Die FPÖ auf dem Brunnenboden

Lesezeit: 6 Minuten

Die nächs­ten Tage wer­den ziem­lich span­nend und ver­mut­lich nicht nur etli­che Zier­brun­nen zum Über­lau­fen brin­gen. Die FPÖ, genau­er: die Abge­ord­ne­te Bela­ko­witsch-Jene­wein, Spe­zia­lis­tin für aus­sichts­lo­se Fäl­le, hat sich näm­lich der Zier­brun­nen ange­nom­men, genau­er der Mün­zen in den Zier­brun­nen und damit eines Brauch­tums, das die Frei­heit­li­chen durch orga­ni­sier­te Ban­den gefähr­det sehen.

Am 14. Juli bleibt kein Auge und schon gar kein Bun­des­zier­brun­nen tro­cken. An die­sem Tag tru­deln näm­lich spä­tes­tens die Ant­wor­ten zu den Anfra­gen ein, die Bela­ko­witsch-Jene­wein an die diver­sen, für Bun­des-Zier­brun­nen ver­ant­wort­li­chen Minis­ter gestellt hat. Erst wenn man bedenkt, dass es nicht nur Bun­des-Zier­brun­nen, son­dern auch sol­che in Ver­ant­wor­tung eines Bun­des­lan­des oder auch von Gemein­den gibt (mög­li­cher­wei­se auch sol­che in Pri­vat­be­sitz!), wird einem die gewal­ti­ge Dimen­si­on die­ses neu­en frei­heit­li­chen Pro­jekts rich­tig klar. Da steht noch eini­ges an Arbeit und Recher­che für die klei­nen frei­heit­li­chen Funk­tio­nä­re und Man­da­ta­re bevor, die ver­mut­lich nur mit Hil­fe von pro­fes­sio­nel­len Detek­ti­ven bewäl­tigt wer­den kann!

Aber es ist eine loh­nen­de Auf­ga­be, denn schließ­lich geht es für die FPÖ hier nicht nur dar­um, dass „altes Volks­brauch­tum“ durch das Ent­wen­den der Geld­stü­cke zer­stört wird, son­dern auch „der Tat­be­stand des Dieb­stahls oder der Unter­schla­gung began­gen wird“ – und zwar durch „vor allem orga­ni­sier­te Ban­den“ (Anfra­ge BMI). Und weil Bela­ko­witsch-Jene­wein ver­mu­tet, dass es sich dabei um „Mit­glie­der orga­ni­sier­ter Bett­ler­ban­den“ han­delt, will sie natür­lich auch die Natio­na­li­tät der „ange­zeig­ten Per­so­nen“ wissen.

Die schlei­chen­de Zer­stö­rung des „alten Volks­brauch­tums“ sieht die FPÖ vor allem dadurch gege­ben, dass „immer weni­ger Tou­ris­ten Geld in die Brun­nen wer­fen“. Na klar, da stei­gen orga­ni­sier­te Ban­den in die Zier­brun­nen ein und ent­wen­den mas­sig Geld­stü­cke, ver­mut­lich nicht nur vor den hilf­lo­sen Augen frei­heit­li­cher Funk­tio­nä­re, son­dern auch ent­setz­ter Tou­ris­ten – das demo­ti­viert natür­lich gewal­tig beim „Wer­fen von Mün­zen in Zier­brun­nen, um Glück, Wohl­stand oder Gesund­heit zu erhal­ten oder wiederzuerlangen“!


Unser Vor­schlag: Eine Zier­brun­nen­wehr! Zierburschenbrunnenwächterschaft!
-

Vom Innen­mi­nis­te­ri­um will die FPÖ-Abge­ord­ne­te jeden­falls wis­sen, wie vie­le Anzei­gen wegen Münz­dieb­stahls und Unter­schla­gung von Mün­zen es seit 2008 gab, natür­lich „auf­ge­schlüs­selt nach Bun­des­län­dern, Brun­nen und Jah­ren“. Auch über die Höhe der jewei­li­gen Beu­te will die FPÖ infor­miert wer­den – schließ­lich kön­nen wir jeden Cent für die Hypo brau­chen! Vom Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um will sie alles über die erfolg­ten Ver­ur­tei­lun­gen wis­sen. Aus der Art der Fra­ge­stel­lung und ihrem Drang zur Detail­lie­rung kön­nen wir schlie­ßen, dass es sich bei den Dieb­stäh­len aus Zier­brun­nen um ein gewal­ti­ges, aber bis­lang weit­ge­hend uner­forsch­tes Pro­blem der orga­ni­sier­ten Kri­mi­na­li­tät han­delt. Ver­mut­lich gibt es hin­ter unse­rem Rücken bereits regel­rech­te Revier­kämp­fe um die bes­ten Angel- bzw. Fisch­plät­ze für Zierbrunnenmünzen!

