Fast 400.000 Euro hat der ÖPR an staatlicher Förderung seit 2001 erhalten. Eine stattliche Subvention für einen Verband, bei dem jedenfalls einzelne Mitgliedsbünde ein ungeklärtes Verhältnis zur nationalsozialistischen Vergangenheit haben. Und dann gibt es noch das Problem mit der Pflichtmensur, der Linzer Paukordnung und Waidhofen!
Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) hat sich mehrfach (z.B. hier oder hier) deutlich zu den rechtsextremen Tendenzen im ÖPR geäußert. Zum APR, dessen Mitteilungen das „Junge Leben“ verspricht, gibt es eine sehr deutliche Beschreibung auf dem Blog „Störungsmelder“ von „zeit.online“.
Einzelne Verbindungen des ÖPR haben Wahlsprüche wie „Was gibt’s hier? Deutsche Hiebe!“ (Donauhort), „Durch Reinheit zur Einheit“ (Ostmark), oder „Deutsch einig treu ohne Scheu“ (Vandalia). Andere geben als ihr Bundeslied „Wenn alle untreu werden“ an – auch bekannt als Treuelied der SS. Und dann gibt’s noch Verbindungsnamen wie „Hans Klöpfer“ und „Hans Steinacher“. Das alles sollte eigentlich schon die Alarmglocken schrillen lassen. Aber wenn es um rechtsextreme Tendenzen oder eine ungeklärte Beziehung zur NS-Zeit geht, gibt es eine bemerkenswerte Kultur des Ignorierens. Das Wirtschaftsministerium, zuständig für die Förderungen, zieht sich auf einen rein formalen Standpunkt zurück:
Die Förderungen für derartige Jugendorganisationen — somit auch für den ÖPR — sind daher keine Ermessenssache, sondern eine gesetzliche Verpflichtung, sofern die Förderungsbedingungen erfüllt sind. Dies wird von meinem Ressort anhand der dafür vorgesehenen Nachweise (Statuten, Mitgliedschaft bei der Bundes-Jugendvertretung) gewissenhaft überprüft.
Die Grundsätze der Jugendarbeit, die die Voraussetzungen der Förderungswürdigkeit definieren sollen, sind dermaßen schwammig definiert, dass sogar ein ÖPR damit sein Auskommen finden kann, wenn man beide Augen zudrückt. Klar, die gesetzlichen Bestimmungen wurden von Schwarzblau definiert. Warum aber Wirtschaftsminister Mitterlehner dem ÖPR unhinterfragt abnimmt, dass „niemand zum Fechten einer Mensur gezwungen wird“, wird er noch erklären müssen.
Die Mitgliedsverbindungen des ÖPR bekennen sich zur pennalen Mensur. Die pennale Mensur unterscheidet sich von der Mensur akademischer Burschenschafter, ist aber nicht viel weniger blutig, wie Spiegel.online darstellt:
Hier gehen nicht Studenten aufeinander los, sondern teilweise minderjährige Schüler. Sie schlagen nicht in Richtung des Kopfes, sondern zum nackten Oberkörper und zu den Armen. Das Gesicht ist geschützt, der Säbel stumpf. Angeblich alles ganz harmlos. Doch im Internet kursieren zahlreiche Bilder von massiven Verletzungen, tiefen Schnittwunden, blutigen Oberkörpern. In einem Kommentar zu der Facebook-Einladung fürchtete bereits ein Burschenschafter aus Wien, es könne eine öffentliche Debatte über ein Verbot der pennalen Mensur aufkommen.
Auch bei der pennalen Mensur gibt es Unterschiede, wie ein Insider bestätigt: „Wenn ich an die Linzer Paukordnung denke, wird mir auch ganz anders.“ Der Insider meint damit die vorgeschriebene Stellung, die laut Linzer Paukordnung einzunehmen ist und zu gravierenden Verletzungen durch die stumpfen bzw. halbstumpfen Säbel führen kann. Der Insider schreibt weiter: „Hierbei ist sogar der Oberkörper frei und man kann eine Partie nicht ablehnen.“ Genau das steht auch in der „Linzer Paukordnung“ über die „Bestimmungsmensur“, zu der sich nach wie vor etliche Mitgliedsbünde des ÖPR bekennen. In der Anfragebeantwortung des Wirtschaftsministeriums sagt der ÖPR etwas anderes: „Niemand (wird) zum Fechten einer Mensur gezwungen.“ Noch gravierender ist aber eine andere Bestimmung der „Linzer Paukordnung“ (LPO). In den Vorbestimmungen heißt es reichlich unverfänglich: „Für die der LPO unterworfenen Personen gelten die Bestimmungen des Waidhofner Abkommens.“
Als Waidhofner Abkommen oder Waidhofner Prinzip werden jene Beschlüsse bezeichnet, mit denen die deutschnationalen und antisemitischen Burschenschaften in Waidhofen/Ybbs Ende des 19. Jahrhunderts jüdischen Studentenverbindungen die Satisfaktion verweigerten, weil der jüdische Student ehrlos und charakterlos sei. Das Waidhofner Prinzip ist der Beginn des rabiaten und nicht nur religiös begründeten Antisemitismus und des Arierparagrafen der Nazis.
Der Minister hat in seiner Anfragebeantwortung zwar klargestellt, dass eine Verpflichtung auf dieses Waidhofner Abkommen oder Prinzip die Förderungswürdigkeit des ÖPR ausschließen würde, dann aber die merkwürdige „Klarstellung“ des ÖPR hinzugefügt, „dass das ‚Waidhofner Abkommen’ aus 1958 stammt und nichts mit den sogenannten Waidhofner Beschlüssen zu tun hat. Das Zitat in der Anfrage bezieht sich auf die ‚Waidhofner Beschüsse’, die dort fälschlich als ‚Waidhofner Abkommen’ bezeichnet werden.“ Klingt verwirrend und soll es wohl auch sein. Fakt ist, dass es im Jahr 1958 kein Waidhofner Abkommen gegeben hat, sondern nur den Beschluss der Linzer Paukordnung, der auf das Waidhofner Abkommen verweist.
Es gibt neben den antisemitischen Beschlüssen von 1896 nur einen Konvent von Pennalien in Waidhofen, der Beschlüsse fasste. Das war im Jahr 1922, wo unter Führung der „pennalen Burschenschaft der Ostmark” die Gründung des neuen Dachverbandes „Deutscher Pennäler Ring“ (DPR), also der Anschluss der österreichischen Pennäler an einen „gesamtdeutschen“ Verband, beschlossen wurde. Ob das eine Förderungswürdigkeit des ÖPR, der gemeinsame Mitteilungen mit dem APR im „Jungen Leben“ herausgibt und eine deutsche bzw. Südtiroler Verbindung als Mitgliedsbünde zählt, begründen kann, wird der Wirtschaftsminister noch noch gefragt werden.
➡️ ÖPR (I): Die schlagenden Mittelschüler und ihre anachronistischen Praktiken
➡️ ÖPR (II): Stattliche staatliche Kohle