Scholz: Es gab keine Entnazifizierung bei Lehrern

Wer immer bis in die 1970er-Jahre eine öster­re­ichis­che Schul­bank gedrückt hat, kann in der Regel aus eigen­er Erfahrung bestäti­gen, was Kurt Scholz, früher Stadtschul­rat­spräsi­dent in Wien, jet­zt in einem Gastkom­men­tar für „News“ offen­legt: bei LehrerIn­nen gab es nach 1945 keine all­ge­meine Ent­naz­i­fizierung, und so kon­nte auch ein hoher SS-Offizier wie Wil­helm Höt­tl Schuldirek­tor werden.

Kurt Scholz in News: „Lehrerin­nen und Lehrer aber brauchte man, und so gab es in diesem Beruf­s­stand genau­so wenig eine all­ge­meine Ent­naz­i­fizierung wie unter Richtern und Ärzten. Das erwies sich als fatal, weil es schon in der Zwis­chenkriegszeit eine beträchtliche Zahl ille­galer Nazi-Lehrer gegeben hat­te.” Die Nachkriegssi­t­u­a­tion beschreibt Scholz so:

In der Nachkriegszeit herrschte ein poli­tis­ch­er Mis­chmasch: In Wien baut­en Sozialdemokrat­en das Schul­we­sen auf, während man in fast allen anderen Bun­deslän­dern an die Tra­di­tio­nen des Stän­destaates anknüpfte. Mäd­chen hat­ten Zöpfe zu tra­gen, während für Burschen ein mil­itärisch­er Kurzhaarschnitt als hygien­is­ch­er galt, „Nietho­sen“ genan­nte Jeans waren ver­pönt, „Negertänze“ wur­den abgelehnt. Die Jugend­büch­er des NS-Lehrerführers und Hauptver­ant­wortlichen für die Salzburg­er Bücherver­bren­nung, Karl Sprin­gen­schmid, waren als Jugendlek­türe pop­ulär und der Anschluss­be­für­worter Karl Hein­rich Wag­gerl war im Fernse­hen omnipräsent.

Mit den Schul­re­for­men der 1970er-Jahre (Kreisky – Sinowatz) seien diese Zustände been­det wor­den, so Scholz, der vor pauschaler Verunglimp­fung der Lehrer warnt.

Quelle: News Nr. 42/2014 vom 16.10.