), der auf Einladung des weißrussischen Außenministeriums eine Pseudobeobachtung durchführte.
In der Pseudorepublik Berg-Karabach lief das 2012 nicht viel anders. Rund 80 „Wahlbeobachter“ beobachteten insgesamt 52 Wahllokale. Ebenso vergleichbar ist, dass auch Berg-Karabach von faktisch niemandem völkerrechtlich anerkannt wird. Aber für juristische Kapazunder wie Stadler sind das wohl nur Nebensächlichkeiten. Dass in den meisten Berichten über die Wahlbeobachtung in Berg-Karabach wie auch bei den Wahlen im Donbass jeder Hinweis auf die finanzierende Organisation (und auf deren Finanzierung) fehlt, stört den „unabhängigen” Wahlbeobachter Stadler offenbar nicht.
Anton Shekhovtsov, ein tatsächlich unabhängiger Journalist und Beobachter, listet auf dem Blog „The Interpreter” (2.11.14) die Namen der diversen „Wahlbeobachter“ von Donezk und Luhansk auf. Er liefert auch fotografische Belege dafür, dass die Agenturen European Centre for Geopolitical Analysis (ECGA) des Mateusz Piskorski aus Polen und die EODE von Luc Michel die skurrile Wahlbeobachtertruppe, die von Jobbik bis zur schon erwähnten KP Russlands reicht, organisiert haben.