Der Facebook-Beitrag der FPÖ Lichtenwörth, in dem der „verschiessenen [sic!] arschkriecherischen Justiz“ ihre Entscheidung vorgeworfen wird, ist aktuell, nämlich vom 12.5.2013.
Der „Galaxiengesundheitsrat“ vom Königreich Wedenland, zu dessen Beitrag die FPÖ-Ortsgruppen Heidenreichstein, Gmünd und Lichtenwörth verlinkt haben, hat seinen Beitrag am 11.5. 2013 auf veröffentlicht. Der Beitrag stammt nicht von ihm, sondern vom dubiosen Kopp-Verlag. Als Autor wird Udo Ulfkotte, als weitere Quelle wird die Webseite inhr.net genannt. Dort wurde der Beitrag am 5.9. 2011 ins Netz gestellt: Als Quelle wurde kopp.online genannt, wo der Beitrag am 31.8.2011 veröffentlicht wurde.
Kopp.online bzw. der Autor Ulfkotte verweist auf einen „Krone“-Artikel vom 30.8.2011, in dem von „Fassungslosigkeit“ in Niederösterreich berichtet wird, weil die Justiz einen Türken, der angeblich auf Fotos in „eindeutigen Posen mit seinem zehnjährigen Sohn“ abgebildet war, auf freiem Fuß angezeigt hatte. Die „Krone“ damals: „Als Begründung wurde angegeben, dass die an sich kinderpornografischen Posen nicht aus sexuellen Motiven, sondern aus falsch verstandener Vaterliebe entstanden seien.“ Die Fotos selbst stammten aus dem Jahr 2006, geht aus einem Bericht des ORF NÖ vom 8.9. 2011 hervor: Demnach wurde über den verdächtigen Vater U‑Haft verhängt.
Die Beiträge von kopp.online und inhr.net unterscheiden sich von dem von den FPÖ-Ortsgruppen verlinkten Beitrag des „Galaxiengesundheitsrates“ durch den Nachtrag, mit dem der galaktische König des Wedenreiches unter Hinweis auf die „kulturelle Tradition“ der Hetze noch eines draufsetzt, indem er fragt, ob islamische afghanische Männer in Deutschland „nun mit höchster richterlicher Rückendeckung hier auch kleine Jungs vergewaltigen“ dürfen.
Nachtrag des Galaxiengesundheitsrates
Wir rekapitulieren:
- Der Vorfall ereignete sich vor Jahren
- Der hetzerische Vorwurf in allen Beiträgen bezieht sich nicht auf ein Urteil, sondern auf die ursprüngliche Entscheidung der Staatsanwaltschaft Ende August 2011, den Verdächtigen auf freiem Fuß anzuzeigen (diese Entscheidung wurde wenige Tage später revidiert)
- Die Vorwürfe in den Beiträgen der FPÖ-Lichtenwörth, Gmünd, Heidenreichstein sowie der genannten Quellen beziehen sich auf die „Unrechtsrepublik Österreich“, in der Türken erlaubt werde, ihre Kinder zu vergewaltigen.
Hätten die Freiheitlichen tatsächlich ein Interesse an Aufklärung gehabt, anstatt generalisierende Hetze gegen Türken zu betreiben, die angeblich in Österreich Kinder vergewaltigen dürfen, so hätten sie ihren Informationsstand durch die Lektüre der parlamentarischen Anfrage der FPÖ-Abgeordneten Mühlberghuber, vor allem aber durch die Antwort der Justizministerin entscheidend verändern können: Die Justiz, so die Antwort vom Jänner 2012, ermittelt wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs gegen den Kindesvater.
Im Februar 2012 berichtet dann der „Kurier“ über den Prozess: Die Fotos zeigen den Vater, der seinen damals sechsjährigen Sohn „an allen möglichen und unmöglichen Stellen abgebusselt“ hat. Als die Bilder 2006 entstanden, waren die Mutter und der zweite Sohn mit dabei. Das Schöffengericht kann in den Fotos keinen sexuellen Missbrauch erkennen und fällt einen Freispruch. Der Staatsanwalt meldet Nichtigkeit an. Zum weiteren Verlauf des Verfahrens gibt es keine Pressemeldung.
Dafür gibt es interessante Hinweise zu den Quellen, die von den FPÖ-Ortsgruppen benutzt werden. Über den „Galaxiengesundheitsrat“ und sein arisch-wedisches Königreich haben wir bereits berichtet.
Hetze des sogenannten „Galaxiengesundheitsrat”
Kopp.online und der Autor Udo Ulfkotte, der 2011 von einem „Fäkalien-Dschihad“ phantasierte, werden auf dem auf rechte Verschwörungstheoretiker und Esoteriker spezialisierten Info-Portal psiram beschrieben. Bleibt die „Quelle“ inhr.net. INHR soll für International Network of Human Rights stehen – und es gibt tatsächlich einen Eintrag im Vereinsregister, der Wolfsberg in Kärnten als Sitz dieses weltumspannenden Netzwerks ausweist. Der Vorsitzende des Vereins, der auch die Website inhr.com betreibt, ist 2011 höchstgerichtlich wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und des Vergehens des Missbrauchs eines autoritätsverhältnisses für schuldig befunden worden.
Ein verurteilter Sexualstraftäter bzw. dessen Verein als Quelle für Hetze gegen Türken, die (ihre) Kinder vergewaltigen dürfen? Das ist ein starkes Stück! Der Vereinsvorsitzende ist übrigens noch in einem anderen Zusammenhang auffällig geworden. Der Scientology-Aussteiger Wilfried Handl berichtet auf seinem Blog über die Herkunft eines „Gutachtens“, das im Auftrag von Scientology angefertigt wurde und landet dabei bei dem verurteilten Vereinsvorsitzenden.
Die FPÖ Heidenreichstein und die FPÖ Gmünd haben ihren Eintrag „Türken dürfen Kinder vergewaltigen !?“ mittlerweile gelöscht, aber die FPÖ Lichtenwörth hält daran fest und nutzt die Quelle inhr.net („Migranten vergewaltigen deutsche Mädchen“) noch für einen weiteren Kommentar: „Tatsachen müssen ausgesprochen werden!“ Das finden wir auch!