Mit den bei­den für die Ver­wal­tung von Bun­des­zier­brun­nen zustän­di­gen Minis­tern für Wirt­schaft (Mitt­ler­leh­ner) und Land­wirt­schaft (Rup­p­rech­ter) geht die FPÖ- Abge­ord­ne­te etwas schär­fer ins Gericht. Zu Recht – wie wir mei­nen, denn schließ­lich haben die bei­den Zier­brun­nen­mi­nis­ter den orga­ni­sier­ten Abfluss von Mün­zen und Brauch­tum ganz offen­sicht­lich nicht ver­hin­dert. Des­halb sind die Fra­gen an sie beson­ders exakt aus­ge­fal­len. Nicht nur die Anzahl der Bun­des­zier­brun­nen, son­dern auch Stand­ort und Namen sowie die durch­schnitt­li­chen jähr­li­chen Sum­men der Mün­zen in den ein­zel­nen Brun­nen seit dem Jahr 2000 (!) will die FPÖ wis­sen. Da tut sich aller­dings eine gewal­ti­ge Lücke auf, die sicher noch Stoff für Nach­fra­gen lie­fert, denn in den Anfra­gen an Jus­tiz- und Innen­mi­nis­te­ri­um wol­len die Frei­heit­li­chen nur über die Münz­dieb­stäh­le seit 2008 Aus­kunft haben. Hängt das viel­leicht damit zusam­men, dass zwi­schen 2000 und 2006 die Blau­en in der Regie­rung ein waches Auge auf die Mün­zen in den Zier­brun­nen (noch mehr auf die in der Hypo­Al­peAdria übri­gens!) gewor­fen haben?

Jeden­falls sol­len die bei­den schwar­zen Zier­brun­nen­mi­nis­ter auch die fol­gen­den Fra­gen beant­wor­ten: „Wer genau hat die­se Mün­zen gesam­melt bzw. gezählt?“ und “Ist Baden in den Zier­brun­nen erlaubt?“.

Wäh­rend sich der schwar­ze Wirt­schafts­mi­nis­ter bis­her mit den Ant­wor­ten geziert hat, was ein deut­li­ches Indiz dafür ist, dass er das Brauch­tum, die orga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät und die Zier­brun­nen nicht ernst genug nimmt, hat der schwar­ze Land­wirt­schafts­mi­nis­ter bereits geant­wor­tet und sei­ne Ver­ant­wor­tung für zwei Bun­des-Zier­brun­nen man­gel­haft ein­be­kannt. Der Brun­nen 07 im Bel­ve­de­re Wien (auch Muschel­brun­nen genannt) habe durch­schnitt­lich nur 10 Euro jähr­lich abge­wor­fen, wäh­rend aus dem Spring­brun­nen im Hof­gar­ten Inns­bruck (Frosch­kö­ni­gin­brun­nen) jähr­lich 300 Euro legal abge­fischt und dienst­stel­len­in­tern sozia­len Zwe­cken zuge­führt wer­den. Der ange­ge­be­ne jähr­li­che Durch­schnitt lässt lei­der kei­ne genau­en Rück­schlüs­se auf das Ver­hal­ten der orga­ni­sier­ten Ban­den an den Zier­brun­nen zu. Mög­li­cher­wei­se haben die orga­ni­sier­ten Ban­den in West­ös­ter­reich über­ris­sen, dass es für ihr brauch­tums­wid­ri­ges Trei­ben güns­ti­ger ist, einen hohen Rest­be­stand an Mün­zen im Bun­des­zier­brun­nen zu belas­sen, weil so die bra­ven Tou­ris­ten eher moti­viert sind, ihre Rest­mün­zen in den Bun­des­zier­brun­nen zu ent­sor­gen, wäh­rend die Ban­den in Ost­ös­ter­reich in ihrer Gier fast alles bis auf 10 Euro jähr­lich abfi­schen (das wür­de aller­dings auch bedeu­ten, dass die Ban­den im ‚Wes­ten das Brauch­tum pfle­gen!). Es könn­te aller­dings auch so sein, dass die Per­so­nen, die die Mün­zen sam­meln und in der Anfra­ge­be­ant­wor­tung bezeich­nen­der­wei­se nicht nament­lich ange­führt wur­den, näm­lich der „jewei­li­ge Betriebs­rat der Bun­des­gär­ten“, auch ein biss­chen im trü­ben Was­ser der Bun­des­zier­brun­nen mit­ge­fischt haben und mit den orga­ni­sier­ten Ban­den unter einer Decke stecken.

