FPÖ: Kampl nach Nazi-Sager ausgeschlossen

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War­um erst jetzt? Das könn­te man sich fra­gen, nach­dem die FPÖ-Spit­ze ges­tern Sieg­fried Kampl, Bür­ger­meis­ter von Gurk und Ex-Bun­des­rat der FPÖ, nach einem Nazi-Spruch wegen „Gefahr im Ver­zug“ aus­ge­schlos­sen hat. Kampl war spä­tes­tens 2005 ein­schlä­gig auf­fäl­lig gewor­den, als er im Bun­des­rat Wehr­machts­de­ser­teu­re als „zum Teil Kame­ra­den­mör­der“ bezeichnete.

Sieg­fried Kampl, mitt­ler­wei­le 78 Jah­re alt, war einer von denen, die Jörg Hai­der nach der Macht­über­nah­me in der FPÖ 1986 auf den Schul­tern durch den Sit­zungs­saal getra­gen haben: Die Hoff­nung der FPÖ ruh­te gewis­ser­ma­ßen auf den Schul­tern eines Man­nes, der noch nie ein Pro­blem damit hat­te, den Natio­nal­so­zia­lis­mus ziem­lich ein­deu­tig hoch­le­ben zu lassen.


Inns­bru­cker Par­tei­tag 1986: Kampl, Hai­der, Gaugg, Bild­quel­le: twitter/@chmelar_dieter

Das „pro­fil“ (4.6.2005) gab in der Repor­ta­ge „Im Tal der Treu­en“ Aus­sa­gen von Kampl wie­der, die die­ser schon 1991 gegen­über der „AZ“ getä­tigt hat­te: „Wenn es das acht­und­drei­ßi­ger Jahr nicht gege­ben hät­te, hät­te die Hälf­te der Bau­ern­hö­fe zusper­ren müs­sen. Die Kin­der­bei­hil­fe ist im Drit­ten Reich auch ein­ge­führt wor­den.“ Und: „Wenn es den Hit­ler nicht gege­ben hät­te, wäre Öster­reich jetzt kommunistisch.“

1991 stieß sich Öster­reich nicht an sol­chen Aus­sa­gen, damals hat­te man gera­de die Sager von Jörg Hai­der über die „ordent­li­che Beschäf­ti­gungs­po­li­tik“ der Nazis zu ver­dau­en. 2005 war das etwas anders. Als sich Kampl, der damals für Jörg Hai­ders BZÖ im Bun­des­rat saß, in einer Rede am 14. April gegen die Reha­bi­li­tie­rung von Wehr­machts­de­ser­teu­ren aus­sprach, weil sie „zum Teil Kame­ra­den­mör­der“ gewe­sen sei­en, for­der­te fast ganz Öster­reich den Rück­tritt. Der rest­li­che Teil der Kampl-Rede, in dem er von der bru­ta­len Nazi­ver­fol­gung nach 1945 fasel­te, ging dabei fast unter.

Der ÖVP, die damals mit der FPÖ bzw. dem neu gegrün­de­ten BZÖ eine Koali­ti­on bil­de­te, war die Sache zunächst pein­lich. Bun­des­kanz­ler Schüs­sel woll­te zunächst wie häu­fig in sol­chen Fäl­len über­haupt kei­ne Stel­lung­nah­me abge­ben, schließ­lich ent­schied sich die Par­tei aber dafür, auf einen Rück­tritt von Kampl zu drän­gen. Hai­der, der gera­de wegen der frei­heit­li­chen Alt­las­ten eine neue Par­tei, das BZÖ, gegrün­det hat­te, waren die Kampl-Sager zwar unan­ge­nehm, aber auch er sprach von der „Moral­keu­le“, mit der Kampl ver­folgt wer­de. Ande­re Hai­der-Adep­ten win­sel­ten davon, man müs­se Kampl mensch­lich verstehen.

