Was die angebliche Libyen-Connection der Grünen betrifft, so ist dazu schon alles in einem „profil“-Artikel aus dem Jahr 2011 von Christa Zöchling („Revolutionäre Spinner“) geschrieben worden: „Die Haltung zu Gaddafi sorgte für gehörige Konflikte bei der Entstehung der grünen Parteien, war Bestandteil ihrer Grabenkämpfe.“ Von Libyen bzw. Gaddafi finanziert wurde in den 1980er-Jahren ein Magazin-Projekt (Moderne Zeiten – MOZ), dessen Macher das Wahl- und Parteiprojekt der Grünen Alternative explizit ablehnten und dagegen kandidierten.
Ganz anders gestrickt waren die Beziehungen zwischen den Freiheitlichen und dem Gaddafi-Regime. Schon als im Juli 1988 Harald Göschl zum Bundesgeschäftsführer der FPÖ ernannt wurde, waren dessen Libyen-Kontakte Gegenstand der öffentlichen Debatte. Der stellvertretende FPÖ-Obmann bezeichnete Finanzflüsse zur FPÖ als „Kaffesudleserei“ und behauptete: „Die FPÖ hat mit Libyen nichts zu tun.” (APA, 5.7.1988)
Die geschäftlichen, aber auch politischen Kontakte von Göschl zu Libyen waren jedenfalls ziemlich intensiv. Schon vor seiner kurzen politischen Karriere bei der FPÖ war er an mehreren Firmen mit glänzenden Namen beteiligt, die Handel mit Libyen abwickelten, und 1988 durfte er bei einem von den Libyern veranstalteten Menschenrechtskongress gemeinsam mit dem früheren FPÖ-Justizminister Harald Ofner den libyschen Gästen als Abtausch für das grüne Buch Gaddafis ein blaues Buch überreichen – das Parteiprogramm der FPÖ.
Fast 10 Jahre später, im August 1997, wollte Göschl den Libyern etwas anderes überreichen. Eine Druckwalzmaschine wurde im Hafen von La Spezia beschlagnahmt, bevor sie – illegal – nach Libyen ausgeschifft werden hätte sollen. Als Bestimmungsort für das Gerät war eine Raketenfabrik in der Nähe von Benghasi ausgemacht worden. Harald Göschl, der Besitzer der Firma dieser Druckwalzmaschine, dürfte nicht unter den von den italienischen Behörden Verhafteten gewesen sein, denn zu dieser Zeit hatte er laut „Presse“ als neuen Aufenthaltsort Libyen angegeben und sich in Österreich polizeilich abgemeldet: „Mit dem mehrere Millionen Schilling teuren Gerät hätte man nicht nur Präzisionsbauteile wie etwa Granaten herstellen können, hieß es am Montag im Innenministerium, sondern auch ’nukleare Massenvernichtungswaffe’.” (Presse, 19.8.1997)
Gadaffi und Haider
Ein Jahr später meldete die Zeitschrift „Format“, dass Göschl im Zusammenhang mit dem versuchten Schmuggel der Maschine in Untersuchungshaft genommen wurde: wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Außenhandelsgesetzes. Viel dürfte bei den Ermittlungen nicht herausgekommen sein, denn Göschl werkte munter weiter mit Libyen und freiheitlichen Reisedelegationen.
Im Jahr 2000 – die FPÖ war in der Bundesregierung angekommen – wurde dann aufgedeckt, dass Göschl einen besonderen Trip vermittelt hatte: Jörg Haider reiste im Mai gemeinsam mit Gerald Mikscha, seinem neuen Bundesgeschäftsführer, und Wolfgang Kulterer, dem Chef der Hypo-Alpe-Adria, zu Gaddafi. Zunächst einmal wurde von freiheitlicher Seite heftig dementiert: Der Besuch sei rein privat gewesen, man habe auch Gaddafi nicht getroffen, sondern nur dessen Sohn Saif usw.