Baden (Ant­wort zu Fra­ge 8) ist in den Bun­des­zier­brun­nen von Rup­p­rech­ter nicht erlaubt – das zumin­dest ist eine kla­re Ansa­ge an alle jene Mit­glie­der von orga­ni­sier­ten Ban­den, die ihr schänd­li­ches Trei­ben mit ver­meint­li­cher kör­per­li­cher Ertüch­ti­gung tar­nen: nicht im Froschköniginbrunnen!

Ins­ge­samt- so fin­den wir – hat sich die FPÖ mit die­ser Anfra­ge­se­rie um das Volks­ver­mö­gen, das seit Jah­ren schlei­chend den Bun­des­zier­brun­nen ent­zo­gen wird, sehr ver­dient gemacht und hält die Büro­kra­tie ordent­lich auf Trab. Es wird immer kla­rer, dass die­se Par­tei die ein­zi­ge ist, die die bren­nen­den Lebens­fra­gen auf­greift. Nur bei den Lösun­gen für die Bun­des­zier­brun­nen ist sie noch etwas brust­schwach: wie wär’s mit spon­tan gebil­de­ten Zier­brun­nen­weh­ren und – wär­tern bis zu dem Zeit­punkt, wo Stra­che die Zier­brun­nen übernimmt? 

Anfrage Innenministerium

Ein altes Volks­brauch­tum, näm­lich das Wer­fen von Mün­zen in Zier­brun­nen, um Glück, Wohl­stand oder Gesund­heit zu erhal­ten oder wie­der­zu­er­lan­gen, ist in wei­ten Tei­len Euro­pas sehr ver­brei­tet, so auch in Öster­reich. Aus recht­li­cher Sicht gehen die Mün­zen am Brun­nen­bo­den in den Besitz des Brun­nen­be­sit­zers bzw. Erhal­ters über. Seit eini­gen Jah­ren meh­ren sich Beschwer­den dar­über, dass vor allem orga­ni­sier­te Ban­den in die Zier­brun­nen stei­gen und die Geld­stü­cke ent­wen­den. Damit wird nicht nur das Brauch­tum zer­stört, da immer weni­ger Tou­ris­ten Geld in die Brun­nen wer­fen, auch der Tat­be­stand des Dieb­stahls oder der Unter­schla­gung wird begangen.

http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_01473/fnameorig_349963.html

Anfrage BMJ

http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_01472/fnameorig_349979.html

1. Wie vie­le Ver­ur­tei­lun­gen wegen Münz­dieb­stahl aus Brun­nen gab es seit 2008 (auf­ge­schlüs­selt nach Bun­des­län­dern, Brun­nen und Jahren)?
2. Wie vie­le Ver­ur­tei­lun­gen wegen Unter­schla­gung von Mün­zen aus Brun­nen gab es seit 2008 (auf­ge­schlüs­selt nach Bun­des­län­dern, Brun­nen und Jahren)?
3. Gab es Anzei­chen dar­auf, dass die ver­ur­teil­ten Per­so­nen Mit­glie­der orga­ni­sier­ter Bett­ler­ban­den waren?
4. Wel­che Natio­na­li­tät haben die ver­ur­teil­ten Personen?

Anfrage BMWFW (Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft)

http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_01475/fnameorig_349978.html

1. Wie vie­le Brun­nen ste­hen im Eigen­tum der Republik?
2. Um wel­che Brun­nen (Name, Stand­ort) han­delt es sich?
3. In wie vie­le die­ser Brun­nen wer­den regel­mä­ßig Mün­zen geworfen?
4. Wie hoch waren die durch­schnitt­li­chen Sum­men der ein­zel­nen Brun­nen seit dem Jahr 2000?
5. Wer genau hat die­se Mün­zen gesam­melt bzw. gezählt?
6. Wofür wur­de die­ses Geld verwendet?
7. Befin­den sich auf den Bun­des­brun­nen Hin­weis­schil­der, dass die Ent­nah­me von Mün­zen ver­bo­ten ist?
8. Ist Baden in den Zier­brun­nen erlaubt?