Die Stra­che-FPÖ spiel­te zunächst mit Kampl. Für sie rück­te aus­ge­rech­net Andre­as Möl­zer aus, der süf­fi­sant Kam­pls „höchst undif­fe­ren­ziert vor­ge­tra­ge­nes Geschichts­bild“ kri­ti­sier­te. Stra­che mein­te zunächst, dass das BZÖ die alte FPÖ und Kampl dort gut auf­ge­ho­ben sei. Die­se Hal­tung der FPÖ änder­te sich bin­nen weni­ger Tage. Zum einen wur­de kurz nach Kam­pls Äuße­run­gen ein zwei­ter Bun­des­rat der Frei­heit­li­chen ein­schlä­gig auf­fäl­lig; John Gude­nus, der Vater des stell­ver­tre­ten­den Par­tei­vor­sit­zen­den der FPÖ, Johann Gude­nus, hat­te in einem ORF-Inter­view neu­er­lich die Exis­tenz von Gas­kam­mern im Natio­nal­so­zia­lis­mus bezwei­felt: „Ich glau­be, man soll­te die­ses The­ma ernst­haft debat­tie­ren. Prü­fen wir das.“

Mit die­ser neu­er­li­chen Rela­ti­vie­rung der NS-Ver­bre­chen topp­te Gude­nus zwar zunächst die öffent­li­che Auf­merk­sam­keit, die sich aber nach sei­nem frei­wil­li­gen Aus­tritt aus der Stra­che-FPÖ und der frei­heit­li­chen Bun­des­rats­frak­ti­on rasch wie­der Kampl zuwand­te, weil der ab 1. Juli 2005 Prä­si­dent des Bun­des­ra­tes wer­den soll­te. Kampl kün­dig­te zunächst sei­nen Rück­tritt als Bun­des­rat und den Aus­tritt aus dem BZÖ an, wider­rief aller­dings sei­nen Rück­tritt und brach­te die Regie­rungs­par­tei­en so in die Ver­le­gen­heit, über eine Novel­lie­rung der Bun­des­ver­fas­sung sei­ne auto­ma­ti­sche Bestel­lung zum Vor­sit­zen­den des Bun­des­ra­tes zu verhindern.

Stra­che änder­te in der Fol­ge sei­ne Hal­tung zu Kampl und des­sen Aus­sa­gen radi­kal und sprach nur mehr von „Men­schen­jagd“ gegen Kampl und „Denk­ver­bo­ten“. Auch die Ände­rung der Bun­des­ver­fas­sung wur­de von Stra­che, der 2005 noch nicht im Natio­nal­rat war, scharf kri­ti­siert. Sei­ne damals ein­zi­ge Getreue im Natio­nal­rat, die Abge­ord­ne­te Bar­ba­ra Rosen­kranz, war bei der Abstim­mung nicht anwesend.

Die Pro­tes­te aber hal­fen nichts: Gude­nus bis zum Novem­ber 2005 und Kampl gar bis 2009 im Bun­des­rat. Kampl, der nach sei­nem Aus­tritt aus dem BZÖ zunächst als Frei­heit­li­cher ohne Par­tei­b­in­dung agier­te, schloss sich in der Fol­ge der FPK (Frei­heit­li­che Par­tei Kärn­ten) an. Der „Klei­nen Zei­tung“ offen­bar­te er am 17.9.2014, dass ihn die Par­tei (mitt­ler­wei­le wie­der die FPÖ) gebe­ten habe, noch ein­mal als Bür­ger­meis­ter zu kandidieren.

Sei­nen Über­le­gun­gen zur Kan­di­da­tur füg­te er noch eini­ge grund­sätz­li­che Betrach­tun­gen zum Natio­nal­so­zia­lis­mus hin­zu: „Das darf man nicht sagen, dass der zum Teil schlecht war.“ (Klei­ne Zei­tung) Die Ein­füh­rung von Kin­der­geld, Alters­vor­sor­ge und Kir­chen­bei­trag durch die Nazis sei­en „Errun­gen­schaf­ten“ gewe­sen und: „Nur von dem, was sie gemacht haben, distan­zie­re ich mich, nicht vom Nationalsozialismus.“


Zustim­mung für Kampl von Mar­cel Hues­mann (Ex-NPD)

Das war trotz Ver­ren­kung so deut­lich und ein­deu­tig, dass die FPÖ-Spit­ze, Stra­che und der Kärnt­ner FPÖ-Lan­des­ob­mann Rag­ger, noch am glei­chen Tag die Not­brem­se zogen und Kampl wegen Gefahr im Ver­zug aus der FPÖ aus­schlos­sen. Kein guter Auf­takt für das „blaue Fest“ im Wie­ner Rat­haus, das am glei­chen Abend statt­fand. Auf sei­nem FB-Kon­to hat Stra­che wie so oft in ähn­li­chen Fäl­len noch kei­ne Sil­be zum Aus­schluss von Kampl verloren.