Alles falsch, fanden die Medien („profil“, „Format“) rasch heraus. Auch das Thema Finanzierung der FPÖ durch libysche Gelder stand – so wie Ende der 80er-Jahre – wieder im Raum. Göschl dementierte damals und sprach von „wirtschaftlichen“ Interessen, um die es gegangen sei. „Format“ fand allerdings einen nicht namentlich genannten FPÖ-Funktionär, der anderes behauptete: „Ein anderer damaliger FP-Funktionär spricht allerdings davon, dass die FPÖ während des Präsidentschaftswahlkampfes von 1992 versucht habe, Geld für den Wahlkampf in Libyen zu lukrieren.“ (Format, 29.5.2000) Da aber auch Gernot Rumpold, ein wahrlich über jeden Verdacht erhabener Mann, heftig dementierte, verschwand das Thema rasch wieder aus den Medien.
In den folgenden Jahren wurden die Beziehungen zwischen der FPÖ und Libyen bzw. Gaddafi noch dichter. Haider reiste mehrmals nach Libyen, gründete 2002 die Österreichisch-Libysche Gesellschaft und animierte sogar Wolfgang Schüssel, damals schwarzblauer Bundeskanzler, dazu, 2004 den Ehrenschutz für eine Ausstellung zu übernehmen, bei der Saif Gaddafis Bilder gezeigt wurden.
2004 soll dann Gerald Mikscha, der ehemalige Haider-Sekretär und Bundesgeschäftsführer der FPÖ, abgetaucht sein: „2004 hieß es in der FPÖ plötzlich, Mikscha sei verschwunden und mit ihm viele Millionen. Haider schwieg.“ (profil 28.2.2011) Erst einige Jahre später tauchte Mikscha wieder auf: einerseits in einem Ermittlungsverfahren, das die Staatsanwaltschaft Klagenfurt seit dem 4.8.2010 gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue führte, andererseits in einem Tagebuch von Walter Meischberger, dem früheren Generalsekretär der FPÖ, das bei Ermittlungen gegen diesen 2010 sichergestellt wurde.
Meischberger hatte demnach mit Franz Koloini, einem früheren Haider-Privatsekretär, telefoniert und dessen Infos über 45 Millionen Euro auf einem Liechtensteiner-Konto dann in seinem Tagebuch verschriftlicht: „Zitat aus dem famosen Tagebuch von Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger: ‚Das Geld stamme aus einer 45-Millionen-Euro-Überweisung von Gaddafi.’ Das Geld war für Haider und seinen Adlatus Karl-Heinz Petritz bestimmt. Doch ein anderer FPÖler, Gerald Mikscha, sei dann damit abgehaut.“ (Format, 4.3.2011) Seine Niederschrift versuchte Meischberger dann zur Vorlage für einen Roman umzudeuten, aber zunächst ermittelte die Justiz weiter.
FPÖ-Abgeordneter Peter Fichtenbauer und der iranische Parlamentspräsident Ali Larijani Bildquelle; ⇒ kruppzeuch — Die FPÖ und der Islam
Ermittelt sie noch immer? Die Spuren verlieren sich. Haider ist tot, Gaddafi auch, und Mikscha ist schweigsam. Als 2011 die „Kleine Zeitung“ eine Meldung brachte, wonach gerüchteweise Haider, Kulterer und Mikscha Geldkoffer aus Tripolis geschleppt hätten, klagte Kulterer wegen übler Nachrede und erwirkte eine Gegendarstellung. Mikscha, der 2010 „profil“ noch androhen ließ, alle gegen ihn kolportierten Vorwürfe mit zivil- und strafrechtlichen Klagen zu beantworten, klagte offensichtlich nie.
Bei den zahlreichen Verfahren und Ermittlungsschritten gegen Personen aus dem freiheitlichen Lager wegen Untreue, Amtsmissbrauch und diversen anderen strafrechtlichen Vorwürfen könnten natürlich die 45 Millionen Euro, die da aus Libyen auf Konten in Liechtenstein transferiert worden sein sollen, schon leicht übersehen werden. Andererseits: Es wäre schade – gerade, weil uns die FPÖ durch ihre aktuellen Anschuldigungen wieder auf die rechten Spuren geführt hat!